Phase One hat das rund 60.000 Euro teure Kameramodell XC speziell für Reisefotografen mit höchsten Ansprüchen an die Bildqualität entwickelt. Die vergleichsweise kompakte Mittelformatkamera kombiniert das 150-MP-Rückteil IQ4 mit einem integrierten Rodenstock HR Digaron-S 23mm f/5.6 Objektiv. Profifoto sprach mit Drew Altdoerfer, Vice President Digitization bei Phase One, über das Konzept der XC.
ProfiFoto: Drew Altdoerfer, 60.000 Dollar sind ein stolzer Preis für eine Kamera. Was macht die XC so teuer?
Drew Altdoerfer: Die Leistung und die Liebe zum Detail, wie bei jedem Hochleistungsprodukt, rechtfertigen den Preis. Wenn der Kunde Leistung will, dann bieten wir sie ohne Kompromisse.
Phase One Kameras werden nach einem bestimmten Standard gebaut, der sich nicht an einem bestimmten Preis orientiert. Das bedeutet, dass wir aus dem besten und größten Sensor, der zur Verfügung steht, durch fortschrittliche Technologie das höchste Maß an Bildqualität herausholen. Aber es sind nicht die Komponenten allein, die den Preis eines Produkts bestimmen, sondern das, was die Designer und Hersteller verbessern, verändern, hinzufügen und wie sie diese Komponenten zum Endprodukt kombinieren.
Wir nehmen die besten verfügbaren Komponenten und stimmen sie auf ihre absolut maximale Bildqualität ab. Die Endkosten spiegeln diesen Aufwand an Design und Technik ohne Kompromisse wider.
Ein Sensor allein ist noch keine Kamera, es benötigt eine Plattform, um den Sensor effektiv zu nutzen und seine Daten zu interpretieren. Zwar kann jeder einen Hersteller suchen und dessen Sensor kaufen, aber er muss sowohl das Potenzial und die Fähigkeiten dieses Sensors verstehen als auch in der Lage sein, eine Plattform zu entwickeln, die die beste Leistung aus diesem Sensor herausholt. Zum Beispiel können die Ingenieure von LOTUS aus einem 300 PS starken Toyota-Motor 416 PS herausholen; mit demselben Motor können sie die 0-60-Beschleunigung eines Camry von 5,5 Sekunden auf 3,5 Sekunden verbessern. Für diejenigen, die Leistung verlangen, ist dies die Rechtfertigung für den Preis.
Die Leistungsfähigkeit einer Kamera und des Sensors hängt nicht zuletzt auch von der Leistung des Objektivs ab. Ein noch so guter Sensor und eine noch so gute Plattform können eine unterdurchschnittliche Optik nicht ausgleichen. Daher können wir nur die besten Optiken ausgewählen, und wenn kein Anbieter in der Lage ist, die von uns definierten Spezifikationen zu erfüllen, muss Phase One die Optiken selbst bauen. In keinem Fall sind unsere Anforderungen an diese Optiken mit einem Design „von der Stange“ zu erfüllen. Da niemand sonst über die Leistungsmerkmale unserer Plattform und unseres Sensors verfügt, stellt kein Anbieter Standardoptiken her, die diese Anforderungen erfüllen.
Die Präzision und die Technologie, mit der diese Elemente (Objektiv, Sensor, Plattform) zusammengefügt werden, müssen dann die gleichen Toleranzen bei ihrer Montage einhalten… dieses Maß an Präzision ist nicht leicht zu erreichen. Die Zeit und Ressourcen, die in diese Präzision investiert werden, sind mit erheblichen Kosten verbunden.
ProfiFoto: Wer gehört zur Zielgruppe der Phase One XC?
Drew Altdoerfer: Die XC-Kamera ist für diejenigen gedacht, die vor allem Wert auf Bildqualität legen (genau wie die Besitzer einer XF oder XT), die aber diese Leistung in einer kleineren, einfacheren Form suchen. Für diejenigen, die es sich leisten können, denen die Bildqualität wichtig ist und die sich ein kleineres, einfacheres Gehäuse wünschen, ist die XC so konzipiert, dass sie so viele Komplikationen wie möglich vermeidet. Bestimmte Optionen (wie Wechselobjektive) sind dadurch eingeschränkt. Die Leistungsvorteile liegen jedoch in der Einfachheit der Kamera.
Diese ist daher sowohl für Profis als auch für Amateure geeignet. Ein Profi möchte vielleicht seine Ausrüstung um dieses System erweitern (wie Thomas Biasotto), während ein leidenschaftlicher Fotoenthusiast vielleicht einfach eine echte Mittelformatkamera als Ergänzung zu seinen 35-mm-Vollformatkameras sucht.
ProfiFoto: Andere Objektive können nicht mit der XC verwendet werden?
Drew Altdoerfer: Bei der Entwicklung der XC-Kamera stand das Objektiv im Mittelpunkt. Das Objektiv ist der Ausgangspunkt für den Rest der Kamera – es gibt also keine Möglichkeit, das Objektiv auszutauschen.
Wenn wir uns mit den XC-Kriterien einer anderen Brennweite nähern würden, wäre die Kamera selbst anders in ihrem Aussehen und ihrer Ausführung, um die Vorteile dieser speziellen Brennweite hervorzuheben. Auf diese Weise würden wir nicht eine weitere Kamera für alle Objektive entwerfen, sondern eine weitere Kamera, die von Grund auf diese spezielle Brennweite zugeschnitten ist.
ProfiFoto: Wenn ich bereits ein IQ4-Rückteil besitze, kann ich dann die Kamera selbst als Stand-Alone kaufen?
Drew Altdoerfer: Wie bereits erwähnt, ist die entscheidende Komponente der XC-Kamera das 23-mm-Objektiv von Rodenstock. Dieses Objektiv erfordert eine strenge und arbeitsintensive Produktionszeit mit geringer Ausbeute und hoher Fehlerquote aufgrund der erforderlichen extremen Toleranzen. Es handelt sich nicht um eine Massenkamera.
Die Toleranzen der IQ4 150MP sind so eng, dass jedes IQ4 150MP Rückteil mit jeder XC-Kamera verwendet werden kann und identische Ergebnisse erzielt. Allerdings ist die Anzahl der Rodenstock 23mm Objektive, die innerhalb von sechs bis 12 Monaten hergestellt und geliefert werden können, begrenzt. Daher wird die XC nur als komplettes Kamerasystem verkauft, bis genügend Objektive verfügbar sind, um die Nachfrage zu übertreffen. Wenn dieser Tag gekommen ist, freuen wir uns darauf, die XC Kamera als Stand-Alone-Produkt für bestehende Phase One IQ4 150MP Kunden zu liefern.
ProfiFoto: Hat die XC noch andere Funktionen, als Rückteil und Objektiv zu verbinden?
Drew Altdoerfer: Wenn Sie fragen, ob diese Kamera mehr oder neue beziehungsweise andere Funktionen hat, als eine XT-Kamera mit einem Rodenstock 23-mm-Objektiv, lautet die Antwort nein. Aufgrund ihrer Konstruktion gibt es sogar weniger.
ProfiFoto: Sie preisen die XC als mobile Kamera. Wie wetterfest kann eine modular aufgebaute Kamera sein?
Drew Altdoerfer: Das System ist so konzipiert, dass es sich selbst vor Schäden durch Staub, Süßwasser und physische Belastung schützt.
Das System ist aber nicht per Definition „wetterfest“. Phase One hat keine offizielle IP-Einstufung für die XC, XF, XT, IQ Digital Back oder Blue Ring/XT Objektive. Witterungsbedingungen, die außerhalb der Konstruktionsspezifikationen liegen, machen die Kamera unbrauchbar. Das System kann aber repariert werden, falls ein Schaden auftritt.
Die Kamera kann aber als „wetterbeständig“ bezeichnet werden. Auch hier gibt es keine offizielle IP-Bewertung. Aber alle Phase One Systeme sind für den industriellen Einsatz gebaut.
ProfiFoto: Empfehlen Sie die Verwendung eines Stativs für Aufnahmen mit der XC, oder glauben Sie, dass man die hohe Auflösung der Kamera auch aus der Hand ausnutzen kann?
Drew Altdoerfer: Die XC ist speziell für die Verwendung aus der Hand konzipiert. Sie ist als ‚Reisekamera‘ gedacht, was unter die Definition von ‚leicht zu bedienen‘ fällt. Es ist aber zu beachten, dass durch die extreme Auflösung der Kamera die Bildqualität aufgrund von Verwacklungen oder Kamerabewegungen beeinträchtigt wird. Aufgrund der Größe des Sensors und der hohen Auflösung gilt alles unter 1/250stel als langsam. Bei längeren Verschlusszeiten empfiehlt sich daher tatsächlich die Verwendung eines Stativs, um scharfe Bilder zu erhalten.
ProfiFoto: Was ist der Vorteil der XC gegenüber der XT?
Drew Altdoerfer: Die Vorteile der XC liegen in ihrer Größe, ihrem Gewicht und ihrem Formfaktor sowie der Vereinfachung. Für Landschaftsfotografen, die immer ein Stativ verwenden, ist die XT aber sicher besser geeignet. Für den Reisefotografen, der das System in der Regel immer aus der Hand verwenden wird (und der keinen Bedarf an längeren Brennweiten hat), ist die XC die bessere Wahl.
ProfiFoto: Hasselblad hat gerade das H-System eingestellt. Was ist die Perspektive für Ihr XF-System?
Drew Altdoerfer: Der professionelle Fotomarkt (kommerziell und künstlerisch) ist klein. Das gilt auch für den Markt der anspruchsvollen Fotografen, die der Bildqualität Vorrang vor Komfortfunktionen einräumen.
Im Laufe der Jahre haben andere Kamerahersteller stark in die größeren Verbraucher-Segmente investiert, die eine kleine, leichte, praktische und billigere Kamera wollen. Phase One dagegen hat in extreme Bildqualität investiert bzw. dieser den Vorrang gegeben.
Im Vergleich zu seinen Vollformat-Mittelformat-Konkurrenten war Phase One schon in den 90er Jahren ein starker Innovator und Marktführer. Wenn andere Unternehmen nicht in die Bildqualität investieren (RAW-Dateileistung, hochauflösende Sensoren, Hochleistungsoptik usw.), dann sind ihre Vorteile auf dem kleinen, anspruchsvollen professionellen Markt letztendlich begrenzt.
Man bedenke, dass Hasselblad das H-System im Jahr 2002 auf den Markt gebracht hat – eine Lebensdauer von 21 Jahren für ein Mittelformatsystem ist unglaublich! Wenn man die Einstellung des H-Systems erwähnt, muss man gleichzeitig die Langlebigkeit der Plattform und die in diesem Zeitraum erfolgten Entwicklungsanstrengungen loben. Phase One war erst 2014 in der Lage, das XF-System zu präsentieren. Zu dieser Zeit konnten wir viel von dem lernen, was Hasselblad als Pionier auf dem Markt für digitale Mittelformatkameras geleistet hatte, und wir haben die XF als ein System konzipiert, das weiter wachsen, expandieren und sich anpassen kann.
Während es durchaus eine Nachfrage nach der XF gibt, haben wir den Ehrgeiz und den Wunsch, das System zu erweitern, zu entwickeln, zu verbessern und an die neuesten Entwicklungen der Bildqualität anzupassen.
ProfiFoto: Da Phase One die einzige verbleibende Marke ist, die das „große Mittelformat“ bietet, besteht die Gefahr, dass es in Zukunft aufgrund der geringen Nachfrage keine Anbieter mehr dafür gibt?
Drew Altdoerfer: Nein. Phase One befindet sich in einer unglaublich vorteilhaften Position mit unserem diversifizierten Fokus, zum Beispiel durch die Entwicklung von Geospatial-Lösungen. Die Vorteile von großen Sensoren im Mittelformatmarkt sind enorm, da wir in der Lage sind, mit jedem aufgenommenen Bild eine größere Effizienz zu bieten. Es gibt außerdem eine signifikante Nachfrage nach großen Sensoren jenseits des kleineren, professionellen Fotomarkts.
Zwar sind wir jetzt der einzige Anbieter eines „echten“ Mittelformatsensors (ein Äquivalent zum 645er Filmstandard), aber der professionelle Fotomarkt ist nur ein Markt, der dieses Sensorformat nutzt, und wir sind in der Lage, eine hohe Nachfrage nach seiner Herstellung aufrechtzuerhalten, so dass wir die Entwicklung für eine bessere Sensorqualität am extrem hohen Ende des Marktes weiter vorantreiben können. Phase One wird weiterhin die größten verfügbaren Sensoren – und damit die höchste verfügbare Auflösung – anbieten, was zu der besten verfügbaren Bildqualität führt.
Wenn es einen Weg gäbe, eine bessere Bildqualität aus einem kleineren Sensorformat herauszuholen, dann gäbe es keinen Markt für das Crop-Sensor-„Mittelformat“ von Fuji und Hasselblad (Leica hat Gerüchten zufolge diesen Markt verlassen), und jeder würde einfach den besten verfügbaren Sensor verwenden, unabhängig von der Größe. Aber das ist nicht der Fall und hat sich auch nicht bewahrheitet.
Die Entwicklung von APS-C-Sensoren hat sich verlangsamt, und immer mehr Kameras werden mit Vollformat-Sensoren entwickelt. Gleichzeitig ist die Zahl der Anbieter von Kameras mit gecropten Mittelformat-Sensoren gewachsen (zuerst kam damit Phase One, dann Hasselblad, Pentax, Leica, und schließlich Fujifilm). Der einzige andere Hersteller auf dem Markt für echtes Mittelformat (Hasselblad und die H6D-100C) hat sich zwar neu ausgerichtet, aber nicht, weil größere Sensoren nicht besser wären, sondern weil sich die Prioritäten auf größere Märkte, statt auf Bildqualität verlagert haben.
Unterm Strich: Bessere Pixelqualität ergibt die beste Bildqualität. Phase One steht zu der Verpflichtung zur Bildqualität und wird immer danach streben, die beste Lösung zu bieten.
https://photography.phaseone.com/xc