Das Ausstellungsjahr 2025 beginnt in Monschau mit einer der berühmtesten Fotografinnen des 20. Jahrhunderts: Eve Arnold. Vom 2. Februar bis zum 30. März 2025 gibt die große Überblicksausstellung mit mehr als 160 Arbeiten einen umfassenden Einblick in das Werk der Ausnahmefotografin, die besonders für ihre humanistische Bildsprache bekannt ist.
Eve Arnold wurde 1912 als Kind russisch-jüdischer Immigranten in Philadelphia geboren. Mit einer geschenkten Rolleicord entflammte in den 1940er Jahren ihr Interesse für Fotografie, das Zeit ihres 99-jährigen Lebens nicht mehr enden sollte. In mehr als 40 Jahren schuf Eve Arnold auf unzähligen Reisen beeindruckende Reportagen, porträtierte Stars sowie politische Würdenträger und widmete sich den gesellschaftspolitischen Themen ihrer Zeit.
„Die Arbeiten Arnolds sind Zeitdokumente mit künstlerischer Bedeutung, die aus der Sensibilität der Fotografin und ihrem persönlichen weiblichen Blickwinkel auf die Welt entstanden sind“, so Dr. Nina Mika-Helfmeier, Kuratorin und Leiterin des Fotografie-Forums.
Den Weg in die professionelle Fotografie ebnete Eve Arnold Anfang der 1950er Jahre eine Serie über Modenschauen der Schwarzen Communities in Harlem, die im Rahmen eines Fotografiekurses an der New York School for Social Research entstand. Die damalige Modefotografie bestand vor allem aus Hochglanzaufnahmen, die im Studio angefertigt wurden und ausschließlich weiße Models präsentierten. Mit „Fashion in Harlem“ zeigte Arnold eine gänzlich andere Seite der Modewelt, folgte den Models Backstage und fing die Stimmung dieser besonderen Events, fernab des Mainstreams, sorgsam ein.
Mit dieser und weiteren Serien stellte sich die Fotografin 1951 bei der Bildagentur Magnum vor und wurde als eine der ersten Frauen Mitglied. Als Fotografin wich sie nie vor unbequemen Fragen zurück und beleuchtete Fragestellungen stets aus ungewöhnlichen Perspektiven. So auch, als sie Ende der 1950er Jahre beschloss, sich dem Thema der Geburt zu widmen. Für die Serie „Die ersten fünf Minuten im Leben eines Babys“ hielt sie im Mather Hospital in Port Jefferson mehrere Geburten fest. Durch die Fotografien begleiten die Betrachter_innen das neue Leben. Sehen, wie das Baby gebadet und vermessen sowie neben seine Mutter gelegt wird. Das Life Magazin widmete der Serie 1959 ganze acht Seiten. Noch Jahre später wurden die Fotografien von Redaktionen und der Werbung rege genutzt.
Eve Arnold bereiste die ganze Welt. Mit Leidenschaft und Neugier fotografierte sie mongolische Kunstreiter und Wrestler, chinesische Tänzerinnen, die Zuhörer einer Indira-Gandhi-Kundgebung, Voodoo-Anhänger in Haiti, Kormoranfischer in Guilin, eine tibetanische Landärztin oder verschleierte Frauen in Afghanistan. Chinesischen Fotografen empfahl sie Ende der 1970er Jahre: „Fokussiert euch auf die Augen. Vergesst nicht: Der Fotograf ist das Werkzeug, nicht die Kamera.“ Die präsentierten Fotografien wurden in zahlreichen Magazinen wie Life, Esquire, Harper’s Bazaar, Geo, Stern oder der Sunday Times veröffentlicht.
Während dieser Reisen richtete die Künstlerin ihre Aufmerksamkeit oft auf Frauen. Als einer der Ersten ist es Arnold in den Vereinigten Arabischen Emiraten erlaubt, in einem Harem zu fotografieren. Nach eigener Aussage bestand die größte Herausforderung für Arnold darin, die verschleierten Silhouetten als Frauen erkennbar zu machen. Mit einer gewissen kompositorischen Strenge gelingt es ihr nicht nur, den einzelnen Personen eine Stimme zu geben, sondern auch ein gesamtgesellschaftliches Porträt von muslimischen Frauen zwischen Tradition und Moderne zu erstellen.
Ein ausgezeichnetes Renommee besaß Arnold weiterhin für die Porträts internationaler Stars wie Clark Gable, Joan Crawford oder Marlene Dietrich. Eine besondere Freundschaft verband sie mit Marilyn Monroe, die sie über zehn Jahre lang zu verschiedenen Anlässen fotografierte. Traurige Berühmtheit erlangten die Aufnahmen, die während der Dreharbeiten zum Film „The Misfits“ („Nicht gesellschaftsfähig“) 1960 entstanden. Es sollte der letzte Film Marilyn Monroes sein, die nur wenige Monate nach den Dreharbeiten verstarb.
Die in Monschau gezeigten Fotografien veranschaulichen die Vielseitigkeit der Ausnahmefotografin sowie ihr sensibles Gespür für außergewöhnliche Themen und Situationen. Neben längst ikonenhaften Arbeiten gibt es ebenso überraschende Aufnahmen zu entdecken, die bisher noch nicht in Deutschland präsentiert wurden.
Alle Fotos: Magnum Photos