Seit der ersten Ausgabe 2005 hat sich die Biennale – ehemals Fotofestivals Mannheim-Ludwigshafen-Heidelberg – als eines der wichtigsten kuratierten Fotoereignisse in Deutschland etabliert und wird diesmal vom 9.9. bis 5.11.2017 in sieben Häusern der Region Arbeiten von mehr als 60 Fotokünstlern zeigen.
Die Biennale für aktuelle Fotografie wird sich künftig weiterhin durch die Konzepte der zweijährig wechselnden Gastkuratoren auszeichnen, die immer wieder neue Aspekte der zeitgenössischen Fotografie behandeln. Beteiligt sind die bedeutendsten Ausstellungshäuser der drei Städte Mannheim, Ludwigshafen und Heidelberg. Unter dem Titel Farewell Photography beleuchtet das sechsköpfiges Kuratorenteam – Florian Ebner, Christin Müller, Fabian Knierim, Boaz Levin, Kerstin Meincke und Kathrin Schönegg – einen sich radikal verändernden Umgang mit Bildern im digitalen Zeitalter und präsentiert einen anderen Blick auf die Geschichte der Fotografie.
„Farewell Photography versteht sich als eine Bestandsaufnahme der aktuellen Bilder, fern jeglicher Nostalgie, aber getragen von einer großen Zuneigung zur Fotografie. Es ist eine Art ‚Abschied‘, nicht ohne produktiv nach dem Gestern und dem Morgen zu fragen. Den derzeitigen Umbruch der Bildkulturen begreift unser Kuratorenteam als Chance die Fotografie einer kritischen Betrachtung zu unterziehen und sie neu zu definieren,“ erklärt Florian Ebner, Kurator.
Im Wilhelm-Hack-Museum in Ludwigshafen stehen die Bruchstellen im Übergang von analoger zu digitaler Fotografie zur Diskussion. In einer zweiten Schau am selben Ort liegt der Fokus auf dem performativen Potenzial der neuen Bilder, abseits des klassischen Papierabzugs. Die Ausstellung in der Sammlung Prinzhorn in Heidelberg beschäftigt sich mit dem Fotografiertwerden und den damit verbundenen Dialog zwischen Fotograf und Bildprotagonist. Ausgangspunkt sind Patientenfotografien aus der Sammlung und Lehrbücher der Psychologie aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Im Heidelberger Kunstverein wird der Zusammenhang zwischen Globalität, Ökonomie und Fotografie thematisiert. Die Begriffe Arbeit und Migration bestimmen die gezeigten Fotografien aus privaten und öffentlichen Archiven. Im Kunstverein Ludwigshafen findet eine Auseinandersetzung mit der Rolle des fotografischen Bildes in politischen Prozessen statt. Das gesellschaftliche Potenzial von Fotografie, Aufruhr und Revolte zu initiieren, steht der Lähmung von Entwicklungen durch Bilder gegenüber. Was eine Fotografie über die Haltung der Autoren hinter der Kamera verrät, wird im Zephyr in Mannheim zur Diskussion gestellt. Bilder mit unterschiedlicher Funktion von gleichen Ereignissen – Nachrichtenbilder, Polizeiaufnahmen, private Bilder – werden einander gegenüber gestellt. Der private Umgang mit Bildern ist Thema im Port25 in Mannheim. Aufgrund ihrer leichten Verfügbarkeit war die Fotografie stets populäres Medium sozialen Austauschs – die Ausstellung fragt nach heutigen Verbreitungswegen der.
Der fotografische Bestand der Kunsthalle Mannheim ist darüber hinaus Ausgangspunkt für eine neue Arbeit von Arno Gisinger, die im Wasserturm, dem Wahrzeichen von Mannheimgezeigt wird. Gespenstergeschichten beschäftigt sich mit dem historischen Glasplatten-Archiv der Kunsthalle Mannheim. Diese Fotografien bilden das visuelle Gedächtnis einer außergewöhnlichen Ausstellungspolitik. Die Geschichte des Hauses wird gleich¬sam in ein fotografisches Gedächtnis transformiert.
Bild oben: Zur Ausstellung „Beweis und Zeugenschaft“ Zephyr Raum für Fotografie Arwed Messmer Stammheim # 12, 1977/2016 [Plattenspieler von Gudrun Ensslin] aus: RAF – NO EVIDENCE / KEIN BEWEIS, © Arwed Messmer, unter Verwendung einer Fotografie des Landesarchiv Baden-Württemberg
Bild Mitte: Zur Ausstellung 1 x 1 der Kamera Wilhelm-Hack-Museum Peter Miller, Selfportrait (with Headlamp), 2009, © Peter Miller
Bild unten: Recherchearbeiten Arno Gisinger März 2017 / Research Arno Gisinger March 2017
Weitere Infos: https://biennalefotografie.de/