Die DZ BANK Kunstsammlung zeigt, was Kooperationen in der Kunst hervorbringen können. Die Ausstellung WIN-WIN. SYNERGIEN IN DER KUNST im ART FOYER der DZ BANK zeigt vom 2. September 2020 bis 13. Februar 2021 elf fotografische, teils mehrteilige Werke sowie eine Video-, eine Sound- und zwei raumgreifende Installationen, denen verschiedene Formen der Kooperation zugrunde liegen.
Hände waschen, Abstand halten, Maske tragen: Getreu dem Motto „Ich schütze dich, indem ich mich schütze“ führt uns die aktuelle Krise den Mehrwert von Kooperationen drastisch vor Augen. Kooperationen lohnen sich aber nicht nur in Krisenzeiten. Unterschiedliche Perspektiven fördern kreative Lösungen. So ist es nicht verwunderlich, dass gerade Künstler immer wieder die Zusammenarbeit mit anderen Experten suchen. Dabei fordert Kooperation auch „Opfer“: Wenn zwei oder mehr sich zusammentun, entstehen fast zwangsläufig Konflikte. Nur wenn die Konfliktparteien bereit sind, sich mit der Position ihres Gegenübers zu befassen, entstehen alternative Denkmuster und im besten Fall etwas komplett Neues. Diese Idee bezieht auch den Betrachter mit ein, sofern sich dieser offen und unvoreingenommen den Kunstwerken zuwendet. Das Ergebnis: eine klassische Win-Win-Situation.
Präsentiert werden Arbeiten von David Claerbout, Jochen Gerz, Beate Gütschow, Jochem Hendricks, Sven Johne, Sara-Lena Maierhofer, Andreas Mühe, Helena Petersen und Adrian Sauer.
Für seine fotografische Soundinstallation hat Adrian Sauer (*1976, Berlin, DDR) „Fotografieren ist“ bei Google eingegeben und diese Aussage von der Suchmaschine zu vielen einzelnen Sätzen vervollständigen lassen. Jeden dieser Sätze hat er verändert, indem er die Aussage ins Negative verkehrt hat. Anschließend ließ er den Text, der einem Gedicht gleicht, von den Schauspielern Charlotte Puder und Felix Preißler vertonen. Die verneinten Inhalte regen den Zuhörer an, die vermeintlichen Thesen zu hinterfragen.
In David Claerbouts (*1969, Kortrijk, Belgien) Animation „Highway Wreck“, 2013, eröffnet sich dem Betrachter eine Szene, die ebenfalls die Imagination befeuert. Das Bild, das Claerbouts in einem Buch über zivile Bauten des Dritten Reichs gefunden hat, zeigt einen jungen Mann in Uniform und zwei Jungen, die ein scheinbar liegen gebliebenes Auto am Straßenrand begutachten. Die rechte Tür steht weit offen, als hätte jemand das Fahrzeug in Eile verlassen.
Leerstellen oder Lücken zu füllen, war auch Beate Gütschows Antritt (*1970, Mainz) in ihrer Serie „Z“, 2015/2016. Darin kombiniert die Künstlerin computeranimierte Zeichnungen geschichtsträchtiger und zum Teil zerstörter Bauten mit fotografischen Fragmenten, die sie selbst aufgenommen hat.
Für sein Tableau „25/05/1973, Banküberfall 1, Neu Isenburg“ hat Jochem Hendricks (*1959, Schlüchtern) fotografische Serien und Filme aus einem Polizeiarchiv zusammengestellt, die die Ereignisse während der Studentenbewegung und Aktionen der RAF dokumentieren. Die einzelnen Aufnahmen ließ er von Magdalena Kopp, Mitbegründerin und aktives Mitglied der Revolutionären Zelle sowie Ex-Frau des Terroristen Ilich Ramírez Sánchez (Carlos), als Silbergelatineabzüge neu entwickeln.
In seiner Werkgruppe „Mischpoche“, 2019, hat Andreas Mühe (*1979, Karl-Max-Stadt, DDR) seine Familienmitglieder in Anlehnung an ein klassisches Familienporträt in unterschiedlichen Konstellationen auf einer Bühne inszeniert. Um die verstorbenen Protagonisten mit ins Bild setzen zu können, ließ er sie – in Zusammenarbeit mit unterschiedlichen Gewerken wie etwa dem Porzellanhersteller Rosenthal – als lebensgroße Figuren nacharbeiten und konfrontiert so die Lebenden mit den Toten.
Für ihre Installation „Cinis I Pompeji“, 2014-2018, hat sich Helena Petersen (*1987, München) mit dem Vulkanologen Corrado Cimarelli zusammengetan. Gemeinsam haben sie Vulkanasche aus Pompeji erhitzt und diese damit in den Ursprungszustand versetzt, der 79 n.Chr. den Tod der Stadtbewohner von jetzt auf gleich herbeigeführt hat. Dabei ist ein Glas-Diapositiv entstanden, das, wenn man es an die Wand projiziert, eben diesen Zeitpunkt wieder ins Leben ruft.
Ein klares „Nein“ zur Kooperation gibt es von den Protagonisten in Sven Johnes (*1976, Bergen auf Rügen) mehrteiliger Fotoarbeit „Anomalien des frühen 21. Jahrhunderts / Einige Fallbespiele“, 2015. Darin kombiniert er Porträts von mehr oder weniger bekannten Gesichtern mit Geschichten über Widerstand, den jeder einzelne von ihnen auf seine Art leistet. Die Texte hat Johne gemeinsam mit dem Autor Sebastian Orlac verfasst.
In ihrer Serie „Kabinette“, 2018, beschäftigt sich Sara-Lena Maierhofer (*1982, Freudenstadt) mit Maßnahmen der Dekolonisation in Deutschland, beispielsweise in völkerkundlichen Museen. Mit ihren baukastenartigen „Foto-Skulpturen“ schafft sie „Echoräume“, in denen etwas an- und nachklingt.
Für seine 48-teilige Serie „Die Zeugen von Cahors“, 1998, hat Jochen Gerz (*1940, Berlin) ältere Einwohnerinnen der französischen Kleinstadt kurz vor der Verurteilung des französischen Politikers Maurice Papon interviewt. Papon war während des Zweiten Weltkrieges für die Deportation von Juden verantwortlich gewesen. Die Schwarzweiß-Porträts der Frauen kombiniert Gerz mit ihren Zitaten und verdichtet diese eindringlich zum Mahnmal.
Foto Oben: Jochem Hendricks, 25/05/1973, Banküberfall, Neu-Isenburg, 1973/2011