Zwar ermöglichen die Adapter des EOS R Systems die volle Kompatibilität der spiegellosen Vollformatkameras mit dem gesamten Angebot an Canon EF und EF-S Objektiven, es gibt aber eine ganze Reihe guter Gründe für den Wechsel zu RF-Objektiven.
Das Herzstück des spiegellosen EOS R Vollformat-Systems ist das RF Bajonett, das in Sachen Optik, Mechanik und Elektronik die Basis für ein innovatives Objektivdesign bietet. „Die Entwicklung des EOS R-Systems begann mit der Frage unserer Ingenieure: ‚Was wollen wir in Bezug auf Optik erreichen? Was hält die Zukunft für Canon Objektive bereit?‘“, erklärt Mike Burnhill, European Technical Support Manager bei Canon Europe. Dank des großen Durchmessers und des kürzeren Auflagemaßes können die Canon RF Objektive nicht nur lichtstärker konstruiert werden, zusätzlich hat sich auch die Elektronik im Vergleich zu EF und EF-S Objektiven weiterentwickelt: Im Vergleich zum 8-poligen EF-Bajonett ermöglicht
der 12-polige Anschluss des RF-Bajonetts eine verbesserte Kommunikationsleistung zwischen Objektiv und Kamera, wodurch zum Beispiel ein reaktionsschnellerer Autofokus und digitale Objektivoptimierung in Echtzeit (DLO) möglich sind. Zusätzlich profitiert die in ausgewählten EOS R Kameras integrierte Bildstabilisierung (IBIS), die mit einem RF-Objektiv eine bis zu 8-stufige Kompensationsleistung bietet, und das selbst mit Nicht-IS-Objektiven.
Bei der Entwicklung der RF-Objektive standen von Anfang an aber auch die Bedürfnisse von Video- und Filmemachern im Mittelpunkt. Mike Burnhill: „Einer der Vorteile ist, dass wir den „Focus Breathing“-Effekt elektronisch unterdrücken können, um zu verhindern, dass sich der Bildwinkel bei der Fokussierung verschiebt. Nano-USMs und schwebende Fokusgruppen lösen das Problem ohne aufwändige Mechanik, so dass das Objektivdesign sehr kompakt bleiben kann.“
Die kompakten und leisen Nano USM- oder Dual Nano USM Antriebseinheiten können auch mit den vergleichsweise schwereren Fokusgruppen der großen optischen Elemente lichtstarker RF-Objektive umgehen, so dass auch hier keine Abstriche im Hinblick auf die Autofokusgeschwindigkeit und Präzision gemacht werden müssen. Die STM-AF-Antriebseinheit, die in einigen RF-Objektiven verwendet wird, sorgt für eine besonders gleichmäßige, nahezu geräuschlose Fokussierung, was im Videomodus ein echter Vorteil bei der Audioaufzeichnung mit einem an der Kamera montierten Mikrofon ist.
Für die manuelle Fokussierung verwenden RF-Objektive im Übrigen ein „Focus-by-Wire“-System. „Elektronisch gesteuerte, manuelle Fokussiersysteme haben in der Regel eine leichte Verzögerung zwischen der Drehung des Fokusrings und der Fokusanpassung“, so Mike Burnhill. „Wenn Sie ein Filmemacher sind, wollen Sie keinesfalls beim manuellen Fokussieren den Fokus am Motiv vorbeiziehen und dann den Ring in die entgegengesetzte Richtung drehen müssen, um das Bild wieder scharfzustellen. Das ist nicht schön, wenn man das im Video sieht. Mit dem „Focus-by-Wire“-System ist die manuelle Fokussierung wesentlich präziser.“
RF-Objektive verfügen zusätzlich über einen speziellen Steuerungsring, der mit einer Reihe von Funktionen wie Blende, ISO und Belichtungskompensation belegt werden kann. Er bietet eine präzise Möglichkeit, die wichtigsten Kameraeinstellungen anzupassen, ohne dass man das Auge vom Sucher nehmen muss.
Ein weiterer Aspekt der RF-Objektive, der speziell für Videos entwickelt wurde, ist der Blendenmechanismus. Alle RF-Objektive können die Blende in 1/8-Schritten anpassen, was viel genauer ist als die 1/3-Schritte, die für die Fotografie verwendet werden. „Die Blendeneinstellung in 1/3-Schritten während einer Videoaufnahme führt zu merklichen, plötzlichen Veränderungen der Helligkeit“, erklärt Burnhill. „Mit den 1/8-Schritten ist diese Veränderung sehr gleichmäßig und nicht wahrnehmbar.“
Zoomobjektive
„Das Sortiment von Canon RF Objektiven soll nicht die Funktionen der EF Serie reproduzieren, sondern stellt etwas komplett Neues dar“, fasst John Maurice, European Product Marketing Manager bei Canon Europa das Konzept zusammen. „Ein Beispiel: Die drei Ultraweitwinkel-, Standard- und Telezoom-Objektive Canon RF 15-35mm F2.8 L IS USM, RF 24-70mm F2.8 L IS USM und RF 70-200mm F2.8 L IS USM bieten zusammen einen Brennweitenbereich, mit dem Fotografen in praktisch jeder Situation fotografieren können. Alle drei Objektive verfügen über Bildstabilisierung, mit der die entsprechenden EF Objektive nicht aufwarten können. Vor allem die beiden RF 70-200mm Zooms sind viel kleiner und leichter als die EF Version“, merkt John Maurice an. „Fotografen sind gewohnt, dass ein 70-200mm f/2.8 Objektiv schwer ist. Das ist hier nicht der Fall und dieses Objektiv bietet zudem eine beeindruckende Schärfe.“ Tatsächlich ist das Objektiv ein Drittel leichter und deutlich kürzer als das entsprechende EF Modell und steckt ebenso voller technischer Innovationen, wie das RF 70-200mm F4 L IS USM, das ebenso Mapstäbe bei Größe, Gewicht und Qualität setzt.
Ein Allround-Zoomobjektiv für die Street-Fotografie ist das Canon RF 24-105mm F4 L IS USM, denn es ist vergleichsweise leicht und bietet eine 5-stufige Bildstabilisierung. In jedem Fall ist es dem EF 24-105mm F4 L IS II USM auch in Sachen AF-Geschwindigkeit und Abbildungsleistung bis in die Bildecken ebenso überlegen wie die kompaktere, aber weniger lichtstarke Alternative RF 24-105mm F4-7.1 IS STM im Vergleich zum EF 24-105mm F3.5-5.6 IS STM.
Deutlich mehr Lichtstärke bietet das einzigartige Canon RF 28-70mm F2 L USM. „Eine der wichtigsten Eigenschaften des RF-Bajonetts ist, dass wir Objektive mit sehr großen Bildkreisen entwickeln können, dank derer sich der Kamerasensor weiter bewegen und so viel besser Vibration korrigieren kann“ so John Maurice. Obwohl das Canon RF 28-70mm F2 L USM keine integrierte Bildstabilisierung hat, erreicht man mit ihm eine achtstufige Stabilisierung. Die Leistung entspricht in etwa der, die man mit einem Gimbal erzielen kann.
Ein echtes Mehrzweck-RF-Zoom ist das preiswerte Canon RF 24-240mm F4-6.3 IS USM. „Dieses leichte 10-fach Zoom ist mit Nano-USM ausgestattet, mit dem ein schneller, ruhiger Autofokus und nahtlose Pull-Fokus-Effekte möglich sind.“
Deutlich kompakter als das EF 100-400mm F4.5-5.6 L IS II USM ist das RF 100-500mm F4.5-7.1 L IS USM mit dem vergleichsweise besseren IS und schnellerem AF. Trotz 100 mm mehr Brennweite bietet es bei vergleichbarer Größe eine bessere Abbildungsleistung, vor allem im Nahbereich.
Festbrennweiten
Auch die RF-Festbrennweiten sind den entsprechenden Objektiven mit EF Bajonett in vielen Punkten überlegen. So bietet das Canon RF 35mm F1.8 Macro IS STM im Gegensatz zum EF 35mm F2 IS USM eine Makrofunktion, den besseren IS, eine höhere Abbildungsleistung und ist 1/3 Blende lichtstärker.
Mike Burnhill: „Mit einer natürlich wirkenden Brennweite und seiner hohen Lichtstärke ist es ein ideales Objektiv für die Street-Fotografie, wenn man nicht auffallen möchte.“
Im Gegensatz zum EF 50mm F1.8 STM sticht im mittleren Bildfeld vor allem bei offener Blende die Abbildungsleistung des RF 50mm F1.8 STM hervor. Dessen auf das spiegellose System abgestimmte Konstruktion mit asphärischer Linse hat außerdem eine kürzere Naheinstellgrenze von nur 30 cm. Das RF 50mm F1.8 STM Objektiv ist das kleinste der aktuellen RF Objektive.
Erheblich bessere Schärfe und höheren Kontrast bietet auch das Canon RF 50mm F1.2 L USM im Vergleich zum EF 50mm F1.2 L USM. In das lichtstarke Objektiv integriert sind eine Blende mit zehn Lamellen sowie UD- und asphärische Linsenelemente.
Noch deutlicheres Bokeh ermöglicht das Canon RF 85mm F1.2 L USM DS, das im Vergleich mit dem EF 85mm F1.2 L II USM eine erheblich bessere Schärfe und Kontrast und einen schnelleren AF bietet. Es bietet dieselbe Mechanik und den optischen Aufbau wie das RF 85mm F1.2 L USM, verfügt auf einigen Elementen aber über eine spezielle „Defocus Smoothing“-Beschichtung (DS-Beschichtung), die den Hintergrund noch stärker verschwimmen lässt. „Es erzielt einzigartigen Look, der von keinem anderen Objektiv am Markt erreicht wird“, erklärt Burnhill.
Ein ideales Objektiv bei wenig Licht ist auch das RF 85MM F2 MACRO IS STM, in dem im Gegensatz zum EF 85mm F1.8 USM neben der Makrofunktion auch IS integriert ist. Es bietet die bessere Abbildungsleistung bei offener Blende bis in die Bild-ecken und ist dank seines STM-Autofokusantriebs videotauglicher.
Einzigartig und ohne Entsprechung unter den Canon Objektiven mit EF Bajonett sind außerdem die preiswerten und leichten Supertele RF 600mm F11 IS STM und RF 800mm F11 IS STM. Deren konstante Blende sorgt für ein kreisrundes Bokeh. Trotz der niedrigen Lichtstärke bleibt die AF-Funktion der neuen EOS R Kameras erhalten.
Fazit
Wer das volle Potenzial des EOS R Systems ausnutzen will, kommt auf lange Sicht um die Investition in RF Objektive nicht herum.