Der Didaktik-Band des eingespielten Autoren-Duos Beate Stipanits und Gerhard Zimmert zum Thema „Mikrofotografie“ entführt in die fabelhafte Motivwelt jenseits des Abbildungsmaßstabs von 1:1 und zeigt mit außergewöhnlichen Bildern die für das menschliche Auge ansonsten unsichtbare Schönheit der Natur.
ine Stacking-Software hat die Aufgabe, die einzelnen Bilder (Fokusschichten) zu einem Gesamtbild zu verrechnen. An dieser Stelle gibt es keinen Unterschied zum Erstellen von Pano-Stacks, auch bei diesen müssen zunächst die einzelnen Stapel verrechnet werden. Erst wenn die einzelnen Stapel als flache Bilder vorliegen, können sie in einem weiteren Schritt zum Panorama zusammengefügt werden. Beim Stacken wird aus jedem Bild nur der Kernschärfebereich für die Berechnung herangezogen. Voraussetzung für ein zufriedenstellendes Ergebnis ist natürlich eine ausreichende Anzahl von Fokusschichten. Die Anzahl der notwendigen Fokusschichten ist vom Abbildungsmaßstab, der gewählten Blende (wenn keine Mikroskopobjektive verwendet werden), der numerischen Apertur (bei Mikroskopobjektiven), der angestrebten Ausgabegröße und den persönlichen Qualitätsanforderungen abhängig. Es gibt am Markt eine Vielzahl von Softwareprodukten, aber nur wenige, die auch in der Lage sind, einen Schrittmotor (eine große Arbeitserleichterung bei extensivem Stacking) direkt anzusteuern. Ich setze aus diesem Grund die Produkte Zerene Stacker Pro und Helicon Focus Pro ein, beide liegen im Spitzenfeld, laufen auf PC und MAC und können einen Schrittmotor steuern. Aus zwei Gründen beschreibe und verwende ich hier nur Screenshots von Zerene Stacker Pro:
1. Im Zuge der Workshops habe ich festgestellt, dass sich Einsteiger mit diesem Produkt leichter tun.
2. Es ist die Software, die ich für über 80 % meiner eigenen Arbeit einsetze, weil ich damit schnell – ohne manuelle Einstellungen – zu sehr guten Ergebnissen komme.
Zerene Stacker bietet zwei Möglichkeiten der Verrechnung von Einzelbildern (Abbildung 13.17), die kontrastreicher arbeitende, automatisierte Einstellung PMax und die weicher arbeitende DMap. Sie können auch beide gleichzeitig arbeiten lassen, das ist der dritte Menüpunkt.
Es kommt auf das Motiv an (z. B. die Ausprägung des Hintergrunds), welchen Verrechnungsmodus man wählt, oft kombiniert man über die Retusche-Funktion die Ergebnisse von beiden, um beispielsweise das Rauschen im Hintergrund zu reduzieren. Für den Einsteiger empfehle ich die PMax-Einstellung, sie macht weniger Arbeit bei der Retusche, weil die Automatik fehlertoleranter arbeitet (es gibt unter dem Menüpunkt PREFERENCES für PMax auch keine nennenswerten Verstellmöglichkeiten). In der Praxis verwende ich meist DMap, weil ich in der finalen Bildbearbeitung in Photoshop lieber von weicheren Daten wegoptimiere, und nehme dafür einen höheren Retusche-Aufwand in Kauf. Sie müssen wissen, eine Erhöhung des Kontrasts ist in der Bildbearbeitung kein Problem, eine Abschwächung des Kontrasts ist hingegen – ohne ein unansehnliches Bildergebnis zu erhalten – harte Arbeit. Des Weiteren bietet die Einstellung DMap im Zuge der Berechnung eine Eingabemöglichkeit (via Schieberegler) zur Behandlung des Hintergrunds. Wenn Details im Hintergrund erhalten bleiben sollen, ist die Einstellung 0, sollen die Details (z. B. Rauschen und Artefakte) reduziert werden, müssen größere Zahlen gewählt und dabei die Bildschirmanzeige beachtet werden. Sie erhalten zur leichteren Einschätzung der Wirkung des Zahlenwerts eine Maskierung im Vorschaufenster angezeigt und müssen darauf achten, dass die Maske keine wesentlichen Bildbereiche abdeckt (durch die Maske abgedeckte Bereiche werden von der Bearbeitung ausgeschlossen, das bedeutet, Details werden im maskierten Bereich unterdrückt). Bei DMap wird auf Basis einer Tiefenrelief-Landkarte (map = Landkarte) gearbeitet, die im ersten Durchlauf erzeugt wird. Dabei wird beim Stacking berechnet, was aus welcher Schicht übernommen werden soll. Die Daten der Tiefenrelief-Landkarte werden dazu herangezogen, um festzulegen, welche Bildteile im Hintergrund liegen und wie weit sich der Hintergrund nach vorne ausdehnt. Man darf sich hier nicht in jedem Fall auf die Automatik verlassen. Bei DMap haben Sie die Möglichkeit, die Arbeitsweise von Zerene zu parametrieren, beispielhaft erwähne ich die beiden Schieberegler ESTIMATION RADIUS und SMOOTHING RADIUS, die Sie ebenfalls im Menü PREFERENCES (Abbildung 13.18) finden. Diese Funktionen sind eindeutig für fortgeschrittene Anwender. Wie eingangs erwähnt, sollten Sie zunächst mit PMax beginnen, um erste Erfahrungen zu sammeln, in einer weiteren Phase dann mit den Standardeinstellungen von DMap arbeiten und dann schrittweise die Einstellungsmöglichkeiten erkunden.
Zerene arbeitet immer an einem Projekt, wenn Sie keines vordefinieren, wird ein neues, internes geöffnet. Ein Projekt beinhaltet den Speicherort der Eingangsbilder und Vorschauinformationen, um nicht jedes Mal die Originaldaten öffnen zu müssen, die Ausgabedaten und Retusche-Informationen sowie die gewählten Einstellungen des Stacking-Vorgangs. Spätestens nach der Berechnung müssen Sie also das Projekt und die erzeugten Ausgabedateien (Achtung: Mehrzahl – jedes Retusche-(Zwischen) ergebnis ist eine eigenständige Datei) – speichern.
Das Basisfenster der Stacking-Software (Abbildung 13.17) zeigt links die Dateien, die in diesem Projekt gerade verarbeitet werden sollen, und rechts zwei Vorschaubilder, das linke der beiden ist das gerade zur Verrechnung aktive Bild und im rechten wird der Status der Gesamtberechnung ausgegeben. Standardmäßig sind beide Bilder gleich groß, ich ziehe es aber vor, das Ergebnis größer als die Berechnungsvorschau dargestellt zu bekommen. Aber auch Letztere ist nicht unwichtig, es ist mir schon ein paar Mal passiert, dass sich ein falsches Bild in den Stapel eingeschlichen (Kopierfehler) oder sich ein störendes Objekt vor der Linse befunden hat (z. B. Gelse/Stechmücke).
Dass für die Berechnung ausreichend Speicherplatz verfügbar sein muss, klingt zwar logisch, es ist aber immer wieder frustrierend, wenn man diesen Punkt übersieht. Bei einem mit der
Nikon D810 aufgenommenen Stapel mit 700 Einzelbildern brauche ich ca. 250 GB freien Speicherplatz für das temporäre Projektfile auf der Systemplatte.
Stacking verbraucht aber auch auf Dauer ungeheuer viel Speicherplatz auf der/den Festplatte/n (die RAW-Daten, die 16-Bit-TIFF-Daten und die Projektdaten), hat aber den Vorteil, dass man ein Projekt wieder öffnen (laden) kann, um nachträglich z. B. DMap-Daten zu generieren oder eine Retusche durchzuführen oder fortzusetzen, weil man in der Bildbearbeitung ein Problem festgestellt hat (z. B. eine zeichnungslose Stelle oder Bildteile aus dem Hintergrund überdecken den Vordergrund).
Das Thema Retusche können wir hier nur kurz anreißen, je weniger Aufnahmeschichten Sie haben, desto mehr werden Sie die Retusche-Funktion benötigen, man kann sie aber auch bei einer ausreichend großen Anzahl von Aufnahmeschichten kaum vermeiden. Allerdings, wenn die Fehler leicht in Photoshop korrigierbar sind, ziehe ich die Retusche dort vor. Seit Kurzem gibt es in Zerene Stacker Pro immerhin die Möglichkeit, Retusche-Schritte rückgängig machen zu können (wie viele, ist einstellbar). Lange habe ich auf diese Funktion gewartet. Vorteilhaft ist, man kann beliebig viele Retusche-Zwischenversionen speichern. Denn allzu häufig kommt man nach Hunderten Einzelschritten zu dem Ergebnis, etwas nicht optimal retuschiert zu haben. Der Zeitbedarf bis zum ausretuschierten Bild kann sich zwischen zwei Stunden und mehreren Tagen bewegen (in der Stacking-Software und/oder in Photoshop). Wenn Sie jetzt überrascht sind, ja, das kenne ich von meinen Workshop-Teilnehmern. Der große Zeitaufwand hat drei Gründe:
1. Ein kleiner Schmutzpunkt am Sensor oder im Objektiv wird zur Linie und überdeckt bildwichtige Details.
2. Die Stacking-Software erzeugt Artefakte und durch das Zusammenrechnen des Rauschens der Einzelschichten wird insgesamt das Bildrauschen verstärkt.
3. Die Objekte können vor der Aufnahme nur sehr eingeschränkt gesäubert werden und haben z. B. Pollenkörper an störenden Stellen, etwa den Augen.
In der Stacking-Software habe ich immer ein Output-Bild, auf dem ich die Retusche durchführen möchte, und ein Quellbild, das als Quelle für die Retusche dient. Als Quelle kann jedes beliebige Einzel-TIFF des Projekts genommen werden, unabhängig ob es sich um ein Quellbild oder ein errechnetes Stacking-Ergebnis handelt. Man sucht sich also wie beim Stempel in Photoshop einen optimalen Bereich und trägt diesen mit der Maus oder mit einem Stift auf. Wie groß der zu übertragende Bereich ist, kann für die Maus fix eingestellt oder durch Aufdrücken des Stifts verändert werden.
Mikrofotografie – Für Kunst und Wissenschaft von Gerhard Zimmert und Beate Stipanits, mitp Verlag, 1. Auflage 2016, 488 Seiten, Softcover, Format 22 x 22 cm, ISBN 9-783-95845-224-4, 79 Euro
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