Die Münchner Galerie arToxin* zeigt vom 10. Juni bis 8. Juli 2021 die Ausstellung „Made in Japan“ mit Fotografien von Michael Nischke.
Die auch in Japan kontrovers diskutierten Olympischen Sommerspiele 2021 in Tokyo finden trotz weltweiter Pandemie statt – wenn auch mit extremen Einschränkungen. Die Ausrichtung in Japan beflügelt in jüngster Zeit das wiedererstarkte Interesse an Design, Kunst und Mode des immer wieder sehr fremd wirkenden Staates. Und so läßt uns Michael Nischke mit seinen Fotografien eintauchen in eine facettenreiche Welt voller Überraschungen.
Er besuchte Japan 2017 und 2019 und eröffnete in Tokyo zwei seiner Fotoausstellungen. Glücklicherweise geschah dies während der Kirschblüte, so konnte er mit ausdrucksstarken Momentaufnahmen die besondere Atmosphäre in Tokyo, Kyoto und Hakone mit Farbfotografien festhalten. Der Film „Kirschblüten-Hanami“ von Doris Dörrie inspirierte ihn zu den teils ruhigen, teils dynamischen Fotowerken, die er einfing. Erst im Zusammenspiel der unterschiedlichen Motive zeigen sich die großen Gegensätze einer Gesellschaft zwischen tief empfundener Tradition und Naturliebe auf der einen Seite und einer Modernität auf der anderen, die teilweise in die Jahre gekommen zu sein scheint.
Wenn Ende März und Anfang April in Japan die Kirschblüte (sakura) ihren spektakulären Höhepunkt erreicht, erlebt der Besucher ein Volk in Hochstimmung. Über den zeitlichen und geografischen Verlauf der lokal etwa zehn Tage dauernden Blüte wird bereits im Vorfeld umfassend in den Medien berichtet. Nach längerer Zeit des Reifens und sehr kurzer Zeit des Blühens erreicht das Blütenmeer in den unzähligen Parks, auf Straßen und auf dem Land den Moment vollendeter Schönheit.
Der Begriff „O-Hanami“ bezeichnet dabei die japanische Tradition die Blüten zu betrachten und mit speziellen Festen zu feiern. Vor allem die Aspekte der besonderen Schönheit der japanischen Kirschblüte aber auch die Vergänglichkeit spielen dabei eine große Rolle. In den vielen Parks versammeln sich nun Freunde, Kollegen sowie Familien und zelebrieren die weiße bis hellrosa gefärbte Blütenpracht.
Als Kontrast dazu stehen die Bilder der Megacity Tokyo, welche die ehemalige „Übermorgenstadt“ eher entschleunigt wirken lassen. Die sich abwechselnden Wirtschaftskrisen und die vielerorts sichtbare Überalterung der Gesellschaft zeigen ihre Spuren deutlich. Der Glanz des Wirtschaftsbooms scheint verblasst – fast so, als halte eine durch jüngste Naturkatastrophen zusätzlich sehr geprüfte Region den Atem an.
Die Arbeiten ziehen durch grafische Formen, Kontraste, Schattenrisse und formale Strukturen den Blick an, mehr inspiriert durch kalligrafische Arbeiten und traditionelle Holzschnitte als durch visionäre Baukonzepte. Reduktion statt optischer Opulenz also – ganz im Sinne vieler japanischer Fotografen – kennzeichnet die Werke. Und die japanische Kunst des selektiven Betrachtens macht Michael Nischke sich zueigen und zeigt in seinen von einer klaren Alltagsästhetik geprägten Bildern das heutige von Widersprüchen geprägte Japan.
Michael Nischke (*1956 in Berlin-Schmargendorf) kam während seiner Schulzeit in Oslo (Norwegen) zur Fotografie. Er absolvierte später das Fotostudium in Köln und assistierte in den Jahren 1983 bis 1986 Prof. Heinrich Riebesehl. Neben seiner praktischen, fotografischen Arbeit verfasste er eine Vielzahl von renommierten und mit Preisen ausgezeichneten Fachbücher. Er gilt als einer der Protagonisten der Panorama-Fotografie in Deutschland und ist zudem berufenes Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Photographie (DGPh).
*Galerie arToxin, Angelika Donhärl & Gottfried Düren GbR, Kirchenstraße 23, 81675 München
Fotos: Michael Nischke
https://www.instagram.com/nischkemichael/