Wenn vom 1. bis 31. Oktober 2020 der European Month of Photography in Berlin stattfindet, sind unter anderem selten zu sehende Filme Highlights des Fotofestivals.
Im Rahmen der EMOP Opening Days, die vom 1. bis 4. Oktober unter dem Motto „Die Fotografie zwischen Kunst, Politik und Massenmedium“ in der Akademie der Künste am Pariser Platz stattfinden, wird ein Fotofilm-Programm mit seltenen „Leckerbissen“ angeboten.
Das Genre Fotofilm basiert auf unbewegten Bildern, die in der Montage als Bewegung wahrgenommen werden und sich zu einer Erzählung fügen, die ebenso fiktional wie dokumentarisch sein kann. Oft in Verbindung mit einem Kommentar gewinnen die Fotografien einen neuen Kontext. So in Jutta Brückners „Tue recht und scheue niemand“, in dem die Familienbilder, begleitet vom Monolog ihrer Mutter, durch Arbeiten unter anderem von August Sander und Abisag Tüllmann eine individuelle Erweiterung erfahren. Agnès Varda hingegen benutzt für Salut les Cubains ausschließlich eigene Aufnahmen, die während einer Kuba-Reise 1963 entstanden sind. Das Warten von Peter Nestler beschreibt die Vorgänge um ein Grubenunglück in den 1930er-Jahren in Schlesien. Gleich drei Filme setzen sich mit der ehemaligen DDR auseinander: Helke Misselwitz unterlief den Auftrag zu einem Jubiläumsfilm, indem sie in 35 Fotos ein eindringliches Porträt einer Frau zeigt, deren Individualität jedoch nicht dem offiziellen Frauenbild entsprach. Die Fotografin Tina Bara unternimmt in Lange Weile anhand ihres Archivs eine Reise durch die 1980er-Jahre, als sich viele in parallele Leben zurückzogen. In Radfahrer rekonstruiert Marc Thümmler die Interpretationen der Fotos von Harald Hauswald seitens der Stasi. Die Hinterlassenschaften der Roten Armee am Standort Wünsdorf dokumentiert Elfi Mikesch. Sichtbar wird eine Stadt, in der die Hierarchie der militärischen Rangordnung genauso deutlich wird, wie die Liebe zur Kultur.
Im Rahmen des EMOP 2020 ist außerdem unter anderem die Solo-Show „Hagiographie Biorobotica“ von Andreas Mühe ab 9. Oktober in der St. Matthäus-Kirche zu sehen. Die schonungslose Ausstellung Palermo und der Kampf gegen die Mafia der legendären Fotografin Letizia Battaglia, bereits ab dem 24. September im Italienischen Kulturinstitut und einzigartige zeitgeschichtliche Dokumente in „Der Proletarische Blick, Arbeiterfotografie der 1920er Jahre“ werden ab 1. Oktober im Bröhan Museum gezeigt.
Unter dem Titel Artist in Action gewähren die Fotografinnen Katja Ruge und Benita Suchodrev sowie die Fotografen Miron Zownir und Olaf Heine am 10. Oktober Einblicke in ihre Arbeit und berichten live aus Vergangenheit und Gegenwart.
Die neue Reihe Photo Book Talk bietet die Gelegenheit, einen detaillierten Einblick in die Aktivitäten ausgesuchter (Foto)Buchverlage zu erhalten. Bildband Berlin, DISTANZ und Hatje Cantz laden jeweils an einem Samstagvormittag zu einem Get-together ein, bei dem man mit Gleichgesinnten sprechen und die neuesten Buch-Projekte sichten kann.
Auch in diesem Jahr erscheint der 300 Seiten starke und qualitativ hochwertige Festivalkatalog mit Informationen und Abbildungen zu allen 114 Ausstellungen: Er ist ab Mitte September für 10 Euro in allen teilnehmenden Institutionen, bei Kulturprojekte vor Ort und im Online-Shop erhältlich. Das kostenlose Programmheft bietet zudem einen detaillierten Überblick über alle Eröffnungstermine, Veranstaltungen und die Laufzeiten der Ausstellungen.
Informationen zu den Ausstellungen und Veranstaltungen sowie zu den EMOP Opening Days finden Sie ab dem 1. September 2020 unter:
Foto: Miron Zownir, Berlin, 198 0, © Miron Zownir,
Courtesy: Museum für Fotografie – Sammlung Fotografie der Kunstbibliothek SMB