In drei Städten sind aktuell ausgewählte Arbeiten des Fotografen Peter Keetmans zu sehen, dessen Nachlass von der Stiftung F.C. Gundlach verwaltet wird.
Peter Keetman gehörte Ende der 1940er Jahre zu den jungen Wilden der Gruppe fotoform, die, inspiriert von den Experimenten der Vorkriegsavantgarde, darin bestrebt waren, eine neue Sprache der Fotografie zu entwickeln. Charakteristisch für sie war die formale Reduktion sowie die gestalterische Kraft des Lichts, die von der Subjektivität individueller Welterfahrung ergänzt wurde. Heute steht Peter Keetman neben Otto Steinert und den anderen Mitgliedern von fotoform vor allem für den progressiven Aufbruch innerhalb des Mediums der Fotografie.
Noch bin zum 25. Juni 2023 zeigt das Kunstmuseum Wolfsburg die Ausstellung „Peter Keetman – 70 Jahre Volkswagenwerk 1953“. Für die Serie, die vor siebzig Jahren im Volkswagenwerk Wolfsburg entstanden ist, kam dem noch jungen Keetman der Zufall zu Hilfe: „Ich war damals mit einem Gebrauchsgraphiker befreundet, der mir eines Tages sagte, daß er zu VW fahren möchte, um dort eventuell einen Auftrag für eine VW-Werbung zu bekommen. Ich bat ihn, mitfahren zu dürfen, in der Hoffnung, dass ich von der Produktion des Käfers etwas fotografieren durfte. Seitens des VW-Werkes wurde mir jede Unterstützung zuteil – ich durfte mich im Werk nach freiem Ermessen umschauen. Auch wurde mir ein junger Mann aus dem Werk beigesellt, der mir dann sehr hilfreich war. Ich hatte nur eine Rolleiflex, Filme und ein Stativ, und keinerlei Beleuchtung, keinen Blitz etc. Alles konnte ich nur mit dem natürlichen Tageslicht aufnehmen, aber ich war so glücklich und so dankbar, dass man mir seitens des Werkes so großzügig entgegengekommen war.“
Die insgesamt 60 Aufnahmen zeigen sowohl verschiedene Blickwinkel aus der Werkhalle als auch stark abstrahierte Detail- und Nahansichten und gelten damit heute fernab von herkömmlicher Industriefotografie als wahre Ikonen der subjektiven Fotografie. In ihnen kommt deutlich Keetmans gestalterischer Wille zum Vorschein, seine Fähigkeit, potentielle Motive in Linien, Flächen und Strukturen aufzulösen.
„Keetman und Alfredo Sarabia jun. in The Round House“ ist noch bis 10. Juli 2023 in der Galerie noir blanche in Düsseldorf zu sehen. Auch dort hängen Keetmans eindrucksvoll inszenierten Aufnahmen der unterschiedlichen Autoteile und Karosserien neben den Arbeiten von Alfredo Sarabia jun., einem aufstrebenden Fotografen aus Kuba, der in seiner Werkserie seinen alten VW-Käfer als Familienkutsche mit Kindern inszeniert.
Die Ausstellung konfrontiert diese zwei konträr zueinander stehenden stilistischen Positionen unmittelbar miteinander. Als offenbar einziges Bindeglied fungiert hier, wie sollte es anders sein, der legendäre VW-Käfer.
Vom 10. Juni bis 9. September 2023 präsentiert die Pariser Galerie Les Douches außerdem die sorgsam kuratierte Ausstellung Les formes de l’eau (Die Formen des Wassers).
Abseits der meisterhaften Ablichtung industriell-technischer Strukturen widmete sich Peter Keetman mit Vorliebe auch der Wiedergabe von Natur in all ihren Erscheinungsformen. Ein oft wiederkehrendes Motiv ist dabei das Wasser, das sich als Sujet wie ein roter Faden durch sein gesamtes Werk zieht.
Mit der Faszination für die wandelbare Form dieses flüssigen Elements, sein fotogenes Erscheinungsbild sowie seine Eigenschaft, Licht einzufangen und zu reflektieren, war Keetman nicht allein.
Spiegelnde Tropfen ist nicht nur eines von Keetmans berühmtesten Motiven, sondern gibt zudem auch seine fotografische Position zum Thema Wasser effektvoll wieder.
Ergänzt von Arbeiten namenhafter Fotografen und Fotografinnen wie Bernice Abbott, André Kertész, Pierre Boucher, Roger Catherineau, Harold Edgerton, Emeric Feher, Jean-Claude Gautrand, Joseph Jachna, Pierre Jamet, Sid Kaplan, Francois Kollar, Bogdan Konopka, Rainer Leitzgen, Dora Maar, Daniel Masclet, Ray K. Metzker, Elfriede Stegemeyer, André Steiner, Claude Tolmer, Raoul Ubac, Willy Zielke und René Zuber lädt die Schau dazu ein, wortwörtlich in die mannigfaltige Gestaltungskraft der Fotografie einzutauchen.
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Foto oben: Peter Keetman „Eisstadion“, München 1958