Das Fotografen Duo Heidi und Hans-Jürgen Koch wird zur Eröffnung der Ausstellung „Fiese Gewächse und solche mit krimineller Vergangenheit“, am 29. September 2024 um 11.00 Uhr Wilhelm-Fabry-Museum*, Hilden, anwesend sein. Pünktlich zur Vernissage wird auch ihr druckfrisches, gleichnamiges Buch zur Ausstellung vorgestellt.
Gibt es etwas Unschuldigeres als Pflanzen? Dieser beinahe rhetorischen Frage sind Heidi und Hans-Jürgen Koch in ihrem aktuellen Projekt nachgegangen. Seit über 35 Jahren richten die studierte Sozialarbeiterin und der Verhaltensforscher einen ganz besonderen Blick auf Flora und ganz besonders die Fauna. Durch letzteres sind sie mit ihren essayistischen Fotoreportagen weltweit bekannt und vielfach prämiert worden. Neben dem Dr. Erich Salomon-Preis, der wohl wichtigsten Ehrung für publizistische Fotografie in Deutschland, wurden sie unter anderem mit dem World Press Photo Award, dem Lead Award, dem Deutschen Preis für Wissenschaftsfotografie ausgezeichnet und waren im Jahr 1995 BBC Wildlife Photographer, ein Titel der in der Branche als „Oscar“ gilt. Ganz bewusst bezeichnen sie sich nicht als Tier-, sondern als Lebensformfotografen, und in diesem Selbstverständnis hatten sie vom Hamster bis zum Grizzlybär so ziemlich alles, was kreucht und fleucht vor ihren Kameras.
Mit ihrer Fotoserie „Fiese Gewächse“ wenden sie sich etwas noch Allgegenwärtigerem als der Tierwelt zu. Schließlich umgeben uns Pflanzen überall, ob am Straßenrand, beim Wald-spaziergang, im Park, Garten und Wohnzimmer. Und, nicht zuletzt, sind sie ein wesentlicher Bestandteil unserer Ernährung. Da sie im Gegensatz zu Tieren ihren Standort nicht wechseln können, müssen sie sich an Ort und Stelle verteidigen. Dabei ist nicht selten Gift ihre Waffe. Und die ist effizient, ja bisweilen tödlich: Die Opfer leiden unter Schweißausbrüchen, Wahn-vorstellungen, Lähmung, Pulsrasen, Kammerflimmern oder Krämpfen. Im schlimmsten Fall drohen Atemstillstand, Koma und Herzversagen. Für Kinder können bereits fünf bis zehn Samen des Goldregen tödlich sein und bei der Tollkirsche reichen schon drei bis vier Beeren.
Aber natürlich werden Pflanzen völlig schuldlos zum „Täter“. Die Kochs sind davon überzeugt: „Pflanzen sind auch immer das, was der Mensch aus ihnen macht. Durch Versuch, Irrtum und Gottvertrauen haben unsere Vorfahren aus den Pflanzen gelernt. Manche wurden Nahrungs-mittel, andere Drogen. Sie waren stets auch ein probates Mittel, um Probleme aus dem Weg zu schaffen, beziehungsweise um die Ecke. Ja, manche heilen auch. Also gelten mildernde Umstände. Mehr aber nicht.“
Frei nach Paracelsus Erkenntnis „Die Dosis macht das Gift“, zeigen Heidi und Hans-Jürgen Koch in ihrem fotografischen Oeuvre die betörende, farbenfrohe Pflanzenwelt, die in ihrer Wirkung zwischen tödlicher Gefahr und lebenserhaltener Maßnahme changieren. Genau um dieses Wechselspiel der Wirkung und Zusammensetzung von Arzneimitteln machten sich, gestützt auf die Beobachtungen antiker Ärzte, Wilhelm Fabry und seine Frau Marie Colinet Gedanken. Viele dieser Erkenntnisse wurden in dem 1652 von Johann Beyer veröffentlichten Buch „Wund-Artzney“ publiziert. Dieses Buch befindet sich in der Sammlung des Wilhelm-Fabry-Museums.
* Wilhelm-Fabry-Museum, Benrather Str. 32a, 40721 Hilden
https://wilhelm-fabry-museum.de
- Alpenveilchen (Cyclamen spec.). Alpenveilchen vor Tapete. Auch Hasenohr, Gichtapfel, Kreuzwehkraut genannt. Zur Gattung zählen 22 Arten. Die beliebte Topfpflanze („Omas Liebling“) ist das Zimmer-Alpenveilchen (Cyclamen persicum), von dem es zahlreiche Kulturformen gibt. Cyclamen sind stark giftig. Verwendung als Pfeilgift. Wurzeln beim Fischfang, zur Betäubung von Fischen benutzt. Vielseitiges Heilmittel in Antike und Mittelalter (Schlangenbisse, Milzleiden, Abwehrzauber, Abortivum, Liebestrank). Inhaltsstoffe: Saponine u.a. Cyclamin. Alle Teile der Pflanze sind mehr oder weniger giftig, besonders die Wurzelknolle. Der Pflanzensaft kann schwere Hautreaktionen hervorrufen. Vergiftungserscheinungen: Zunächst Kratzen im Mund, dann Übelkeit, Durchfall, Blutzersetzung, Kreislaufprobleme, Konvulsionen, Atemlähmung. Tod nicht ausgeschlossen.
- Rittersporne (Delphinium). Hier Blüte der Sorte „Dark Blue White Bee”. Die Gattung Rittersporne umfasst mehr als 300 Arten und zahlreiche Züchtungssorten. Rittersporne gehören zu den bekanntesten Zierpflanzen. Der deutsche Name Rittersporn verweist auf den deutlichen, nach rückwärts gerichtetem Sporn an der Hinterseite der Blüte. In der Heilkunst früherer Zeiten linderte Rittersporn die Folgen von Schlangenbissen, schützte vor Skorpionen und war Mittel gegen Läuse, Krätze, Wurmbefall und anderem Ungeziefer. Rittersporn ist für weniger Verluste verantwortlich als der Eisenhut, sein großer Bruder, aber töten kann auch er. Vor allem Weidevieh. In allen Pflanzenteilen befinden sich toxische Alkaloide. Vergiftungserscheinungen: Herzrhythmusstörungen, Krämpfe, Entzündungen von Magen und Darm, Lähmungserscheinungen, Tod durch Muskel- oder Herzlähmung.