Vom 17. September 2016 bis 29. Januar 2017 zeigt das schweizerische Fotomuseum Winterthur die Ausstellung „Jungjin Lee – Echo“ mit elf Werkgruppen der koreanischen Fotokünstlerin. Der berühmte Fotograf Robert Frank beschrieb Lees fragmentarisch poetischen Bildserien einmal als „landscapes without the human beast“ und bezog sich damit auf die fast vollständige Abwesenheit des Menschen im Werk von Jungjin Lee. Schon früh entwickelte Jungjin Lee den Wunsch, sich zwischen den Kulturen zu bewegen.
Verschiedene Reisen führten Jungjin Lee (*1961 Korea) Anfang der 1990er Jahre in die Weiten Amerikas, wo sie Wüsten, Felsen, Gestrüpp und Kakteen in archaischen Bildern festhält. Es folgten längere Aufenthalte und Reisen sowohl in Korea als auch in den Vereinigten Staaten. Mit Pagodas (1998) und Thing (2003–2006) entstanden zwei bedeutsame Werkreihen, in denen sie Objekte mithilfe von Schablonen sowie einer weichen und sehr präzise geführten Lichttechnik freistellte. So wird beispielsweise die nach oben sich verjüngende Pagode von fünf Geschossen aus Ziegelsteinen durch einen Kunstgriff Lees an ihrem Fundament gespiegelt. Mit Ocean (1999), On Road (2000–2001) und Wind (2004–2007) gelingen der Künstlerin eindringliche Fotografien, die eine fast meditative Gefasstheit ausstrahlen.
Aus ihrer asiatischen Herkunft und Erfahrung schöpfend, entwickelte Lee eine eigenständige Bildsprache, in der Sensibilität und Intuition im Vordergrund stehen. Im Liquid-Light-Verfahren trägt Lee mit grobem Pinsel flüssige, lichtempfindliche Emulsion auf handgeschöpftes koreanisches Reispapier auf. Anders als bei industriell gefertigten Fotopapieren brillieren ihre von Hand entwickelten Fotoabzüge nicht mit makellos verschlossenen Oberflächen, sondern lassen durch den unkontrollierbaren Prozess Unsauberkeiten sichtbar werden. Die analogen Abzüge mit bewusst zugelassenen Fehlstellen werden nicht als mangelhaft gesehen, sondern beschäftigen sich mit dem vermeintlichen Wahrheitsanspruch der Fotografie.
Begleitend zur Ausstellung erscheint eine Publikation im Spector Verlag, mit einer Einleitung von Thomas Seelig sowie Beiträgen von Lena Fritsch, Hester Keijser und Liz Wells.
Bild oben: Jungjin Lee aus Wind 2007 copyright Jungjin Lee
Bild links: Jungjin Lee aus On Road 2000 copyright Jungjin Lee
Bild rechts: Jungjin Lee aus Pagodas 1998 copyright Jungjin Lee