Fujifilm erweitert das GFX System um das neue Flaggschiffmodell GFX100 II, das vor allem bei Serienaufnahmen, dem Autofokus und der Videoaufzeichnung eine Weiterentwicklung des bisherigen Modells ist.
Als Ergänzung zum X-System mit seinen APS-C großen Sensoren hat Fujifilm vor ein paar Jahren beschlossen, dass Vollformat zu überspringen und stattdessen gleich auf das Mittelformat zu setzen, dessen Bildsensoren mit 43,8 mm × 32,9 mm und einer Diagonale von 55 mm circa 1,7-mal größer sind als ein Kleinbildsensor.
Mit seinem vergleichsweise sensationell anmutenden Preis-Leistungsverhältnis hat das GFX System seit dem nicht nur sämtliche verbliebenen Mittelformat-Anbieter unter Druck gesetzt, sondern den Markt für Mittelformat deutlich erweitert. Die von GFX-Modellen gebotene Bildqualität ist für ihre satten Tonwerte und klare Plastizität bekannt.
102 Megapixel CMOS II HS-Sensor
Die GFX100 II bietet, wie das bisherige Modell, 102 Megapixel Auflösung, allerdings ist ihr CMOS II HS-Sensor eine in verschiedener Hinsicht verbesserte Version. Im Vergleich zur bisherigen GFX100 bietet die neue mit dem X-Prozessor 5 eine doppelt so schnelle Signalverarbeitung und einen erweiterten Pufferspeicher für Serienaufnahmen mit bis zu acht Bildern pro Sekunde.
Die verbesserte Pixelstruktur ermöglicht eine höhere Sättigung, eine niedrigere Standard-Empfindlichkeit von ISO 80, einen größeren Dynamikumfang und ein besseres Rauschverhalten. Die Mikrolinsen des Sensors wurden optimiert, um die Lichtausbeute an den Bildrändern zu erhöhen.
Bildstabilisator
Damit die hohe Auflösung auch bei Aufnahmen aus der Hand genutzt werden kann, ist die GFX100 II mit einem weiterentwickelten integrierten Bildstabilisator (IBIS) ausgestattet. Dieser nutzt die vom Bildsensor gelieferten Informationen, um eine noch bessere Stabilisierung zu erzielen. Bis zu acht EV-Stufen längere Belichtungszeiten lassen sich kompensieren, so viel wie mit keiner anderen Kamera von Fujifilm.
Mit dem IBIS-Mechanismus, der das pixelgenaue Verschieben des Bildsensors erlaubt, lassen sich zudem sehr detailreiche Multishot- Aufnahmen mit einer Auflösung von ca. 400 Megapixel anfertigen.
Dazu werden im „Pixel Shift Multi-Shot“ nacheinander 16 RAW-Bilder aufgenommen, wobei der Bildsensor nach jeder Belichtung um 0,5 Pixel verschoben wird. Die so entstehenden Einzelfotos können anschließend mit der Software „Pixel Shift Combiner“ zu einer einzelnen Bilddatei zusammengefügt werden, was freilich nur mit unbewegten Motiven wie bei der Digitalisierung von Kulturgütern oder bei der Produkt- und Foodfotografie genutzt werden kann.
Video-Funktionen
Außerdem ermöglicht der neue Bildsensor erweiterte Videofunktionen wie die interne Aufzeichnung von 4K/60p- und 8K/30p-Videos mit naturgetreuer 10 Bit 4:2:2 Farbwiedergabe. Dank der höheren Auslesegeschwindigkeit werden Rolling-Shutter-Effekte vermieden und auch schnelle Bewegungsabläufe lassen sich optimal aufzeichnen. Des Weiteren kann bei der Videoaufnahme jetzt eine Sensorempfindlichkeit von ISO 100 genutzt werden.
Die GFX100 II unterstützt verschiedene Video-Codecs, unter anderem Apple ProRes 422 HQ, Apple ProRes 422 und Apple ProRes 422 LT. Zur Workflow-Optimierung kann parallel ein Proxy-Video mit verringerter Bildqualität gespeichert werden.
Mit dem neuen Modus „Video Format“ lassen sich Premista-, Kleinbild- und Anamorphot-Kleinbild-Objektive an der Kamera nutzen. In diesem Modus passt die Kamera den Bildausschnitt automatisch an, um eine optimale Aufnahmequalität zu gewährleisten.
Auch bei Videoaufnahmen steht der Tracking-AF zur Verfügung. Das zu verfolgende Objekt kann während der Aufnahme im Modus „AF-C + Weit/Verfolgung“ direkt über den Touchscreen ausgewählt werden. In der Folge hält die Kamera das Objekt zuverlässig im Fokus, auch wenn sich mehrere Objekte im Bildausschnitt befinden.
Die GFX100 II ist die erste Kamera der GFX Serie, die Videos im F-Log2-Modus mit einem Dynamikumfang von mehr als 14 EV-Stufen aufzeichnet. Das damit aufgenommene Videomaterial bietet in der Postproduktion mehr kreativen Spielraum als beim bisherigen F-Log-Modus.
In Kombination mit den kompatiblen externen HDMI-Recordern ATOMOS NINJA V+ und Blackmagic Design Video Assist 12G lassen sich zudem 12-Bit-RAW-Videodateien aufzeichnen. Diese können als Apple ProRes RAW bzw. Blackmagic RAW mit Bildraten bis 29,97 Bildern pro Sekunde gespeichert werden.
Die Kamera unterstützt außerdem die drahtlose Timecode-Synchronisation mit ATOMOS AirGlu BT und lässt sich somit in professionelle Video-Produktionssysteme einbinden. Der Timecode kann zwischen mehreren kompatiblen Kameras synchronisiert werden. Darüber hinaus gibt es weitere neue Videofunktionen, wie etwa die Wellenform- Anzeige, die Vektorskop-Anzeige, den Fokus-Assistenten „Focus Map“ und den Modus „F-Log2 D-Bereichspriorität“.
Intelligenter AF
Der AF-Algorithmus der GFX100 II stellt nicht nur eine verbesserte automatische Scharfstellung auf Gesicht und Augen sicher, sondern ermöglicht auch eine auf einer Deep-Learning-Technologie basierende Motiverkennung, die Tiere, Vögel, Autos, Motorräder, Fahrräder, Flugzeuge, Züge, Insekten und Drohnen identifiziert. Das Motiv wird automatisch verfolgt und im Fokus gehalten.
Als erste Kamera der GFX Serie verfügt die Neue außerdem über einen AF-Algorithmus zur Berechnung von voraussichtlichen Objektbewegungen, sodass die Kamera auch dynamische und schnelle Motive im Fokus hält. Im AF-Modus „Zone“ lässt sich der gewählte Fokusbereich jetzt an die jeweilige Aufnahmesituation anpassen.
Viele Optionen
Die GFX100 II hält insgesamt 20 Filmsimulationen bereit, darunter den neuen Modus „REALA ACE“ für eine natürliche Farbwiedergabe und kontrastreiche Tonalität. Die Kamera unterstützt überdies das zukunftsfähige HEIF- Bildformat, das 10-Bit-Bilddateien liefert, die bis zu 30 Prozent kleiner sind als die standardmäßigen JPEG-Dateien.
Zahlreiche Schnittstellen stehen für den Anschluss externer Geräte und Netzwerke zur Verfügung, unter anderem ein Ethernet-Anschluss sowie HDMI Typ A- und USB-C- Anschlüsse. So kann über USB-C eine externe SSD als Speichermedium genutzt werden.
Die Kamera unterstützt den Cloud-Dienst „Frame.io | Camera to Cloud“. Fotos, Apple ProRes Proxy-Dateien und viele weitere Videoformate lassen sich direkt auf Frame.io hochladen, sodass sich der Workflow von der Aufnahme bis zur Bearbeitung erheblich einfacher gestalten lässt.
Die Kamera verfügt über zwei Kartensteckplätze für CFexpress Typ B- und SD- Karten. Allerdings kann die maximale Videoleistung der GFX100 II nur bei Verwendung einer CFexpress Typ B-Karte genutzt werden.
IPTC-Metadaten lassen sich direkt bei der Aufnahme in den Bilddateien speichern. Die Metadaten können mithilfe der neuen Fujifilm XApp auf einem Smartphone oder Tablet überprüft und bearbeitet werden.
Bedienungskonzept
Die GFX100 II ist mit einem elektronischen Sucher mit 9,44 Millionen Bildpunkten und 1,0-facher Vergrößerung ausgestattet. Das Sucherbild ist zudem optimal korrigiert und frei von Parallaxenfehlern und Verzeichnung, die ansonsten typischerweise bei Veränderungen der Augenposition in Erscheinung treten. Eine hohe Bildwiederholrate von rund 120 Bildern pro Sekunde sorgt auch bei schnellen Bewegungen für einen flüssigen Bildeindruck.
Auch das Design des Kameragehäuses wurde an mehreren Punkten überarbeitet, um die Handhabung der Kamera weiter zu verbessern. Wine Ummantelung aus griffigem BISHAMON-TEX sorgt dafür, dass sie sich in den verschiedensten Griffpositionen sicher halten lässt. Die Oberseite ist etwas nach hinten geneigt, um die Ablesbarkeit der Bedienelemente zu erleichtern. Das Sub-Display ist sich größer und die grafische Nutzeroberfläche übersichtlicher gestaltet worden.
Ferner wurde die Anordnung der Bedienelemente optimiert. Auf der Oberseite des Griffs befinden sich jetzt drei Funktionstasten, um die Kameraeinstellungen bei wechselnden Aufnahmebedingungen schneller anpassen zu können. Optional verfügbar ist der Hochformat-Batteriegriff VG-GFX II, der zwei Hochleistungsakkus NP-W235 fasst.
Der aus dem X-System bekannte Lüfter FAN-001 ist auch mit der GFX100 II kompatibel und kühlt die Kamera bei hohen Umgebungstemperaturen, um eine längere Videoaufnahmedauer zu erreichen. Er lässt sich ohne zusätzliches Kabel auf der Rückseite des Kameragehäuses befestigen, um ein vorzeitiges Abschalten der Kamera aufgrund von Überhitzung zu verhindern.
Mit dem Sucheradapter EVF-TL1, der zwischen dem Kameragehäuse und dem Sucher positioniert wird, lässt sich dieser um bis zu 90 Grad nach oben und bei Hochformatstellung der Kamera um je bis zu 45 Grad nach oben oder unten schwenken.
Fazit
Auch, wenn einige erwartet hatten, dass Fujifilm mit der neuen Kamera in die 150 MP-Klasse vorstößt, die die Phase One XF IQ4 besetzt hält, enttäuscht die GFX100 II keinesfalls. Denn mit der neuen Kamera gelingen Aufnahmen von dynamischen Motiven im entscheidenden Moment und in bestechender Bildqualität. Das GFX System bietet sich damit jetzt auch für den professionellen Einsatz in der Reportage- und Sportfotografie an.
Die neue Fujifilm Mittelformatkamera ist ab Ende September zu einem Preis von 7.999 Euro im Handel erhältlich – mithin rund 50.000 (!) Euro weniger, als die Phase One kostet, wobei man eigentlich die Hasselblad X2D-100C zum Vergleich heranziehen muss. Die kostet als ebenfalls spiegellose 100-MP-Mittelformatkamera rund 8.700 Euro, hat aber weniger zu bieten.