C/O Berlin zeigt noch bis zum 1. November Rudi Meisels „Landsleute 1977-1987. Two Germanys“. Der Steinert-Schüler hat erst aus der Distanz vieler Jahre gemerkt, dass seine Bilder aus West- und Ostdeutschland zusammengehören und eine spannende Ausstellung zusammengestellt.
Deutschland Ende der 1970er Jahre. Die Nachkriegszeit ist überwunden, das Wirtschaftswunder vollbracht und die Teilung in West und Ost endgültig vollzogen. Kapitalismus und Sozialismus prägen tief den Alltag der Deutschen, die Unterschiede zwischen den politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Systemen wachsen stetig. Divergente Gewohnheiten, Mentalitäten und Ideologien in beiden deutschen Staaten scheinen sich fest zu zementieren. Und doch ähneln sich BRD und DDR trotz Mauer und Stacheldraht in ihrer Kleinbürgerlichkeit, Uniformität, Architektur und ihrem Habitus ungemein. Biedere Behaglichkeit, unwirtliche Wohnsiedlungen, nachbarlicher Schwatz, bierselige Stammtische, jugendliche Rebellion, kurzweilige Volksfeste, baufällige Straßenzüge – der westdeutsche Fotograf Rudi Meisel hat über einen Zeitraum von elf Jahren das alltägliche Leben der kleinen Leute hüben wie drüben eingefangen. Seine bildjournalistischen Dokumente fügen sich zu einem zeitgeschichtlichen Archiv zusammen und irritieren und erstaunen ob der Similarität der Sujets. Rudi Meisel: „Mir ist erst aus der Distanz die Ähnlichkeit klar geworden. Es gab den gleichen Mief im Westen wie im Osten. Nur dass der West-Mief ein paar Chromstreifen hatte, herausgeputzt war.“
Foto: Schönhauser Allee Ecke Dimitroffstraße, Berlin-Prenzlauer Berg, 1984 © Rudi Meisel