Zum Auftakt des 50-jährigen Bestehens der Galerie Rüdiger Schöttle sind in einer Ausstellung der chinesische Künstler Chen Wei sowie Thomas Ruff zu sehen. Beide Künstler sind der Galerie schon lange verbunden. So wurde Chen Wei im Jahr 2010 erstmals in Deutschland bei Rüdiger Schöttle gezeigt, Thomas Ruff ist hatte 1981 das erste Mal eine Ausstellung bei Schöttle.
Die Werke der neuen Ausstellung Falling Light von Chen Wei vereinen Motive und Schwerpunkte aus den letzten Jahren aus dem Schaffen des Künstlers und entwickeln diese weiter: Menschenleere urbane Räume, bühnenhafte Settings mit starken Lichteffekten, nasser Untergrund, vereinzelte Personnagen oder deren Hände in isolierten Szenen, symbolisch aufgeladene Elemente wie funkelnde Münzen. In der Arbeit Two Lights sind zwei Ringe um einen Zeige- und Mittelfinger befestigt, die mit kleinen Leuchtapplikationen in weißem und blauem Licht versehen sind. Welche Funktion haben die leuchtenden Ringaufsätze? Wo landen unsere Körperdaten in einem solchen Fall? Chen Wei gibt uns Fragen über unsere hochtechnisierte Welt mit auf den Weg, so wie auch in Mike, wo eine männliche, im Hell-Dunkel anonym gehaltente Figur auf dem Screen eines Smartphones herumtippt.
Chen Wei wurde 1980 in der Provinz Zhejiang in China geboren. Er lebt und arbeitet in Peking. 2017 hatte er eine Einzelausstellung im Centre for Contemporary Photography in Melbourne, 2016 in der JNBY Foundation in Hangzhou, 2015 war sein Werk ist in der Gruppenausstellung Zeitgenössische chinesische Fotografie am Museum Folkwang in Essen zu sehen sowie in einer Einzelausstellung am K11 Art Space in Shanghai. Arbeiten von Chen Wei sind in zahlreichen internationalen Sammlungen vertreten.
Seit 2014 arbeitet Thomas Ruff an seiner Serie Negative, in der er die typischen Sepiatöne historischer Fotografien in Cyantöne umwandelt und damit nicht nur an frühe Cyanotypien erinnert, sondern in erst Linie das Positiv zum Negativ werden lässt und damit das Mittel zum Zweck, die Vorform der endgültigen Fotografie zur Kunstform erhebt. Innerhalb dieser Serie ist ein neuer Zyklus mit dem Titel neg◊lapresmidi entstanden, der in dieser Ausstellung in seinem Zusammenhang gezeigt wird. In einer Abfolge von 24 Fotografien folgt Thomas Ruff den Spuren der Tanzlegende Vaslav Nijinsky (1889-1950). Nijinsky war ein virtuoser Tänzer von Weltruhm, der durch seine Sprünge scheinbar die Schwerkraft zu überwinden schien. Das von ihm choreographierte Ballett L’Après-midi d’un faune nach der Musik Claude Debussys.
Überliefert ist das Ballet Nijinskis durch die Aufnahmen von Baron Adolphe de Meyer, einem Pionier der Fotografie, dem es in diesen Fotografien erstmals gelang die Bewegung und Choreografie des Tanzes miteinzufangen. Basierend auf diesem historischen und fotogeschichtlich interessanten Quellenmaterial de Meyers schafft Thomas Ruff einen Zyklus, der nicht nur die einzelnen Sequenzen dieser einzigartigen Ballettaufführung wiederbelebt, sondern auch die außergewöhnliche Sinnlichkeit der Körper und ihrer Bewegungen auf geniale Weise erfasst. Durch die von Ruff vorgenommene Inversion werden Licht, Schatten und Bewegungen dramatisch gesteigert, in neuen Kompositionen mit veränderten Hell-Dunkel-Werten akzentuiert, wodurch völlig unterschiedliche Tiefen- und Seherlebnisse erzielt werden.
Die Ausstellung läuft vom 9. Februar bis 7. April 2018
Bild ganz oben: Thomas Ruff, neg◊lapresmidi 01, 2016, C-Print, 71 x 61 cm, © VG Bild-Kunst, Bonn 2018, courtesy Galerie Rüdiger Schöttle