Führende Fotografen-Verbände haben sich zur Initiative Bild im Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) e.V. zusammengeschlossen, die im Januar ihre Arbeit aufnehmen will. ProfiFoto sprach mit Christian Müller-Rieker in seiner Funktion als Vorsitzender der Initiative Bild im BVDW.
ProfiFoto: Die als Allianz verschiedener Fotografenverbände zur photokina 2018 ins Leben gerufene Initiative Bild mündet nun in einer Arbeitsgruppe unter dem Dach des BVDW. Was bitte hat professionelle Fotografie mit digitaler Wirtschaft zu tun?
Christian Müller-Rieker: Zunächst möchte ich betonen, dass wir enorm stolz darauf sind, nach nur einem Jahr sieben Berufsverbände mit unterschiedlichen Interessen für ein gemeinsames und gleichzeitig übergeordnetes Anliegen an einen Tisch bekommen zu haben. Die Vertretung der Partikularinteressen mag in der Vergangenheit in mancherlei Hinsicht richtig gewesen sein, ist aber im aktuellen politischen Kontext nicht mehr zielführend. Hier können wir gemeinsam mehr erreichen. Da die digitale Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft auch vor der Bildbranche oder der von Ihnen erwähnten professionellen Fotografie nicht Halt macht, war es ein logischer Schritt, im politischen Berlin einen Partner zu suchen, der sich branchenübergreifend mit diesem Thema beschäftigt. Hier finden sich Mitglieder, deren Geschäftsmodelle durch die Digitalisierung in den vergangenen beiden Jahrzehnten mitunter mehrfach bedroht waren. Von dieser Fähigkeit der ständigen Transformation können wir einiges lernen, und gleichzeitig profitieren der BVDW und seine Mitglieder von den Erfahrungen einer im Vergleich zur Digitalen Wirtschaft seit sehr langer Zeit erfolgreich agierenden Branche. Auch vor diesem Hintergrund passt es mit dem BVDW inhaltlich wie strukturell. Für dieses Gremium im BVDW haben wir uns auf den Namen „Initiative Bild“ verständigt. Im Gegensatz zur Begrifflichkeit hat die inhaltliche Arbeit aber nun absolute Priorität.
ProfiFoto: Im BVDW sind viele große Unternehmen wie unter anderem Google und Facebook organisiert, die nicht gerade für ihren vorbildlichen Umgang mit Fotografenrechten bekannt sind. Wie passt das zusammen?
Christian Müller-Rieker: Im BVDW repräsentieren rund 700 Mitglieder die Digitalbranche in Deutschland. Durch die heterogene Struktur, die sich neben einigen gro-ßen Unternehmen vor allem durch Mittelständler auszeichnet, sind unterschiedliche Auffassungen zu bestimmten Themen an der Tagesordnung guter Verbandsarbeit. Im BVDW hat jedes Mitglied unabhängig von seiner Größe eine Stimme, wodurch eine Dominanz einzelner Unternehmen schon per Satzung ausgeschlossen ist.
ProfiFoto: Christian Müller-Rieker, Sie als Geschäftsführer des Photoindustrie-Verbands sind zum Vorsitzenden besagter Initiative Bild im BVDW gewählt worden. Gab es keinen geeigneten Fotografen für diese Aufgabe?
Christian Müller-Rieker: Gegenfrage: Warum sollte denn unbedingt ein Fotograf diese Aufgabe übernehmen? Mit der Entscheidung einer Dreierspitze, die die Hersteller, die Bildschaffenden und die Bildvermarkter dieser Branche repräsentieren, haben die Gründungsmitglieder die Grundlage geschaffen für eine ausgeglichene Gremienarbeit, die alle Interessen möglichst gleich verteilt vertritt. Alle Themen, die wir in 2020 vorhaben, werden wir gemeinsam erarbeiten und auch gemeinsam entscheiden. Auf den Vorsitzenden kommt da eine leitende, aber auch interessensausgleichende Funktion zu, der ich mich als gewählter Vorsitzender der Initiative verpflichtet fühle. Und meine Stimme als Vorsitzender wiegt keinesfalls schwerer als die der übrigen Vorsitzenden – das legt schon die BVDW-Satzung fest.
ProfiFoto: Neben einigen anderen Organisationen sind der BFF, der CV und PIC Mitglied der Arbeitsgruppe. Was bitte ist deren gemeinsame Schnittmenge? Vor allem BFF und CV trennt einiges …
Christian Müller-Rieker: Natürlich gab es in der Vergangenheit immer wieder unterschiedliche Positionen bei den genannten Verbänden, wie jüngst beim Thema Wiedereinführung der Meisterpflicht. Aber wie eingangs erwähnt, geht es bei der Zielsetzung der Initiative nicht um das Verteidigen oder Ausrollen von Partikularinteressen, sondern wir wollen gemeinsam politische Positionen beziehen und an einer neuen Wertschätzung des Bildes im Kontext von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft arbeiten.
ProfiFoto: Was sind die übergeordneten Ziele der Arbeitsgruppe?
Christian Müller-Rieker: Inhaltlich verfolgt die Initiative Bild das Ziel, die Wertschätzung des Bildes stärker ins gesellschaftliche Bewusstsein zu rücken. Darüber
hinaus versteht sich die Initiative als kompetenter Ansprechpartner für Werbe-, Kreativ- und Mediaagenturen, Dienstleister und Vermarkter sowie als Schnittstelle und Verhandlungspartner zu anderen Verbänden, Unternehmen und Organisationen, innerhalb und außerhalb des BVDW.
ProfiFoto: Und was konkret sind die Aufgaben, die die Arbeitsgruppe sich vorgenommen hat?
Christian Müller-Rieker: Äquivalent zu der inhaltlichen Zielsetzung wird das Gremium gemeinsame Positionen unter anderem zu Themen wie Urheber-, Datenschutz-, Steuer- und Sozialversicherungsrecht erarbeiten und in Zusammenarbeit mit den entsprechenden BVDW-Ressorts die politische Auseinandersetzung mit diesen initiieren.
ProfiFoto: Zumindest einige Mitglieder haben ihre Mitwirkung im Rahmen der Arbeitsgruppe zunächst nur für einen Probezeitraum bestätigt. Welche Milestones müssen bis dahin in jedem Fall erreicht worden sein, damit das Projekt weitergehen könnte?
Christian Müller-Rieker: Wir haben uns verständigt, der aktuellen Konstellation 24 Monate Zeit für das Ausrollen der Themen und Projekte der Initiative zu geben. Danach werden wir kritisch evaluieren, was wir erreicht oder auch noch nicht erreicht haben. Bezüglich der von Ihnen angesprochenen Milestones bin ich zuversichtlich, im Frühjahr nächsten Jahres Details nennen zu können – diese müssen wir zunächst gemeinsam im Gremium erarbeiten.
ProfiFoto: Die bislang erfolgten Appelle der Initiative in Sachen DSGVO und Co. sind scheinbar verhallt, oder täuscht dieser Eindruck?
Christian Müller-Rieker: Bisher hat die Initiative im BVDW ja noch gar nicht ihre Arbeit aufgenommen. Wir haben aber keine Zweifel, dass wir bei den politischen Themen, die wir in 2020 mit der Initiative ansteuern, wie etwa Stellungnahmen zur Umsetzung der EU-Urheberrechtsrichtlinie in nationales Recht, mit der hohen Schlagkraft und politischen Vernetzung des BVDW erfolgreich auftreten können werden.
ProfiFoto: Rechnen Sie mit weiteren Mitgliedsverbänden zu einem späteren Zeitpunkt? Welche würden Sie sich wünschen?
Christian Müller-Rieker: Aktuell starten wir mit sieben Berufsverbänden Bild zum 1. Januar 2020. Jeder weitere bildorientierte Verband, der unsere Statuten erfüllt, ist herzlich eingeladen, sich in der Initiative einzubringen und an unseren Themen mitzuarbeiten. Je mehr Mitglieder sich der Initiative anschließen, desto höher ist die Schlagkraft und Wahrnehmung im politischen Umfeld.
ProfiFoto: Werden durch die Kooperation die einzelnen Mitgliedsverbände irgendwann überflüssig?
Christian Müller-Rieker: Keinesfalls. Denn wenn auch alle das Thema ‚Bild‘ vereint, haben die einzelnen Verbände doch entsprechend ihrer Satzung und Mitgliederstruktur unterschiedliche Aufgabenstellungen zu realisieren. Die Mitgliedschaft in der Initiative Bild unterstützt die einzelnen Verbände vor allem bei einer Teilbewältigung ihrer diversen Aufgaben.
https://www.profifoto.de/szene/notizen/2019/12/10/initiative-bild/