Wenn der Erste Weltkrieg gemeinhin als „Materialschlacht“ bezeichnet wird, gilt dies längst nicht für das Waffen- und „Menschenmaterial“ allein, sondern genauso für die Bilderflut, die zwischen 1914 und 1918 produziert und in Umlauf gebracht wurde. Die Fotografie trat dabei in nie gekanntem Maß in Erscheinung, sei es als Stoff für Presse und Propaganda, zur privaten Erinnerung, in Form von Postkarten oder als Abbildung in Büchern. Auf vielfältigste Weise war sie integraler Bestandteil der Kriegsführung aller Länder. Kriegswichtig wurde sie in der Medizin bei der Behandlung von Verwundeten, in der Ballistik zur Prüfung der Waffen, vor allem aber als Instrument der Feind-aufklärung. Bekannt sind die Luftaufnahmen, die aus dem Flugzeug, von Fesselballons oder gar von mit kleinen Kameras ausgerüsteten Brieftauben gemacht wurden. Der Blick von oben abstrahierte die Landschaft und veränderte ebenso die Wahrnehmung des Krieges insgesamt. Die zunächst nur militärintern genutzten Aufnahmen fanden bald den Weg in die illustrierte Presse und in auflagenstarke Bildbände, wo sie gleichermaßen die Technisierung der Kriegsführung wie auch das ungeheure Ausmaß der Zerstörungen sichtbar machen konnten. Es wurden Bildstellen in den Presseabteilungen der Heere errichtet, zusätzlich arbeiteten − mit Erlaubnis der Zensurbehörden − professionelle Pressefotografen an der Front. Trotzdem reichten die gelieferten Aufnahmen nicht aus, um den immer größer werdenden Bilderhunger daheim zu befriedigen. Die Propaganda entwickelte eine Vielfalt von Strategien, um die Bildmächtigkeit der Fotografie zu nutzen.
Foto: Bild- und Filmamt: Von der Westfront, Der Kriegsphotograph im Felde, 1917/18, Zeitgeschichte, Stuttgart