ProfiFoto widmet sein SPEZIAL als Heft-im-Heft der aktuellen Ausgabe 1-2/23 dem Z-NIKKOR Objektiv Line-up. Aktuell gibt es rund 30 NIKKOR-Objektive, die ohne Adapter an den spiegellosen Nikon Kameras genutzt werden können.
Seit der Schweizer Profifotograf Stefan Forster im Herbst 2018 das Nikon Z-System für sich entdeckt hat, ist er von den Vorteilen des spiegellosen Systems überzeugt, vor allem, was die Objektive betrifft.
Zooms
Die Hälfte aller aktuellen Z-NIKKORE sind Zoom-Objektive für ganz unterschiedliche Einsatzzwecke. „Wenn man möglichst flexibel sein möchte, bieten diese Zoom-Objektive die beste Option. Der Mythos, dass variable Brennweiten zwingend eine schlechtere Qualität als Festbrennweitenobjektive aufweisen, ist längst passé“, so Profifotograf Stefan Forster.
Er weiß: „Ist ein Architekturfotograf klassisch eher weitwinklig unterwegs, beispielsweise mit dem Z 14-24 mm, finden die Tier- und Sportfotografen ihre Motive meist dank langer Telezooms wie dem Z 100-400 mm. Ein Reportagefotograf ist mit Standard-Zooms wie dem Z 24-70 mm f/2.8 gut bedient, und in der Reisefotografie, wo man mit einer möglichst kompakten Ausrüstung unterwegs sein möchte, bieten sich Z-NIKKORE wie das Z 24-120 mm oder das leichte Z 24-200 mm Zoom an. So gibt es also für alle Situationen das passende Nikon Objektiv.“
An den spiegellosen Nikon Kameras mit DX-Sensor, also zum Beispiel einer Z fc oder Z 50, können auch die Objektive für das größere FX-Sensorformat genutzt werden. Bei gleicher Brennweite ergibt sich dann ein 1,5-facher Verlängerungsfaktor.
Z-Mount
Der Durchmesser des klassischen F-Mounts der Nikon DLSRs beträgt 47 mm. Dieses Bajonett wurde Ende der 1950er Jahre mit der Nikon F Kamera eingeführt und blieb im Wesentlichen bis heute bestehen. Beim 2018 eingeführten spiegellosen Nikon Z-System wurde der Durchmesser auf 55 mm vergrößert – der größte Bajonett-Durchmesser aller Vollformatkameras.
Stefan Forster: „Der Vorteil eines großen Mount-Durchmessers ist, dass das Licht effektiver vom Objektiv auf den Sensor geleitet werden kann, so dass es bestmöglich telezentrisch auftrifft. So kommt mehr Licht im rechten Winkel auf dem Sensor an, was die Schärfeleistung und die Vignettierung am Bildrand sichtbar verbessert.
Aber nicht nur der Bajonett-Durchmesser wurde für das Z-System verbessert: Weil durch den Wegfall des klassischen Schwingspiegels Platz geschaffen werden konnte, verringerte sich das Auflagemaß um rund zwei Drittel. Während die Distanz zwischen dem Sensor und dem Anschluss des Objektives bei den Nikon Spiegelreflexkameras 46,5 mm misst, schrumpfte das Auflagemaß bei den spiegellosen Z-Modellen auf gerade noch 16 mm. Das ist aktuell das kürzeste Auflagemaß unter allen Vollformat-Systemkameras, wodurch Licht noch präziser auf den Sensor gelenkt werden kann.
Der größte Bajonettdurchmesser und das kürzeste Auflagemaß unter den aktuellen Vollformatkameras sind daher entscheidende konstruktive Vorteile der spiegellosen Nikon-Kameras gegenüber anderen Systemen. So kann noch mehr Licht noch präsiser vom Objektiv zum Sensor gelangen. „Zusammen mit den Z-NIKKOR Objektiven bringt das genau die Qualität, die ich in meinem Beruf benötige – zur Freude von mir und meinen Kunden!“, so Stefan Forster.
Glassorten
Als Nikon 1917 gegründet wurde, war das Kerngeschäft die Entwicklung und der Vertrieb von optischen Gläsern, welche anfangs vor allem für Mikroskope und Ferngläser eingesetzt wurden. Dank dieser über hundertjährigen Erfahrung werden Nikon Linsen heute überall dort eingesetzt, wo höchste optische Präzision entscheidend ist, zum Beispiel bei medizinischen Geräten oder in Wafern zur Mikrochip-Produktion.
In modernen NIKKOR-Objektiven sind unterschiedliche Glassorten in mehreren Linsengruppen untergebracht, die perfekt aufeinander abgestimmt sind. Die bekannteste Glassorte ist das legendäre Nikon ED- und Super ED-Glas. Diese Spezialgläser weisen eine stark reduzierte Streuung der Lichtstrahlen über das gesamte Spektrum auf und tragen wesentlich zu einer effektiven Korrektur von Farbfehlern bei. ED-Glas-Linsen ermöglichen eine bemerkenswert scharfe, kontrastreiche Abbildung, auch bei Offenblende und hoher Lichtstärke.
Eine andere Nikon-Innovation ist Fluoritglas, das bei einigen Objektiven der Z-NIKKOR S-Linie genutzt wird. Fluorit ist ein monokristallines optisches Material, das über eine hohe Lichtdurchlässigkeit sowohl im infraroten als auch im ultravioletten Bereich des Spektrums verfügt. Mit seinen hervorragenden anomalen Dispersionseigenschaften sorgt Fluorit dafür, dass das sekundäre Spektrum und die chromatische Aberration innerhalb des sichtbaren Lichtspektrums effektiv kompensiert werden, was sich bei längeren Brennweiten schwieriger gestaltet. Es ist auch erheblich leichter, als herkömmliches optisches Glas, und ermöglicht deshalb die Konstruktion leistungsstärkerer Objektive mit geringerem Gewicht.
Eine neue Glassorte sind die SR-Linsen, die speziell die kurzwelligen Lichtstrahlen kontrollieren und damit ebenfalls gezielt die chromatische Aberration mindern.
Linsen
Aber auch die Form der einzelnen Linsen ist entscheidend für die Bildqualität. Hier kommen gezielt asphärisch geschliffene Linsen zum Einsatz.
Bei asphärischen Linsen weist mindestens eine der Oberflächen eine von der Kugelform abweichende Oberfläche auf, die Koma und andere unerwünschte Effekte schon bei Offenblende reduziert. Die Linsen eignen sich insbesondere zur Korrektur der Verzeichnung von Weitwinkelobjektiven und ermöglichen leichtere, kompaktere Konstruktionen, da eine asphärische Linse mehrere herkömmliche (sphärische) Linsen ersetzen kann.
Bei einigen Superteles kommt außerdem eine Phasen-Fresnel-Linse zum Einsatz, wie man sie von Scheinwerfern kennt, in denen sie das Licht bündeln. Das AF-S NIKKOR 300 mm f/4 E PF ED war das erste Nikon-Objektiv, bei dem eine Phasen-Fresnel-Linse zum Einsatz kam. Beugungslinsen nach dem Phasen-Fresnel-Prinzip weisen eine Reihe konzentrischer Ringe auf. Jeder dieser Ringe fokussiert ein anderes Lichtspektrum und eine andere Lichtrichtung. Das Ergebnis sind deutlich leichtere und kompaktere Objektive mit herausragender optischer Leistung. So verfügt auch das 800 mm f/6.3 des Nikon Z-Systems über eine solche hochpräzise Speziallinse.
Vergütungen
Wenn ein Lichtstrahl von einem optischen Element in ein anderes übertritt, wird es aufgrund der Lichtbeugung beziehungsweise -brechung in unterschiedliche Wellenlängen aufgefächert, so wie bei Glasprismen, die Lichtstrahlen in ein regenbogenmäßiges Spektrum aufsplitten. Bei einem Objektiv sollen jedoch alle Lichtstrahlen punktgenau auf dem Sensor landen. Nur so sind eine perfekte Schärfe und knackige Kontraste gewährleistet. Hier helfen die speziell entwickelten Glassorten und auch der gezielte Einsatz von asphärischen Linsen. Zusätzlich kommen Vergütungen der Linsen zum Einsatz. Diese Beschichtungen verringern die Aufsplittung der Lichtsrahlen und sorgen gleichzeitig dafür, dass die Strahlen an der Linsenoberfläche nicht reflektiert werden und keine Geisterbilder entstehen.
Eine von Nikon entwickelte Beschichtung, die Reflexe an den Linsenoberflächen über einen großen Bereich des Lichtspektrums effektiv reduziert, ist die Nanokristallvergütung. Sie ist besonders wirksam gegen Geisterbilder, die durch rotes Licht hervorgerufen werden, und gegen Reflexe von Licht, das schräg auf die Linsenoberflächen trifft.
Eine weitere Spezialvergütung ist Nikons ARNEO-Vergütung. In Kombination mit der Nanokristallvergütung unterbindet die ARNEO-Beschichtung sehr effektiv die Spiegelung von senkrecht auf die Linse fallenden Lichtstrahlen. Dies ermöglicht die Aufnahme von Bildern mit herausragender Klarheit, selbst wenn sich eine Lichtquelle im Bildausschnitt befindet.
Das erste Mal im NIKKOR Z 400 mm 1:2.8 TC VR S (und jetzt auch im Z 600mm 1:4 TC VR S) eingesetzt, ist die Meso Amorphe Vergütung die aktuell effektivste Technologie gegen Geisterbilder und Flares. Eine spezielle Schutzbeschichtung ist die Fluorvergütung. Diese verändert die Oberflächenspannung der Frontlinse so, dass Wassertropfen und sogar Ölspritzer abperlen. So lässt sich die Frontlinse auch einfacher reinigen, sollte mal etwas Regen darauf getropft sein.
Stefan Forster: „Grundsätzlich sind alle Z-NIKKORE gegen ein paar Regentropfen abgedichtet, und manch einem Fotografen macht der Regen vielleicht mehr zu schaffen als seiner Ausrüstung.“
AF Antrieb
Wie bei den AF-S Objektiven für Spiegelreflexkameras ist bei allen Z-NIKKOREN (bis auf das manuelle Noct) der Autofokus-Motor im Objektiv verbaut. „Über die Kommunikationspins an Objektiv und Kamera erfährt das AF-Modul, in welche Richtung der Motor im Objektiv sich drehen soll. Das geht irrsinnig schnell und ist praktisch unhörbar“, so Forster.
Die Z-NIKKORE sind teilweise sogar mit zwei STM Schrittmotoren ausgestattet. Diese arbeiten extrem akkurat und können gleich zwei Linsen oder Linsengruppen zum Fokussieren unabhängig voneinander ansteuern. Stefan Forster: „Das macht die Fokussierung nicht nur schneller, sondern verbessert auch die Naheinstellgrenze des Objektives. Gerade bei Zoom-Objektiven und längeren Brennweiten ist das ein nicht zu unterschätzender Vorteil.“
Weil dank dieser superleisen Motoren die Fokusverstellung praktisch lautlos erfolgt, kann auch beim Filmen fokussiert werden, ohne dass dabei ein störendes Geräusch entsteht und mit aufgezeichnet wird.
Der Einsatz zweier AF-Motoren dient neben der Steigerung der Präzision und der Geschwindigkeit auch der effizienten Verminderung des sogenannten Focus Breathing. So nennt man das Phänomen, welches beim Verstellen der Schärfe bei gleichbleibendem Bildausschnitt die Größe der abgebildeten Objekte verändert. Stefan Forster: „Vor allem beim Filmen, oder wenn man später ein Focus-Stacking aus mehreren Aufnahmen machen möchte, ist dieser Effekt sehr störend. Bei den NIKKOR-Z-Objektiven konnte dank verschiedener, konstruktionsbedingter Faktoren das Focus Breathing auf ein Minimum reduziert werden“, so der Profi.
Konstruktives
NIKKORE, wie das Z 70-200 mm f/2.8, haben eine Innenfokussierung. „Das bedeutet einfach ausgedrückt, dass sich beim Fokussieren am Objektiv äußerlich nichts verändert. Das ist konstruktiv aufwändiger zu realisieren, bietet aber die Vorteile, dass das Objektiv beim Zoomen seine Größe nicht verändert und dass sich ein aufgesetzter Filter beim Fokussieren nicht dreht, was zum Beispiel bei einem Verlaufs- oder einem Polarisationsfilter wichtig ist“, so Stefan Forster. „Innenfokussierte Objektive kann man außerdem an eine Autoscheibe oder das Glas eines Aquariums halten.“
So genannte außenfokussierte Objektive sind zwar günstiger in der Entwicklung und Produktion, bieten aber nicht den gleichen Komfort wie jene mit Innenfokussierung.
Praxis-Tipps
Stefan Forster: „Egal für welches Objektiv man sich entscheidet: Wichtig ist, dass es einen bei seiner Arbeit unterstützt und man damit zu den gewünschten Resultaten kommt. Manchmal muss man dabei Kompromisse eingehen, zum Beispiel aufgrund der Größe des Objektivs oder vielleicht auch wegen des eigenen Budgets. Aber keine Angst: Mit einem Original NIKKOR-Z-Objektiv kann man nicht wirklich etwas falsch machen“. Aktuell ist die Z 9 die ständige Begleiterin des Fotografen: „Meine momentan unter anderem genutzten Objektive sind das Z 14-30 mm f/4.0 Ultraweitwinkel, das sehr leichte Z 24-70 mm f/4.0 und das
Z 100-400 mm f/4.5-5.6.“
S-Line
Die NIKKOR-Z-Objektive mit einem besonders hohen Qualitätsstandard erkennt man übrigens an der Zusatzbezeichnung S-Line. Diese Objektive sind nicht nur optisch hervorragend, sondern verfügen auch über besonders gute Abdichtungen und die entsprechenden Linsenvergütungen.
Stefan Forster: „Objektive ohne das „S“ an der Seite sind deswegen noch lange nicht schlecht. Geht man auf eine Klettertour, so ist das sehr leichte Z 14-30 mm f/4.0 Weitwinkel-Objektiv vielleicht besser geeignet, als das schwerere NIKKOR Z 14-24 mm mit Lichtstärke f/2.8. Wer gerne in der Dämmerung oder sonst bei wenig Licht fotografiert beziehungsweise Porträts mit möglichst kleiner Schärfentiefe macht, sollte lichtstarke Objektive ins Auge fassen. Bei den Zoom-Objektiven sind das die „Holy Trinity“ mit durchgehender maximaler Blendenöffnung von f/2.8: Z 14-24 mm f/2.8, Z 24-70 mm f/2.8 und Z 70-200 mm f/2.8. Oder, zum Beispiel für Porträts, das Z 85 mm f/1.8.“
Forster weiß aus der Praxis: „Wer vor allem in der Landschaft unterwegs ist, dem ist es vielleicht wichtiger, eine etwas leichtere Fototasche zu haben. Dann ist die Lichtstärke der Objektive eher zweitrangig und man kann sich bei der Objektivwahl auf die Brennweite konzentrieren. Das Z-NIKKOR 24-120 mm f/4 etwa ist extrem flexibel.“
Tatsächlich stehen das Gewicht und die Größe eines Objektives in den meisten Fällen im direkten Zusammenhang mit der maximalen Blendenöffnung: Ein lichtstarkes Objektiv benötigt in der Regel größere und damit auch schwerere Linsen. „Das 58 mm NOCT mit seiner extremen Lichtstärke von f/0.95 wiegt stolze zwei Kilo, während das neue Z 28-75 mm f/2.8 nur ein Viertel davon wiegt“, so Stefan Forster. „Oder nehmen wir das Standard-Zoom Z 24-70 mm f/4.0, das nur 500 Gramm wiegt und dabei sehr kompakt ist. Sein lichtstärkeres Pendant, das Z 24-70 mm f/2.8, bietet mehr Lichtstärke, eine etwas höhere Abbildungsleistung, eine LCD-Anzeige und Funktionstasten – wiegt aber rund 800 Gramm. Und das beste Objektiv ist immer das, was man dabei hat.“