Der Bildjournalist Oliver Hilger war mit dem neuen Sigma 24-70/2.8 DG DN und der Sony A7R Mark IV in Thailand unterwegs.
Verzicht zu üben, fällt nicht leicht. Gerade dann, wenn eine Fernreise ansteht und man am liebsten all sein Equipment einpacken möchte. Auf der einen Seite willst du keine zwanzig Kilo an Kameras und Objektiven mit dir herumschleppen, auf der anderen Seite aber auch keine Abstriche bei der Bildqualität machen. Schließlich hat man nicht alle Tage die Zeit und die Gelegenheit an einem exotischen Reiseziel in neue Bildwelten einzutauchen. Letztendlich landeten trotz aller guten Vorsätze bei meinem Trip nach Thailand zwei Kameragehäuse, zwei Zooms und drei Festbrennweiten in meinem Fototrolley.
Um es gleich vorwegzunehmen: Bei der Analyse meiner 4.978 Aufnahmen in Lightroom stellte ich fest: Rund 85 Prozent aller Bilder sind mit dem neuen Sigma 24-70/2.8 DG DN an meiner Sony A7R Mark IV entstanden. Meist habe ich bei meinen Zu-Fuß-Touren in Bangkok oder den Ausflügen mit dem Motorroller rund um Khao Lak im Süden Thailands gar keine anderen Objektive eingepackt. Trotz seiner massiven Bauart, der großen Frontlinse mit 82 Millimetern Durchmesser und dem damit einhergehenden Gewicht von 830 Gramm ist das neue 24-70er in Kombination mit der A7 gerade noch leicht genug, um an einem breiten Kameragurt nicht zur Last zu werden und die Schulter zu malträtieren.
Vermutlich gibt es kaum einen Profi oder Fotoenthusiasten, der kein 24-70 mit Lichtstärke 2.8 sein Eigen nennt. Die Vorteile liegen auf der Hand: Ein einziges, relativ kompaktes Objektiv deckt den Bereich vom echten Weitwinkel über die Reportagebrennweiten 28 und 35 Millimeter sowie die Standard 50-Millimeter bis zum leichten Porträttele mit 70 Millimetern ab. Und bei Offenblende 2.8 lassen sich gerade im Telebereich Objekte bereits hervorragend freistellen. Wer am Sony-E-Mount ein 24-70/2.8 verwenden wollte, der war bisher auf das sündhaft teure G Master von Sony angewiesen. Mit dem SIGMA 24-70/2.8 DG DN ist nun der erste Herausforderer eines Fremdherstellers auf dem Markt. Bereits auf den ersten Blick kommt der Neuling dem Platzhirsch sehr nah. Sogar die praktische Funktionstaste an der Seite des Objektivs, auf die viele Fotografen den Augen-Autofokus programmieren, fehlt beim Sigma nicht. Die Verarbeitungsqualität ist über jeden Zweifel erhaben. Zoom- und Fokusring laufen weich und ohne Spiel. Und die griffige und stabile Sonnenblende rastet satt am Objektivtubus ein.
Beim Streifzug durch Bangkok in den frühen Abendstunden bin ich vor allem vom reaktionsschnellen, treffsicheren und dabei nahezu geräuschlosen Autofokus begeistert. Selbst im Schatten von dunklen Seitenstraßen lässt sich kein Zögern oder Pumpen des AF-Motors feststellen. Auch mit dem Verfolgen bewegter Objekte oder dem feinfühligen Verfolgen von Augen im AF-C-Modus hat das neue Sigma keinerlei Probleme.
Doch wie steht es um die Bildqualität? Die feinen Strukturen der Tempel in Bangkok und der hochauflösende Sensor der A7R Mark IV mit 61 Megapixeln decken optische Schwächen gnadenlos auf. Doch das lichtstarke Standardzoom brilliert auch in dieser Disziplin. Selbst feinste Strukturen werden bis zu den Bildrändern hin messerscharf dargestellt. Auch sonst leistet sich das neue Sigma – bis auf eine leichte Verzeichnung am Bildrand bei 24 Millimetern – keine optischen Schwächen: Die Bilder sind kontrastreich, das Bokeh ist angenehm cremig, und bei geschlossener Blende sehen auch die Sonnensterne beim Fotografieren gegen das Licht klasse aus. Auch die geringe Naheinstellgrenze setzt der Gestaltungsfreiheit nur wenige Grenzen.
All diese Eigenschaften machen das Sigma 24-70/2.8 zu einem perfekten Reisezoom für all diejenigen, die bei der Qualität keine Kompromisse eingehen wollen. Das gilt ganz besonders in der Kombination mit der hochauflösenden Sony A7R4 IV. Um den Brennweitenbereich je nach Bedarf nach oben erweitern zu können, habe ich die AEL-Taste in Daumennähe mit der Umschaltfunktion auf den Crop-Modus belegt. Am oberen Ende hatte ich somit den Bildwinkel eines 105 Millimeter Objektivs bei immer noch mehr als ausreichenden 26 Megapixeln zur Verfügung. Weiterer Vorteil: Die kleinere Dateigröße des reduzierten Bildformates.
Mit dem neuen 24-70/2.8 hat Sigma den perfekten Begleiter für die Sony A7R4 geschaffen. Bei meiner Reise durch Thailand gab es praktisch keine Situation und kein Motiv, die das lichtstarke Standardzoom nicht abdecken konnte. Die hohe Auflösung und Schärfeleistung, die in der Lage ist, die 61 Megapixel des Sensors voll auszunutzen, erweitern den Telebereich nicht unerheblich nach oben – entweder nachträglich bei der Bildbearbeitung oder bereits bei der Aufnahme durch Einschalten des Crop-Modus. In meiner Fototasche hat das Sigma 24-70/2.8 nun mein Sony 24-105/4.0 als ständigen Begleiter abgelöst.
Zur Person
Oliver Hilger ist gelernter Journalist. Bereits seit mehr als 30 Jahren beschäftigt er sich teils beruflich, teils privat mit dem Thema Fotografie. Zu den Steckenpferden des Wahl-Stuttgarters zählen Porträts, Reise-, Street-, und Sportfotografie.
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