Die digitale Wirtschaft ist ein wachsender Markt mit zahlreichen Möglichkeiten und Verwendungen für Bilder und Filme. Und besonders in den sozialen Netzwerken werden Fotos und Videos im Sekundentakt konsumiert. Viele Studios und Fotografen haben sich diesen Wirtschaftsbereich erfolgreich erobert und sich die erforderlichen Produktionsmittel und das nötige Know-how angeeignet. Doch für viele Fotografen bleibt das Thema Filmproduktion oder Videographie Neuland.
Überraschend positiv, wie wenig Berührungsängste junge Fotografen mit dem Medium Film haben, ihr Einstieg in die Auftragsfotografie beginnt bereits mit Bewegtbild. Nicht nur, weil moderne Kameras Video in guter Qualität bereits anbieten, es ist die Herangehensweise und Einstellung, die sie mit in den Beruf bringen. Im Gegensatz zu Fotografen, die sich bereits mit Unbehagen auf die digitale Fotografie eingestellt haben und neue Medien mehr als Gefahr denn als Chance ansehen. Sicher ist es von Vorteil, mit sozialen Netzwerken und digitalen Medien aufzuwachsen und dadurch ein Grundverständnis für die Erfordernisse an einen modernen Fotografen erlangt zu haben. Dennoch: Für alle anderen ist das kein Grund, sich der Weiterentwicklung eines traditionellen Berufs wie Fotograf zu verschließen und damit seiner Karriere im Weg zu stehen. Erstaunlich, wie viele etablierte Fotografen auf die Frage, ob sie zukünftig auch Video produzieren werden, strikt abwinken: „Zu aufwändig“, „ keine Ahnung davon“, „wie soll das gehen, Foto und Film produzieren“. Was soviel bedeutet wie: „Ich brauche Zeit, mich einzuarbeiten, bzw. einen Partner, der mich dabei unterstützt. Oder: „Mir ist noch nicht klar, wie ich damit Geld verdienen kann und welche Chancen der Markt für mich bietet.“ Und: „Kamera, Regie und Schnitt, wie soll ich das alles erledigen?“ Sicher wichtige Einwände, aber nichts, was man nicht herausfinden oder erlernen kann. Und damit kein Problem, sondern nur ein Hindernis, würde Milton Erickson, Begründer der Hypnosetherapie sagen. Das Video ist rasant vom Medium der Zukunft zum Medium Gegenwart geworden. Danach handeln alle großen Produktionshäuser und Fotostudios, die für Unternehmen oder Werbung produzieren und regelmäßig um neue Kunden pitchen. Wie auch in der Profifoto Kolumne Heft 7/8 2014 beschrieben, sind Unternehmensvideos zum Katapult für Online-Shops geworden. Sie emotionalisieren
das Produkt und die Marke und können den Verbraucher in seiner Kaufentscheidung enorm beeinflussen. In Deutschland schauen ca. 60 % der Bevölkerung Filme online. Man hat festgestellt, dass die Klickrate bei Videos um ein Vielfaches höher ist als bei Fotos. Und Kunden, die ein Produktvideo ansehen, haben eine deutlich höhere Bereitschaft, das Produkt auch zu kaufen. Aber neben eCommerce gibt es andere spannendere Bereiche für Filmproduktionen, wie anspruchsvolle Imagevideos für Marken oder Künstler oder unterhaltsame Clips für die sozialen Medien. Oft kommt es neben einer guten Videoproduktion, in der Regie, Kamera, Ton und Schnitt überzeugend zusammenspielen, vielmehr auf die Idee, den Clou an. Denn das, was in der Fotografie in einem Bild komprimiert erzählt werden muss, kann in einem Video durch gutes Storytelling erreicht werden. Diese Videos haben das Potenzial, viral eine hohe Klickrate zu erzielen, sie werden geliked und geshared. Bei Mappenterminen mit einem Fotografen klären Art Buyer mittlerweile ab, ob der Fotograf auch filmt. Dieses Screening entscheidet darüber, welcher „Schublade“ der Kontakt zugeordnet wird und wie gut er eingesetzt werden kann. Denn die meisten Kunden benötigen Bild- und Videocontent, um ihre Marken- oder Produktstrategie zu bewerben. Niemand erwartet von Ihnen, dass Sie als Fotograf gleich TV-Commercials oder Kinospots drehen sollen. Aber Art Buyer sind im Sinne der Agenturkunden eher an einem Fotografen interessiert, der als visueller Dienstleister Webspecials oder Imagevideos bedienen kann.
Wenn Sie zu den Fotografen zählen, die den Bereich Videoproduktion neu erobern wollen, keine Sorge, niemand erwartet von Ihnen, dass Sie alles alleine liefern können. Gute Produktionen brauchen gute Planung und ein professionelle kleines Team. Starten Sie damit, sich ein Netzwerk an freien Geschäftspartnern zu suchen, die verschiedene Anforderungen übernehmen können. Arbeiten Sie mit erfahrenen Leuten zusammen und besuchen Sie gute Fortbildungsangebote zu diesem Thema.
Das Geschäftsmodell Bewegtbild ist für viele Fotografen ein lukrativer Bereich in ihrem Portfolio und ein wachsender Markt.
Und was bewegt Sie?
Silke Güldner berät Fotografen und Kreative bei der richtigen Positionierung, dem Auftritt und der digitalen Präsentation.
www.silkegueldner.de
Diese Kolume erschien in der ProfiFoto 3/16