Die siebte Triennale der Photographie Hamburg bleibt auch in diesen überhitzten Sommertagen ein „heißer Tipp“. Nachdem planmäßig einige Projekte nur auf die erste Halbzeit begrenzt waren, bietet nun die zweite Halbzeit immer noch Gelegenheit, das ganze Spektrum der gegenwärtigen Fotografie anhand der konzeptionellen Themenstellung in Augenschein zu nehmen.
Von Adam Broomberg & Oliver Chanarin über Anton Corbijn bis zu Martin Paar, von Barbara Probst über Calla Henkel & Max Pitegoff bis Richard Mosse und Shirana Shahbazi: Auf der Website www.phototriennale.de finden sich alle Hinweise über das noch laufende Ausstellungsprogramm in den Hamburger Museen.
Auch in der Zeit nach der lebendigen Festival-Eröffnungswoche lädt die Triennale ein, das Thema Fotografie und die kritische Hinterfragung ihrer heutigen sozialen und politischen Rolle in den verschiedensten Formen zu reflektieren.
Krzysztof Candrowicz, künstlerischer Leiter: „Wir sind sehr zufrieden mit den Ergebnissen, die wir in den ersten Wochen der Triennale erzielt haben. Dies geschah dank authentischer und anregender Diskussionen, des Umfangs internationaler Beiträge und zahlreicher ausgedehnter lokaler Kooperationen. Wir haben viele wichtige Rückmeldungen gesammelt. Und ich habe vor allem viele Menschen getroffen, die sich durch die Triennale berührt und inspiriert fühlten. Das ist zweifellos immer der beste Grund, ein solch großes Projekt gemeinsam zu realisieren.“
Hier die Event Highlights der nächsten Wochen:
[SPACE] STREET. LIFE. PHOTOGRAPHY − MAKING OF
Do 09.08. 18:00 Uhr
Haus der Photographie
Sabine Schnakenberg (Kuratorin der Ausstellung) im Gespräch mit Ingo Taubhorn (Kurator im Haus der Photographie) über die Entstehung der Schau.
KONTROLLPUNKT 4
Do 09.08. 19:00 Uhr
Hamburger Kunsthalle
Kontrolle als Orientierung: Fragen und Antworten zu Überwachung.
Mit Dr. habil. Nils Zurawski, Universität Hamburg, Institut für kriminologische Sozialforschung. Herausgeber von surveillance-studies.org
FINISSAGE: KÜNSTLERINNENGESPRÄCH MIT SHIRANA SHAHBAZI
So 26.08. 15:00 Uhr
Kunsthaus Hamburg
CORNER, PLATZ UND KREUZUNG
Fr 14.09. 17:00 Uhr
Haus der Photographie
Was die Stadtforschung von der Street Photography lernen kann. Ein Gespräch mit der Kuratorin Sabine Schnakenberg und Alexa Färber, Professorin für Stadtanthropologie/-ethnographie an der HafenCity Universität anlässlich der Ausstellung „[SPACE] Street. Life. Photography“.
FOTOGRAFIE IM FILM
TRIENNALE FILMSPECIAL: FÜHLEN SIE SICH MANCHMAL AUSGEBRANNT UND LEER?
Di 14.08. 19:00 Uhr
Zeise Open Air Kino Gäste: Lola Randl u.a.m.
Als die Paartherapeutin Luisa eines Morgens aufwacht, gibt es sie plötzlich doppelt: Luisa steht ständig unter Strom, ihr neues Ich „Ann“ ist die Ruhe selbst. Bald erkennt Luisa, welche ungeahnten Chancen ihr Ann ermöglicht. Die teilweise auch in Hamburg gedrehte Komödie (Produktion: Coin Film) von Regisseurin Lola Randl (u.a. „Die Erfindung der Liebe“) wartet mit einem echten Starensemble auf – mit dabei sind Lina Beckmann, Charly Hübner und Benno Fürmann.
In Kooperation mit der Filmförderung Hamburg Schleswig-Holstein.
TRIENNALE KURZFILM SPECIAL: [CONTROL] PAY AND FORGET
Fr 24.08. 19:00 Uhr
Metropolis Kino
Geschichten von beschämend absurden Waren-, Müll- und Geldkreisläufen.Experimentelle Spekulationen über Verwertungs- und Verwurstungsketten. Filmische Infragestellung von
politischen Versprechungen individuellen Glücks. – Der Kurzfilm mit seinen pointenorientierten Bildergeschichten kann ein Hofnarr des Bestehenden sein. Aber er kann auch sehr anders. Ästhetisch fordernd, erzählerisch dekonstruktiv und politisch hellhörig. Dann zieht er respektlos aus, demontiert die Narrative der Systeme, die Eskapismen des Saturierten und erinnert uns wieder an das Politische im Privaten. – Pay and Forget. Kuratiert von Birgit Glombitza, künstlerische Leitung/in Kooperation mit: Internationales KurzFilmFestival Hamburg.
TRIENNALE KURZFILM SPECIAL: [DELETE] MIND THE GAP
Sa 15.09. 19:00 Uhr
Metropolis Kino
Der Kurzfilm ist eine hochreaktive Materie. Kaum eine andere Kunstform kann so schnell ihr Unbehagen an gesellschaftlichen Ausgrenzungen oder staatlichen Unterdrückungsmechanismen kundtun. Kaum eine weiß das Internet, die sozialen Medien und urbane Subkulturen so effizient als Beschleuniger zu nutzen. – Die unter dem Titel Mind the Gap versammelten Kurzfilme debattieren kulturelle und totalitäre Bild-Filter und holen das vermeintlich Eliminierte zurück in unser visuelles Bewusstsein. Original mit englischen oder deutschen Untertiteln. Kuratiert von Birgit Glombitza, Künstlerische Leitung/in Kooperation mit: Internationales KurzFilmFestival Hamburg.
TRIENNALE FILMSPECIAL: DER GIPFEL – PERFORMING G20
Di 18.09., 19:00 Uhr
Metropolis Kino
Gast: Rasmus Gerlach
Als im letzten Jahr der G20-Gipfel in Hamburg stattfand, blieben vor allem die Bilder der Zerstörung im Gedächtnis. Dabei gab es abseits brennender Autos und eingeworfener Scheiben auch friedlichen und kreativen Protest. Der Hamburger Filmemacher Rasmus Gerlach hat Aktionen wie die „1.000 Gestalten“ oder den „Megafonchor“ mit eindringlichen Bildern begleitet und für “Der Gipfel – Performing G20“ (Produktion: Kinoki) mit Beteiligten und Betroffenen der Gipfel-Tage gesprochen. In Kooperation mit der Filmförderung Hamburg Schleswig-Holstein.
FOTOGRAFIE UND POETRY
THE TALKING DEAD – POETRY SLAM
Mo 10.09. 19:00 Uhr
POETRY SLAM zur Ausstellung „[ANTON CORBIJN]. The Living and the Dead“. Moderation: David Friedrich. In Kooperation mit „Kampf der Künste“.
Die zentralen, noch laufenden Ausstellungen des kuratorischen Konzeptes
(Laufzeiten individuell, zumeist bis August/September 2018)
[ENTER], [HOME], [CONTROL] und [SPACE] – ein Klick auf einen Befehl in der Tastatur – und maßgebliche Entscheidungen gehen ihren Weg, helfen die Welt zu verändern – oder befüllen sie einfach nur mit weiterem Datenmüll. Die klassischen Computerbefehle sind längst alltägliche Praxis und täuschen uns simple, effiziente Steueroptionen vor, wenn es darum geht, Informationen zu versenden und zu verarbeiten – und Wirklichkeit mitzugestalten, ob nun online oder offline, ob virtuell oder materiell.
Denn die fortschreitende Digitalisierung suggeriert uns zunehmend, die heutige Welt wäre einfach und daher per einfachem Tastendruck beherrschbar. In Wahrheit ist aber das Gegenteil der Fall. Jenseits von Tasten, Befehlen und Screens verkompliziert sich die Welt gerade extrem, die Entfremdung zwischen Individuum und ihr nimmt im Zeichen expandierender Krisen und Krisenherde extrem zu. Als Umbruchssituation oder auch Breaking Point – so definiert daher die jetzige Triennale der Photographie die aktuelle Wirklichkeitserfahrung – und damit ihr Konzept, diese durch den Blickwinkel der Fotografie wahrzunehmen und zu reflektieren.
Wie aber steht die Fotografie zu dieser Form von verzerrter, manipulierter, ja gefährdeter Lebenswirklichkeit? Wie spiegelt die aktuelle fotografische Bildproduktion die Situation wider, ist sie ihr 1:1 ausgeliefert, blendet sie sie aus oder liefert sie sogar Lösungsansätze?
Im ironischen Gebrauch der Computerbefehle, des digitalen Steuerbords als Schalthebel zur Wirklichkeit setzt das Konzept der diesjährigen Triennale der Photographie an. Sie greift Symbolik und Optik der Tastatur auf – und legt gleichzeitig offen, welche Differenz zwischen den bestehenden Begriffen und Kategorien, um auf die Welt zuzugreifen, und den realen Machtverhältnissen liegt – und vor allem welche Rolle dabei die aktuelle Fotografie als Filter und Katalysator spielt.
Salvatore Vitale, How to Secure a Country
[CONTROL]
Über Politik, Wirtschaft und Macht. Mit Werken von Adam Broomberg & Oliver Chanarin, Sophie Calle, Edmund Clark & Crofton Black, Thomas Demand, Bogomir Ecker, Harun Farocki, Jenny Holzer, Sven Johne, Annette Kelm, Mårten Lange, Richard Mosse, Trevor Paglen, Peter Piller, Barbara Probst, Thomas Ruff. Kuratiert von Petra Roettig & Stephanie Bunk. Noch bis 26. August 2018 in der Hamburger Kunsthalle. www.hamburger-kunsthalle.de
Bild 1: Barabara Prost, Exposure
[DELETE]
Über Auswahl und Zensur im Bildjournalismus. Mit Werken von Thomas Hoepker, Ryūichi Hirokawa, Günter Hildenhagen und Hanns-Jörg Anders, Sirah Foighel Brutmann und Eitan Efrat. Kuratiert von Esther Ruelfs & Sven Schumacher. Noch bis 25. November 2018 im Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg. www.mkg-hamburg.de
Hanns-Jörn Anders, Unruhen In Nordirland 1969
[HOME]
Über Zugehörigkeit, Sicherheit, Migration und Nomadentum. Mit Werken von Andrea Diefenbach, Jorge Taboada, Gineke de Rooij und Joseph Maher. Kuratiert von Stefan Rahner & Nico Baumgarten. Noch bis 26. August 2018 im öffentlichen Raum in Zusammenarbeit mit dem Altonaer Museum. www.altonaermuseum.de
[RETURN]
Über Wurzeln, Erbe und das Lernen von der Vergangenheit – Breaking Point 1918. Kuratiert von Sebastian Lux, Lothar Altringer, Jens Bove und Adelheid Komenda. Noch bis 13. August 2018 im Altonaer Museum. www.altonaermuseum.de
Lotte Jacobi, Dancer 1928
[SHIFT]
Über persönliche Veränderung, Paradigmenwechsel und Abwechslung. Mit Calla Henkel und Max Pitegoff. Kuratiert von Bettina Steinbrügge & Tobias Peper. Noch bis 9. September 2018 im Kunstverein in Hamburg. www.kunstverein.de
[SPACE]
Über Urbanismus, Entfremdung, Anonymität und Straßenleben. Mit Werken von Diane Arbus, Robert Frank, Lee Friedlander, William Klein und Martin Parr und jungen internationalen Positionen wie Maciej Dakowicz, Mohamed Bourouissa, Ahn Jun, Doug Rickard und Harri Pälviranta. Kuratiert von Sabine Schnakenberg. Noch bis 21. Oktober 2018 im Haus der Photographie, Deichtorhallen Hamburg. www.deichtorhallen.de
[ANTON CORBIJN] The Living And The Dead. Noch bis zum 6. Januar 2019 im Bucerius Kunst Forum. www.buceriuskunstforum.de
[SHIRANA SHAHBAZI] Objects in Mirror Are Closer than They Appear. Noch bis zum 26. August 2018 im Kunsthaus Hamburg. www.kunsthaushamburg.de
Ximo Berenguer, Self-portrait in the dressing room