Das Bucerius Kunst Forum widmet aktuell bis zum 22. September dem französischen Fotografen Henri Cartier- Bresson (1908 bis 2004) die erste große Retrospektive in Deutschland seit 20 Jahren.
In verschiedenen Kapiteln werden neben den frühen, surrealistisch geprägten Aufnahmen und Filmarbeiten sowie den Fotoreportagen auch Cartier- Bressons Porträts bekannter Künstler und Schriftsteller gezeigt, ebenso wie seine späteren Fotografien, in denen der Fokus auf dem menschlichen Alltagsverhalten liegt. In 240 Schwarzweißfotografien sowie Beiträgen in Magazinen und Büchern gibt die Ausstellung Zeugnis von Cartier-Bressons Lebenswerk, das nahezu das gesamte 20. Jahrhundert umfasst.
Der Mitbegründer der Fotoagentur Magnum gehörte zu den berühmtesten Fotografen des 20. Jahrhunderts. Als Fotojournalist, Kunstfotograf und Porträtist schuf er zeitlose Kompositionen und prägte damit den Stil nachfolgender Generationen von Fotografen. Sein künstlerischer Ausdruck beeinflusste insbesondere den Stil der Street Photography. Ein untrügliches Gespür für den „entscheidenden Augenblick“ in spontanen Begegnungen und Situationen charakterisiert sein Werk und machte viele seiner Arbeiten zu Ikonen der Fotografie.
Bereits 1932 erwarb Cartier-Bresson eine Leica-Kleinbildkamera, mit der er experimentierte. Sein daraus entstandenes surrealistisches Frühwerk sowie eine Auswahl seiner Filmarbeiten bilden den Auftakt der Retrospektive. Daran schließen seine bekannten Fotoreportagen, Porträts von Kunst- und Kulturschaffenden sowie seine ikonischen fotografischen Beobachtungen spontaner zwischenmenschlicher Begegnungen an.
1908 geboren und 2004, im Alter von fast 96 Jahren, gestorben, erlebte Cartier-Bresson als Zeitzeuge das gesamte 20. Jahrhundert und wurde zu dessen fotografischen Chronisten. Als Augenzeuge dokumentierte er zahlreiche historische und politische Großereignisse. In der Ausstellung werden stellvertretend die Krönung des britischen Königs George VI. in London 1937, die Befreiung von Paris 1944, Deutschland nach Kriegsende 1945, die Beisetzung von Gandhi 1948, das Ende der Kuomintang-Herrschaft in China 1948, Russland nach dem Tode Stalins 1954, Kuba nach der Raketen-Krise 1963 sowie seine Langzeitstudien aus Frankreich vorgestellt.
Cartier-Bresson pflegte jahrelange Freundschaften in die Kunst- und Kulturwelt, die ihn und sein künstlerisches Schaffen nachhaltig inspirierten.
Seine intimen Porträts von Künstlern, Schriftstellern und Fotografen wie Coco Chanel, Simone de Beauvoir und Henri Matisse bilden einen wichtigen Teil seines Œuvres und werden in der Ausstellung präsentiert.
Darüber hinaus beinhaltet die Schau eine Auswahl an Street Photography, die das zwischenmenschliche Verhalten im Alltag, bei der Arbeit und Freizeit abbildet. Die Werke verdeutlichen das stilprägende Element in Cartier-Bressons Fotografien: das Beobachten und gleichzeitige Analysieren von menschlichem Handeln in spontanen Augenblicken. Cartier-Bresson zeigte mithilfe seiner Kamera Begegnungen, hielt dabei Verhaltensmuster fest und machte flüchtige Szenen sichtbar, die sonst im Getümmel der Straßen untergegangen wären.
Cartier-Bresson selbst war lange in der kommunistischen Bewegung aktiv, was sich nachhaltig auf sein politisches und künstlerisches Engagement auswirkte. So galt sein fotografisches Interesse insbesondere sozial ausgegrenzten Menschen. Schlüsselereignisse seines Lebens wie die deutsche Kriegsgefangenschaft während des Zweiten Weltkriegs, die Fluchtversuche aus dieser und das Engagement in der Widerstandsbewegung gegen den Nationalsozialismus prägten sein dokumentarisches Interesse an der Fotografie. Mit der Gründung der Fotoagentur Magnum zusammen mit Robert Capa, Chim Seymour und George Rodger im Jahr 1947 wurden seine Fotoreportagen zunehmend professionalisiert. In den folgenden Jahrzehnten bereiste Cartier-Bresson im Auftrag von Magazinen und Zeitungen wie „Life“, „Paris Match“ oder „New York Times Magazine“ die verschiedenen Kontinente. Seine Fotoreportagen erschienen weltweit in millionenfacher Auflage. In der Ausstellung werden diese Originalfotografien durch gedruckte Abbildungen in Zeitschriften begleitet.
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