Die amerikanische Consumer Electronics Show, CES, brachte in diesem Jahr weniger neues Foto-Equipment, als vielmehr die Nachricht, dass Kodak und das Unternehmen WENN Digital Bildrechte mit einer großen Blockchain-Initiative inklusive Krypto-Währung verteidigen wollen.
Die voranschreitende Digitalisierung macht der Bilderwelt zu schaffen. Rund 85 % aller Bilder im Internet sollen aktuell ohne Lizenz verwendet werden, Bilderklau scheint sich zum Kavaliersdelikt entwickelt zu haben. Verschiedene Bildrechts-portale kämpfen seit Jahren dagegen an.
Bitcoin & Co.
Jetzt sollen auch die KodakOne-Plattform und die KodakCoin Krypto-Währung Fotografen eine Plattform zum Schutz ihrer Arbeit und damit eine neue Einnahmequelle, bieten. Diese Nachricht sorgte allerdings nicht nur in der Fotoszene, sondern vielmehr in Spekulantenkreisen für Aufsehen. In der Folge verdreifachte sich nahezu der Kodak Börsenwert nur wenige Tage nach der Bekanntmachung. Der Grund dafür war wahrscheinlich weniger der Glaube an das finanzielle Potenzial von Urheberrechtsverstößen als vielmehr der aktuelle Hype um Krypto-Währungen wie Bitcoin. Wie seinerzeit bei der Dotcom-Blase genügt aktuell die Vokabel „Blockchain“, und Investoren kennen kein Halten mehr. Eine Erfahrung, die im Januar unter anderem ein Getränkehersteller machen durfte, der zwar nichts mit Krypto-Währungen zu tun hat, durch den entsprechenden Namenszusatz jedoch spontan erheblichen Kapitalzufluss verzeichnen konnte.
WENN und aber…
Aber der Reihe nach, zunächst das Konzept von KodakOne: Kodak und WENN Digital wollen im Rahmen einer Partnerschaft die Einführung der KodakOne Bildrechte-Management-Plattform und der KodakCoin, einer fotozentrischen Krypto-Währung, Fotografen und Agenturen die Möglichkeit geben, mehr Kontrolle über die Verwaltung von Bildrechten zu erlangen. Kodak lizenziert seine Marke seit dem Konkurs 2012 in großem Umfang. Viele unter dem Namen „Kodak“ vermarktete Produkte werden tatsächlich von anderen Firmen entwickelt und verkauft und profitieren dabei von der Reputation der Marke. Allein auf der diesjährigen Messe CES gab es dafür zahlreiche Beispiele. So vermarktet die Firma JK Imaging unter dem Namen Kodak seine PixPro Digitalkameras, Prinics preist einen Fotodrucker unter der Marke an. Twindom hat „Kodak“ lizenziert, um einen 3D-Scanner zu vermarkten, während Paper Trade Network „Kodak“ für seine Handyhüllen, Alben und Injekt-Medien verwendet. Wer also steckt tatsächlich hinter der KodakCoin und der Plattform KodakOne? Linzenznehmer ist in diesem Fall die bereits genannte Firma WENN Digital. Das Unternehmen mit Sitz in Delaware wurde erst im November 2017 gegründet. Tochterunternehmen ist die rund 30 Jahre alte, auf die Vermarktung von Celebrity-Fotos spezialisierte Fotoagentur WENN Media, die nach eigenen Angaben mit rund 2.500 professionellen Fotografen zusammenarbeitet. Diese sollen in der Startphase den Grundstock für die KodakOne-Plattform bilden.
Diese will mit Hilfe der Blockchain-Technologie ein verschlüsseltes, digitales Bildrechtsregister für Fotografen bereitstellen, in dem diese sowohl neue, als auch Archivbilder registrieren und auf der Plattform lizenzieren können.
Die damit verbundene Krypto-Währung KodakCoin soll Fotografen die Möglichkeit geben, die Bezahlung für die Lizenzierung ihrer Arbeit sofort nach dem Verkauf zu erhalten. Die KodakOne-Plattform soll durch kontinuierliches Web-Crawling die IP der im System registrierten Bilder überwachen und sie so vor unerlaubter Nutzung schützen. Wird eine unlizenzierte Verwendung von Bildern festgestellt, soll die KodakOne-Plattform den Prozess der Nachlizenzierung effizient steuern, um Fotografen zu ihrem Honorar zu verhelfen.
Kodak CEO Jeff Clarke jedenfalls ist überzeugt: „Für viele in der Technologiebranche sind Blockchain und Krypto-Währung heiße Schlagwörter, aber für Fotografen, die lange Zeit darum gekämpft haben, die Kontrolle über ihre Arbeit und deren Verwendung zu behalten, sind diese Schlagwörter der Schlüssel zur Lösung eines unlösbaren Problems“. Kodak habe schließlich immer schon versucht, die Lizenzvergabe für Fotografen fair zu gestalten.
CEO von WENN Digital ist der deutsche Urheberrechts-Anwalt Jan Denecke, der in Berlin eine Kanzlei betreibt und jetzt das Thema Asset Rights Management auf neue Art monetarisieren möchte. Das erste Münzangebot wurde jedenfalls Ende Januar eröffnet und stand akkreditierten Investoren aus den USA, Großbritannien, Kanada und anderen ausgewählten Ländern offen. Denen, die dieses Angebot wahrnehmen konnten, winkt nach Lage der Dinge in Sachen Krypto-Währung eine ansehnliche Rendite, wenn – ja wenn – sich das Konzept von Kodak-One in der Praxis tatsächlich durchsetzen lässt.
Heiß oder Schei…?
Laut einem Bericht der Wochenzeitung DIE ZEIT könnte es sich dabei jedoch, so Kritiker, um „einem dreisten Betrug“ handeln. Der ZEIT-Redakteur Eike Kühl zitiert in seinem Beitrag vom 11. Januar unter anderem den Tweed des Technikjournalisten Chris Hoffmann, KodakOne sei „der dümmste Scheiß“, den er je auf der CES gesehen habe. Zitiert wird auch der Wirtschaftsprofessor und Bitcoin-Experte Saifedean Ammous, der demnach im Gespräch mit Buzzfeed urteilte, „das Projekt würde von jedem ausgelacht, der auch nur halbwegs Ahnung von Bitcoin hätte“.
Der Grund für diese Einschätzung hängt unter anderem mit der kaum einschätzbaren Kursentwicklung von Krypto-Währungen zusammen. Aktuell kann schließlich jeder der Wirtschaftspresse entnehmen, dass viele von einer neuen Blase ausgehen, die jederzeit platzen kann.
Fraglich erscheint Brancheninsidern außerdem, ob die Blockchain-Technologie für das Digital Rights Management geeignet ist. Der Stockfotograf Robert Kneschke schreibt auf seinem Blog: „Neben Versuchen, die Blockchain Technologie zum Beispiel für einvernehmlichen Sex zu nutzen, gibt es jetzt eben auch den Ansatz, die Methode einzusetzen, um den Bildermarkt (wieder mal) zu revolutionieren: Einfach mal eine digitale Währung aus dem Boden stampfen, mit der Fotografen dann ihre Bilder verkaufen sollen.“
Aber würde das Blockchain-Modell funktionieren, ließe sich laut Kneschke das typische Microstock-Problem lösen, angesichts von vielen hunderttausend Lizenzierungen erkennen zu können, ob ein Bild (vor allem online) legal genutzt wird oder nicht. „Doch der Ansatz von Kodak offenbart tiefliegende Verständnismängel der Bilderbranche“, so Robert Kneschke. Drei weitere Firmen, die gerne „irgendwas mit Blockchain und Bildrechten“ machen wollen und dafür Geld sammeln, sind aktuell Photochain, Copytrack und IPStock.
Offen bleibt bei all diesen Konzepten laut Kneschke die Frage, welche Vorteile Kunden vom Blockchain-Modell haben sollen und wieso es einfacher sein soll, Bilder mithilfe einer digitalen Kunstwährung zu kaufen, die erst konvertiert werden muss und stark im Wert schwanken kann. „Auch das Wissen eines Fotografen um eine unrechtmäßige Bildnutzung bringt wenig, wenn sie (zum Beispiel in asiatischen oder osteuropäischen Ländern) nicht verfolgt werden kann“, so Kneschke. Für ihn bleibt außerdem offen, welche Anreize Fotografen haben könnten, ihre Bilder über ein Blockchain-Modell anzubieten. „Wie soll das technisch funktionieren?“, fragt der Fotograf, „wo landen die Bilder, wie sollen deren enorme Datenmengen gehandhabt werden?“.
Doch zumindest theoretisch könnte die Blockchain dabei tatsächlich hilfreich sein, wenn „sich die Fotografen mit dem Tausch, also mit digitalen Geldbörsen und smart contracts auskennen – die Einstiegshürden sind weit höher als auf Fotoplattformen, die einfach Kreditkarten und klassische Technik nutzen“, so Eike Kühl.
Fazit
Deshalb ist KodakOne mit der Idee wie beschrieben auch nicht alleine. Copytrack, eines der weltweit führenden Bildrechtsportale im Internet, hat die Nase vorn und konnte bereits im Dezember 2017 sein blockchain-basiertes Projekt, das „Global Copyright Register“ vom Stapel lassen. Beim ICO Vorverkauf sammelte Copytrack CEO Marcus Schmitt bereits rund 7,6 Millionen US Dollar ein. Sein Kommentar: „Im Gegensatz zu Copytrack scheint KodakOne noch in der Vorbereitungsphase.“
Ob KodakOne und ähnliche Initiativen tatsächlich Fotografen helfen können, Reibungsverluste bei der Lizenzierung ihrer Fotos zu verringern, oder ob es vor allem darum geht, das Geld von Investoren zu kassieren, wird sich zeigen. Viele Experten glauben jedenfalls fest daran, dass Blockchain und Krypto-Währungen die Grundlage für die Zukunft des Internets bilden.
Zum Foto oben:
Außer KodakOne gibt es zahlreiche weitere Kodak Lizenzpartner wie zum Beispiel C+A Global, die unter der Marke den Filmscanner KODAK SCANZA anbieten