Vom 27. Juni 2025 bis 15. Februar 2026 zeigt die Kunstbibliothek der Staatliche Museen zu Berlin im Museum für Fotografie die die Sonderausstellung Rico Puhlmann – Fashion Photography 50s – 90s.
Die Ausstellung bietet einen umfassenden Einblick in das zeichnerische und fotografische Schaffen Rico Puhlmanns, der über 40 Jahre erst als Illustrator und dann als Modefotograf für Magazine wie „Brigitte“, „petra“, „Constanze“ oder international „Vogue“, „Harper’s Bazaar“, „Glamour“ oder „GQ“ arbeitete. Die gefragtesten Fotomodels ihrer Zeit standen vor seiner Kamera: Gloria Friedrich und Gitta Schilling, Cheryl Tiegs und Jerry Hall, Cindy Crawford und Naomi Campbell. Seine Fotos erschienen auf zahlreichen Magazincovern, seine Bildstrecken füllten mehrere Doppelseiten in Folge.

unbek. Fotograf*in, Rico Puhlmann mit Kamera, 1974, Silbergelatinepapier, © Rico Puhlmann
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Puhlmann startete seine Karriere als Mode-Illustrator in seiner Geburtsstadt Berlin, in der nach dem Zweiten Weltkrieg der „Berliner Chic“ einen neuen Höhepunkt erreichte. Wiederholt wurde er engagiert, die Entwürfe von Modehäusern zunächst zu zeichnen und dann immer mehr auch zu fotografieren – für Journale sowie für Firmenpublikationen. Das Bild dieser West-Berliner Mode hat er gleichermaßen geprägt wie seine Kollegen F. C. Gundlach, Regi Relang oder Helmut Newton. Ihre Fotografien sind visuelle Zeugnisse einer ungeschriebenen Kleiderordnung um 1960.
Op- und Pop-Art, Raumfahrtbegeisterung, die Londoner Swinging Sixties, die Adaption von Kleiderformen und Stoffmustern unterschiedlichster Kulturkreise veränderten die Mode in den 1960er-Jahren und zugleich das Bild von ihr. An immer fernere Orte wurden die Fotografen von den Redaktionen zu Modeaufnahmen geschickt. Technische Entwicklungen wie Blitzlichttechnik, der aufkommende Farbfilm, Polaroid oder das flexiblere Kleinbild erweiterten nach und nach den fotografischen Gestaltungsspielraum.
Aufgrund der rückläufigen Konjunktur der gehobenen Berliner Modebranche und des damit einhergehenden Bedeutungsverlusts der Mode in Berlin orientierte sich Puhlmann neu und zog 1970 nach New York. Erste Fotoaufträge erhielt er an seinem neuen Wirkungsort von den Magazinen „Glamour“ und „Harper’s Bazaar“. Parallel dazu drehte er Modefilme für das vom Sender Freies Berlin (SFB) produzierte „Modejournal“ und zählt damit zu den Wegbereitern des „American Look“ in Europa.
Mitte der 1970er-Jahre war Rico Puhlmann als Modefotograf in New York etabliert. Seine Fotos erzählen von einer neuen Freiheit. Es sind nicht mehr die gestelzten Posen, der begleitende Gentleman, der kultiviert-gepflegte Großstadtraum, sondern Natürlichkeit, Bewegung, Spontaneität, Ungezwungenheit und zwischenmenschliche Nähe, die die Bildthemen bestimmen. In den beiden Models Cheryl Tiegs und Patti Hansen fand Rico Puhlmann das perfekte Pendant, um dieses neue Lebensgefühl zu vermitteln.
Bis Anfang der 1990er-Jahre arbeitete Rico Puhlmann kontinuierlich für „Harper’s Bazaar“ und trug mit seiner Arbeit zum Wandel des Frauenbildes bei, das zunehmend selbstbewusster wurde. Um 1980 erhielt er Exklusivaufträge für verschiedene Ausgaben der „Fashions of the Times“, dem Mode-Supplement der „New York Times“. Für das Männermagazin „GQ“ beschrieb er Anfang der 1980er-Jahre in einer feinsinnigen, einfühlsamen Bildsprache das neue Selbstverständnis des Mannes in puncto Mode, Styling und Körperpflege.
Mittlerweile wirkten immer größere Redaktionsteams am Modebild mit. Neben Rico Puhlmann waren Mode- und Accessoire-Redakteure, Art Directors, Make-up-Artists und Hairdressers an der Bildgestaltung beteiligt. Noch in den 1960er-Jahren hatte Puhlmann zusammen mit den jeweiligen Redakteuren die Entwürfe auf den Modeschauen selbst ausgesucht, auch die Locations und die Models selbst bestimmt. Er überprüfte Styling und Make-up, nachdem sich die Fotomodels selbst geschminkt und angekleidet hatten. Er führte Regie bei Posen und Gesten und wählte Requisiten und Accessoires aus.
Puhlmann starb 1996 bei einem Flugzeugabsturz. Eine Buchpublikation zu seinem Werk war bereits in Planung. Auch eine Rückkehr nach Berlin mit einem Lehrauftrag an der Hochschule der Künste war in Verhandlung, eine erste Digitalkamera bereits angeschafft. Auch nach über 40 Jahren Schaffenskraft hatte Rico Puhlmann Pläne.
Das Gros der Exponate stammt aus dem Werkarchiv Rico Puhlmanns, das von seinem Bruder Klaus Puhlmann und dessen Frau Anne verwaltet und für die Ausstellung zur Verfügung gestellt wird.
Die Ausstellung “Rico Puhlmann. Fashion Photography 50s – 90s” würdigt Puhlmanns Werdegang und insbesondere seine Arbeit für Modejournale. Dabei nimmt sie verschiedene Aspekte der Mode-, Fotografie-, Presse- und Kulturgeschichte in den Blick. Sein zeichnerisches und fotografisches Werk steht exemplarisch für den Modejournalismus der 1950er- bis in die 1990er-Jahre.
Die Ausstellung ist kuratiert von Dr. Britta Bommert, Leiterin der Sammlung Modebild, Kunstbibliothek – Staatliche Museen zu Berlin, und als Co-Kurator Hans-Michael Koetzle, München, in enger Zusammenarbeit mit dem Rico Puhlmann Archiv (Anne und Klaus Puhlmann), Berlin.
Zur Ausstellung erscheint im Verlag Kettler, Dortmund, ein umfangreicher Katalog mit Beiträgen von Britta Bommert, Gerlind Hector, Hans-Michael Koetzle, Adelheid Rasche, Marie Arleth Skov und Christine Waidenschlager.
*Museum für Fotografie, Jebensstraße 2, 10623 Berlin, Öffnungszeiten: Di, Mi, Fr – So 11 – 19 Uhr, Do 11 – 20 Uhr
- Roter Mantel von Lindenstaedt & Brettschneider, Kurfürstendamm (West-Berlin) 1961 (veröffentlicht in „Vogue Europe“, Vogue (FRA), Février 1961)
- Gloria Friedrich in durchgeknöpftem Prinzesskleid mit Reverskragen und Jäckchen aus zartrosa Wolle von Roberto Capucci, Paris, 1963,(veröffentlicht in „Pariser Silhouetten im Frühjahr 1963“, stern, Nr. 9, 3. März 1963)
- Nicole im Schotten-Kilt und Kniestrümpfen, darüber lange enggegürteter Lederjacke von Hobbydress, Berlin-Kreuzberg, 1968, (veröffentlicht in „Total Look“, petra, Nr. 3, 1968)
- Iman Abdulmajid mit Kleid aus Gold-auf-Gold-Lamé-Brokat mit Kordeln von Mary McFadden, 1977, (veröffentlicht in „Gold is News“, Fashions of The Times, August 28, 1977)
- T-Shirts aus Baumwollstrick von Elaine Post Ltd. und Knitquake, 1971, (veröffentlicht in „T-Shirts Illustrated“, Glamour (USA), Nr. 6, February 1971)
- Gabrielle Reece in schwarzem Body von Michael McColom für Isaia, Silberkettenrock und Handschuhen von Futura Metal Wear, Disney World (Florida), 1990, (veröffentlicht in „Destination: Walt Disney World Fantasy Land“, Harper’s Bazaar, No. 3343, July 1990)
- Naomi Campbell (mit beigefarbenem oversized Seidenpullover mit Zopfmuster von Michael Kors), 1992 (veröffentlicht in „10 Most Beautiful Women“, Harper’s Bazaar (USA), Nr. 3366, June 1992)
- Cindy Crawford mit Seidenhemd mit Marilyn Monroe-Print und abstrakt gemusterte Leggins von Gianni Versace, 1991, (veröffentlicht in „Signature Style“, Harper’s Bazaar (USA), Nr. 3351, March 1991)
Alle Fotos: Rico Puhlmann, © Rico Puhlmann Archive