Mit der Retrospektive in der Neuen Nationalgalerie wird vom 23. November 2024 bis 6. April 2025 erstmals ein umfassender Einblick in das Schaffen von Nan Goldin von 1980 bis heute gegeben.
Die Sonderausstellung in von Hala Wardé entworfenen Pavillons in der oberen Halle der Neuen Nationalgalerie präsentiert Nan Goldins einzelne Werkreihen in Form von Diashows und Filmen – jedes dieser „Gebäude“ ist in Bezug auf die jeweilige Werkreihe konzipiert; zusammen bilden sie eine Art Dorf. Nach dem Auftakt in Stockholm und Amsterdam wird die Ausstellung nun in Berlin gezeigt und reist im Anschluss nach Mailand und Paris.
Nan Goldin (geboren 1953 in Washington D.C.) ist eine der bekanntesten Künstlerinnen unserer Zeit und wurde 2022 mit dem Käthe-Kollwitz Preis ausgezeichnet, erhielt im gleichen Jahr den Goldenen Löwen beim 79. Internationalen Filmfest von Venedig für ihre Dokumentation „All the Beauty and the Bloodshed’’ und 2007 den Hasselblad Award, Göteborg, Schweden. Die Auseinandersetzung mit der menschlichen Erfahrung prägt ihr Werk und hat nachfolgende Generationen tiefgreifend beeinflusst. Ihr erstes Werk „The Ballad of Sexual Dependency“ dokumentiert das Leben in Provincetown, Massachusetts, der Lower East Side, New York City, Berlin und London von den 1970er- und 80er-Jahren bis in die Gegenwart. Goldin hat die Welt ihres engsten Freundeskreises fotografiert. Ihre Fotografien sind Momentaufnahmen von Intimität und Partnerschaft, von Alltag und wilden Partys, vom Kampf zwischen Autonomie und Abhängigkeit.
Goldins Werk ist auch ein Zeitdokument. Sie ist Teil einer Generation, deren Erfahrungen von der AIDS-Krise und einer Welt außerhalb der normativen Gesellschaft geprägt ist. Um 1980 begann Goldin, ihre Diashows in Clubs und an öffentlichen Orten in New York sowie in Underground-Kinos und auf Filmfestivals in Europa zu präsentieren. Sie aktualisierte und bearbeitete sie jedes Mal neu und setzte mehrere Projektoren ein, die sie mit einem eklektischen Soundtrack unterlegte. Seitdem hat sie Elemente wie bewegte Bilder, Stimmen und Archiv- material in ihre Arbeiten aufgenommen.
Nan Goldin hat sich schon immer mit sozialen Themen wie Gender, psychischer Gesundheit und AIDS auseinandergesetzt, wenn auch mit unterschiedlichen Ansätzen. „Memory Lost“, das auch Teil der aktuellen Ausstellung ist, ist eine Beschwörung der dunkelsten Seiten der Drogensucht. 2017 gründete Goldin P.A.I.N. (Prescription Addiction Intervention Now), eine Aktionsgruppe, die sich speziell gegen die Milliardärsfamilie Sackler richtet. Die Gruppe macht Sackler für die Auslösung der epidemischen Opioid-Überdosis-Krise verantwortlich. Die Sacklers sind wichtige Spender einiger bekannter internationaler Museen. Viele dieser Einrichtungen haben jedoch auf den Druck von P.A.I.N. reagiert und jede Spur des Namens Sackler aus ihren Räumlichkeiten entfernt.
Der Titel der Ausstellung „This Will Not End Well“ erscheint düster und ahnungsvoll, aber er ist auch voller ironischem Humor und Wärme. Der Titel ist eine Bestätigung dessen, was Fredrik Liew, Kurator der Retrospektive aus dem Moderna Museet, Stockholm, als Goldins „charakteristisch unerschütterliche Lebensfreude“ beschreibt.
Zu Berlin hat Nan Goldin eine ganz besondere Beziehung: Bereits 1986 zeigte das Kino Arsenal ihre „Ballade der sexuellen Abhängigkeit“ (1985). 1991 erhielt sie ein DAAD-Stipendium, zog in die Stadt und kehrt seither immer wieder zurück: „Die besten Jahre meines Lebens waren hier in Berlin“, sagte Goldin 2010. „Ich sage das nicht leichtfertig. Ich habe mein ganzes Leben lang nach einem Zuhause gesucht. Der einzige Ort, an dem ich mich wie ich selbst und wohlfühle sowie echte Liebe für meine Freunde empfinde, ist Berlin.“
Zur Ausstellung erscheint ein umfangreicher Katalog im Steidl Verlag in limitierter Auflage: eine neunbändige Reihe, die alle Diashows und Multimediaprojekte von Goldin wiedergibt, einschließlich Textarbeiten mit Beiträgen verschiedener Autoren, die ihre Sicht auf das umfangreiche Werk der Künstlerin darlegen. Das Gesamtprojekt wird kuratiert von Fredrik Liew, Chief Curator, Moderna Museet.
Neue Nationalgalerie, Potsdamer Straße 50, 10785 Berlin, Di – Mi 10 – 18 Uhr, Do 10 – 20 Uhr, Fr – So 10 – 18 Uhr
https://www.smb.museum/ausstellungen/detail/nan-goldin/
Alle Fotos: © Nan Goldin. Courtesy the artist