Die Staatlichen Museen zu Berlin zeigen auch 2024 wieder eine Reihe an Sonderausstellungen zu fotografischen Themen und Postionen. Eine Vorschau…
Das Museum für Fotografie zeigt vom 12. April bis 1. September 2024 die Sonderausstellung der Kunstbibliothek „Michael Wesely. Berlin 1860 – 2023“ (Arbeitstitel). Wie kann Fotografie Zeit und Leben einfangen? In zwei neuen Werkkomplexen spürt der international renommierte Fotograf Michael Wesely(* 1964) die in historischen Architekturfotografien Berlins bewahrten Realitätsfragmente auf. In der Serie „Human Conditions“ verfolgt er die in den großformatigen Aufnahmen der Preußischen Messbildanstalt eingeschlossenen Lebensspuren der Bewohner Berlins um 1900. Für „Double Days“ legt er seine eigenen Aufnahmen passgenau über alte Fotografien Berliner Architektur aus dem 19. und 20. Jahrhundert, um Zeitsprünge des Urbanen sichtbar zu machen. Ausgangspunkt der Recherchen sind die in der Kunstbibliothek und anderen Archiven und Museen Berlins und Brandenburgs aufbewahrten Architekturfotografie-Sammlungen.
Vom 7. Juni bis 10. November 2024 ist im Museum für Fotografie „The Berlin Show“, eine Sonderausstellung der Helmut
Newton Stiftung zu sehen. Mit der Gruppenausstellung feiert die Stiftung ihr 20-jähriges Jubiläum. Es ist zugleich eine Hommage an Newtons Heimatstadt; der Fotograf hatte sich im Herbst 2003 entschieden, Teile seines Archivs nach Berlin zu überführen, indem er zunächst die nach ihm benannte Stiftung gründete, die im ehemaligen Landwehrkasino am Bahnhof Zoologischer Garten untergebracht wurde. Von jenem Bahnhof verließ Newton, als Jude ständig von der Deportation bedroht, Anfang Dezember 1938 überstürzt Berlin und kehrte 65 Jahre später als weltberühmter Fotograf zurück. Seitdem bespielt die Helmut Newton Stiftung gemeinsam mit der Kunstbibliothek das historische Gebäude, unter dem Namen Museum für Fotografie. Seit 2021 ist das Gesamtwerk von Helmut Newton und Alice Springs sowie alle Archivalien im Stiftungsarchiv untergebracht. Newton absolvierte von 1936 bis 1938 in Berlin-Charlottenburg eine Fotografenausbildung bei der legendären Fotografin Yva, der er in seinem späteren Werk in den drei Genres Mode, Porträt und Akt folgte. So werden in “The Berlin Show“ neben Newtons ikonischen und vielen unbekannten Berlin-Bildern, auch Aufnahmen seiner frühen Inspirations-quellen gezeigt.
Ebenfalls im Museum für Fotografie geht es vom 18. Oktober 2024 bis 27. April 2025 um „Max Ernst und die Fotografie“. Die Sonderausstellung präsentiert Werke der Staatlichen Museen zu Berlin und der Sammlung Würth. Ernst zählt zu den bedeutendsten Künstlern des Dadaismus und Surrealismus, der in seinen grenzüberschreitenden Arbeiten das Alltägliche verfremdet und Traum und Wirklichkeit verbindet. Dabei hat er immer wieder mit künstlerischen Konventionen gebrochen und mit neuen Techniken experimentiert. Ein Fotograf war er jedoch nicht. Die Sonderausstellung begibt sich erstmals auf die Suche nach Berührungspunkten zwischen seinem Werk und der Fotografie. Diese können unmittelbar, wie in den Foto-Collagen sein, oft jedoch sind sie indirekt und dienen der Verschleierung.
In der Ausstellungshalle des Kulturforums wird vom 14. November 2024 bis 16. März 2025 „Rico Puhlmann – Berlin / New
York. Mode – Beauty – Porträts“ zu sehen sein.
Rico Puhlmann (1934-1996) zählte international zu den renommiertesten Modefotografen; er prägte das Modebild seiner Zeit. Gestartet als gefragter Kinderdarsteller beim Film, fand Puhlmann seinen Einstieg in die Branche der Modemagazine als Illustrator, bevor er erst in Berlin, dann von New York aus Covermotive und Editorials für die weltweit auflagenstärksten Modejournale schuf. Ein tödlicher Flugzeugabsturz beendete abrupt seine Karriere. Seine Fotografien dokumentieren über vier Dekaden zentrale Themen der Modegeschichte: Modetrends wie der legendäre Berliner Chic der Nachkriegszeit oder die New Yorker Sports- und Streetwear der 70er und sich damit ändernde Dresscodes, die Entwicklung im Selbstverständnis des Model-Berufs, ein sich wandelndes Frauen- und Männerbild, die Verbreitung von Schönheitsidealen, welche Diversität nicht repräsentierten, sowie Akteure und Selektionsmechanismen, die bei der Aufnahme der Bilder in auflagenstarke Magazine und damit ins kollektive Gedächtnis federführend waren.
Im Kulturforum der Neue Nationalgalerie wird „Nan Goldin. This Will Not End Well“ vom 23. November 2024 bis 16. Februar 2025 in der oberen Halle gezeigt. Sechs Räume präsentieren ihre Werke in Form von Diashows und Filmprojektionen, die mit Ton und Musik unterlegt sind. Goldins Werke erzählen Geschichten über Liebe, Intimität, Sucht und Verlust. Mit teils zärtlichen Momentaufnahmen von Intimität und Beziehungen, Alltag, wilden Partys und dem Kampf zwischen Sucht und Unabhängigkeit prägt Goldin Wahrnehmung ihrer Zeit bis heute. Durch den Fokus auf Diashows und Videoinstallationen geht die Ausstellung zurück zu den Wurzeln von Goldins künstlerischer Praxis. Die Diashows versteht Goldin, die immer Filmemacherin sein wollte, als Filmstills. „This Will Not End Well“ greift damit erstmals Goldins ursprüngliche Vision auf, wie Betrachter ihre Kunst erleben sollten.
Im Museum für Fotografie folgt vom 28. November 2024 bis Mai 2025 schließlich die Sonderausstellung „Polaroids“ der Helmut Newton Stiftung. Das Polaroid-Verfahren hat die Fotografie revolutioniert. Auch Helmut Newton liebte es, mit der Polaroid-Kamera zu fotografieren. Er hat die Technik seit den 1970ern intensiv genutzt, insbesondere während der Shootings für seine Modeaufträge. Dahinter stand, wie er es selbst einmal nannte, das ungeduldige Verlangen, sofort wissen zu wollen, wie die Situation als Bild aussieht. Und so werden die Polaroids von Newton in dieser Gruppenausstellung durch Werke zahlreicher Kollegen ergänzt, u.a. in Kooperation mit Westlicht/Ostlicht, Wien. Im Stiftungsarchiv befinden sich Tausende von Polaroids, die Newton von den 1970ern bis zu seinem Tod aufnahm – daraus wird eine völlig neue Auswahl getroffen, die die erste Polaroid-Präsentation im Jahr 2012 sinnvoll ergänzt.