Ab sofort hängt an der Oper Köln am Offenbachplatz eine Corona-gerechte Außen-Ausstellung: Vor Beginn der Sanierungsarbeiten 2012 fotografierte die Kölner Künstlerin Anja Schlamann in den Innenräumen des Operngebäudes.
In ihrem Projekt ENCANTO tritt die letzte verbleibende Tänzerin Carmen von der Bühne ab und tänzelt durch das gesamte, unsanierte Operngebäude der 50er Jahre.
Acht Jahre später kehrt sie zurück, tänzelnd, auf die Bauzäune rund um das Operngebäude.
Anja Schlamann: „Opernhäuser sind seit jeher Orte einer Kunstwelt. Hier werden Zuschauer verzaubert. Diese artifizielle, ohne auf Widerspiegelung der Wirklichkeit bedachte Fantasiewelt, lässt immer wieder individuelle Vorstellungsbilder entstehen und bietet Raum für neue Inszenierungen.“
Die Fotografin zeigt in ihrer Serie fragmentarisch repräsentative Bereiche ebenso wie der Öffentlichkeit verborgene Räume hinter der Bühne. Lakonisch und voller Details lassen sie Spuren eines 60-jährigen Theaterlebens erkennen.
Der nüchterne Blick auf die Räume erhält durch die überraschend wiederkehrende Präsenz der Figur Carmen eine momenthafte Ebene. Sie zeigt sich fließend und transparent, voller emotionalem Reichtum und Zauber. Über diese theatralisch gespielte Rolle wird der Blick des Betrachters in die Seele der Räume geleitet: Carmen als Spielerin, Zauberin, Botschafterin und Mittlerin zwischen den Welten. Es ist wie eine Inszenierung außerhalb der Bühne, in der sich die Kunstwelt Oper in einem bislang unerhörten, klanglosen Urzustand entfaltet als erzähle sie ihre eigene Geschichte.
Die Fotografin ist dabei Regisseurin und Schauspielerin in einer Person. Sie inszeniert das wechselseitige Spiel um den Blick zwischen Zuschauer und Schauspielerin. Der wunderbar geheimnisvolle Auftritt im Opernhaus wird so zu einem eigenständigen Bild modelliert.
Das Buch „ENCANTO“ ist im Kehrer Verlag erschienen (ISBN 978-3-86828-489-8) und wird von der Künstlerin handsigniert verschickt.
Fotos: ENCANTO, Oper Köln, Anja Schlamann, 2012