C/O Berlin präsentiert vom 13. Mai bis 7. September 2023 die Ausstellung „Daido Moriyama . Retrospective“. Unterteilt in zwei Schaffensphasen präsentiert die Retrospektive sowohl seine frühen Serien für japanische Zeitschriften und die Auseinandersetzung mit fotografischem Realismus, wie auch Arbeiten, die nach einer kreativen Schaffenskrise Moriyamas seit den 1980er Jahren entstanden sind.
Daido Moriyama (*1938, Osaka) hat im Laufe seiner 60-jährigen Karriere die Art und Weise, wie wir Fotografie sehen, maßgeblich verändert. Mit seiner Kamera hat er nicht nur seine direkte Umgebung dokumentiert und eine künstlerische Gesellschaftsanalyse des Nachkriegsjapans geschaffen, sondern auch das fotografische Medium selbst befragt. Seine unverkennbare Bildsprache ist ebenso legendär wie seine zahlreichen Publikationen, die in seinem Werk einen zentralen Stellenwert einnehmen. Daher präsentiert die Retrospektive bei C/O Berlin neben rund 250 Arbeiten und raumgreifenden Bildinstallationen auch Dutzende noch nie zuvor ausgestellter Fotobücher und Magazine von einem der originellsten und einflussreichsten Künstler und Straßenfotografen der Gegenwart.
Massenmedien und Werbung, gesellschaftliche Tabus oder schlichtweg die Theatralität des Alltags – Daido Moriyamas fotografische Themen haben Betrachter seit jeher in ihren Bann gezogen. Pointiert hat er das Aufeinanderprallen von japanischer Tradition und beschleunigter Verwestlichung in Folge der amerikanischen Militärbesetzung Japans nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges kommentiert.
Inspiriert durch US-amerikanische Künstler wie Andy Warhol und William Klein sezierte er die aufkommende japanische Konsumgesellschaft mit Messerschärfe und thematisierte darüber hinaus die Reproduzierbarkeit von Bildern, ihre Verbreitung und ihren Konsum. Immer wieder hat Moriyama auch sein eigenes Bildarchiv in neue Zusammenhänge gesetzt und mit Vergrößerungen, Fragmentierungen und Bildauflösungen experimentiert. Bis heute gelten sein künstlerischer Pioniergeist und die visuelle Intensität als wegweisend.
Seine avantgardistischen Arbeiten etablierten seine einzigartige Ästhetik: unscharfe und körnige Schwarzweißfotografien mit ungewöhnlichen Bildbeschnitten, die unter der Maxime „are, bure, boke“ (körnig, verwackelt, aus dem Fokus) stilprägend für eine ganze Generation wurden. In seinen späteren Arbeiten erforscht er das Wesen der Fotografie und sich selbst, indem er eine visuell-lyrische Reflexion über Realität, Erinnerung und Städte entwickelte, die durch ihre konzeptuelle Tiefe überzeugt.
„Daido Moriyama . Retrospective“ basiert auf einer dreijährigen Recherche und ist somit eine der umfangreichsten Ausstellungen zu dem Werk des japanischen Fotokünstlers, die je zusammengestellt wurde. Sie wird vom Instituto Moreira Salles in Zusammenarbeit mit der Daido Moriyama Photo Foundation organisiert. C/O Berlin zeigt sie als zweite Institution weltweit und erste Station in Europa.
Kuratiert von Thyago Nogueira, Instituto Moreira Salles, in Zusammenarbeit mit Sophia Greiff, C/O Berlin Foundation. Eine ausstellungsbegleitende Monographie erscheint im Prestel Verlag.
Daido Moriyama wurde 1938 in Ikeda in Osaka geboren. 1961 zog er nach Tokio, wo er als freiberuflicher Fotograf für verschiedene japanische Zeitschriften, wie Asahi Camera, Camera Mainichi und später Shashin Jidai. 1969 wurde Moriyama Teil des einflussreichen Magazins Provoke. In den folgenden Jahrzehnten veröffentlichte er mehr als 100 Bücher, darunter das viel beachtete A Hunter (1972), das experimentelle Farewell Photography (1972), das selbstreflexive Light and Shadow (1982) und Monografien, die besonderen Orten wie Shinjuku (2002) und Hokkaido (2008) gewidmet sind. Mit seiner Retrospektive Stray Dog im SFMoMA im Jahr 1999 erlangte er große internationale Anerkennung. Außerdem erhielt er zahlreiche Preise, darunter den der Hasselblad-Stiftung (2018).