In seiner in ProfiFoto 10/22 präsentierten Serie CALIFORN-IR beschäftigt sich Simon Puschmann mit der Infrarotfotografie. Dafür nutzt der Fotograf eine von Sven Lamprecht mit seiner Firma IRreCams auf Rügen umgebaute Sony A7R3, die Licht jenseits des menschlich sichtbaren Spektrums abbildbar macht.
Das Fotografieren im Infrarotbereich produziert einen unverkennbaren „Look“. Grünes Laub wird intensiv hell, ein blauer Himmel wird viel dunkler abgebildet und der Hautton von porträtierten Personen geht in blasse Pastelfarben über. In der Infrarot Landschaftsfotografie gewinnen die Motive an Kontrast und Brillanz, nicht zuletzt geht von Infrarotaufnahmen oft eine mystische und geheimnisvolle Wirkung aus.
IR-Fotografie
Der Teil des elektromagnetischen Spektrums, den wir mit unserem Auge sehen können, ist jedoch sehr beschränkt. Zwischen ca. 400 nm (violett) bis ca. 700 nm (rot) Wellenlänge spielt sich unsere Wahrnehmung ab, der Rest bleibt uns verborgen. Direkt an den sichtbaren Bereich (auch VIS Bereich) schließt sich der nahe Ultraviolett und Infrarot Bereich an.
Obwohl aufgrund der Nähe zum sichtbaren (VIS) Bereich eigentlich kaum Unterschiede zu erwarten sind, beweisen die Bildergebnisse das Gegenteil. Pflanzen reflektieren in diesen Spektralbereichen das Licht nahezu vollständig, um eine Überhitzung und Gewebeschädigung in Folge der Sonneneinstrahlung zu vermeiden. Das Ergebnis ist, dass pflanzliche Vegetation auf IR- Bildern sehr hell bis weiß dargestellt werden.
Dieser Effekt ist nicht durch einen Filter in der Nachbearbeitung berechenbar, so würde ja auch eine grüner Pullover einfach weiß verfälschen.
Um diese Spektralbereiche für unser Auge sichtbar zu machen, benötigt man ein Werkzeug. Die Bildsensoren aller marktüblichen Digitalkameras sind grundsätzlich gut dafür geeignet, den nahen Infrarot- oder auch UV-Bereich zu erfassen. Einzig der Werkszustand, in dem eine Kamera gekauft wird, macht es extrem schwer bis unmöglich, Infrarot zu fotografieren.
Infrarot Umbau
Sven Lamprecht: „Eine normale Digitalkamera für die Infrarot Fotografie zu benutzen ist zwar theoretisch möglich, aber eigentlich nicht zu empfehlen. Erst ein Infrarot Umbau eröffnet alle Möglichkeiten für hochqualitative Bilder“.
Dabei hat der Sensor einer Digitalkamera, im Gegensatz zu unserem Auge, durchaus die Fähigkeit im Infrarot-Bereich zu „sehen“. Moderne Digialkameras mit CMOS oder CCD Sensoren sind in der Regel zwischen 350 nm und 1200 nm sensitiv.
Doch wird von den Kameraherstellern ein Filter vor dem Sensor installiert, der nur den VIS Bereich auf den Sensor lässt und sowohl UV als auch IR sperrt. Der sogenannte Hotmirror Filter leistet in der klassischen Digitalfotografie einen großen Beitrag zur Bildschärfe und Farbwiedergabe. Für die Infrarotfotografen ist dieser Filter allerdings ein Hindernis.
Bei vielen älteren Kameramodellen sperrt der Hotmirrorfilter jedoch nicht zu 100 % das IR Spektrum. Um die eigene Kamera zu testen, kann man eine Fernbedienung vor das Objektiv halten und dabei möglichst viele Tasten drücken. Leuchtet die Infrarot-Diode im Bild sichtbar auf? Falls ja ist es möglich, diese Kamera mit einem Infrarot-Schraubfilter vor dem Objektiv zu benutzen. Der zusätzliche Filter sperrt das sichtbare Licht, und lässt nur Licht oberhalb einer bestimmten Wellenlänge (typisch sind 720 nm) passieren.
Der Hotmirror-Filter sperrt jedoch auch dann einen Großteil des IR- Lichtes. Daraus folgt, dass man an einem sonnigen Tag im Freien sehr lange belichten muss (im Sekunden Bereich) und zwingend ein Stativ benötigt. Es zusätzlich wichtig zu wissen, dass es im Infrarotbereich zu einer Fokusverschiebung kommt. Da sich der IR-Filter vor dem Objektiv befindet, und man durch diesen nicht hindurchsehen kann, ist es ohne mehrere Testaufnahmen unmöglich, die Bildkomposition einzustellen oder den Fokus korrekt zu setzen. Auch mit LiveView ist dies meist ein Problem, weil nur sehr wenig Licht auf den Sensor trifft.
Bei modernen Kameramodellen sperrt der Hotmirror- Filter sogar nahezu 100 % des IR Lichtes, weshalb die Infrarotfotografie mit Schraubfilter mit diesen keine wirkliche Option ist. Dennoch ist es keine gute Idee, den Filter einfach nur auszubauen, weil sich dann die Fokuslage komplett verschiebt. Aber man kann den Filter austauschen.
Von einem Vollspektrum-Umbau spricht man, wenn stattdessen ein „Klarglas“ eingebaut wird, das sowohl UV, VIS und IR passieren lässt. Um im IR-Bereich zu fotografieren, braucht man dann zwar noch zusätzliche Schraubfilter, aber eine auf Vollspektrum umgebaute Kamera hat den Vorteil, dass sie sehr flexibel einsetzbar ist. Mit einem solchen Infrarot Umbau (auch undefinierter Umbau genannt) kann man wahlweise im UV, VIS oder IR Bereich fotografieren. Mit dem richtigen Filter kann man sogar wieder ganz normale Aufnahmen im sichbtaren Bereich machen, als hätte es gar keinen Infrarot Umbau gegeben. Dabei erhält man sowohl mit IR Filtern als auch mit Hotmirror-Schraubfiltern gewohnt kurze Belichtungszeiten.
Vollspektrum-Umbau
Mit einer Spiegelreflex ist man allerdings gezwungen, über die LiveView Funktion das Bild zu komponieren und den Fokus einzustellen.
Insbesondere für spiegellose Systemkameras zu empfehlen ist dagegen ein Vollspektrum-Umbau. Anders als bei einer DSLR kann bei ihnen der Sucher wie gewohnt benutzt werden, und auch Autofokus und Belichtungsmessung funktionieren uneingeschränkt.
Sven Lamprecht: „Für ambitionierte Infrarotfotografen, die genau wissen, was sie möchten, ist eine komplett umgebaute Infrarotkamera die erste Wahl jedoch. Der Autofokus wird beim einem professionellen Infrarot Umbau korrigiert und kann somit „ganz normal“ benutzt werden.
Die Belichtungsmessung funktioniert nach dem Umbau ebenso wie vorher, nur muss je nach Aufnahmesituation eine Belichtungskorrektur erfolgen.“
Der Hotmirror-Filter wird hierbei durch einen entsprechenden Infrarotfilter ersetzt, so dass nur noch Infrarotlicht auf den Sensor trifft. Ein externer Schraubfilter ist überflüssig.
Die Kamera fotografiert nach einem solchen Infrarot Umbau allerdings ausschließlich im IR Bereich. Man kann mit einer solchen Kamera also keine „normalen“ Aufnahmen im sichtbaren Bereich machen. Dennoch lassen sich je nach eingebautem Filter ggf. noch andere Schraubfilter kombinieren.
„Der Ausbau und Austausch des Sperrfilters ist ein technisch aufwändiger Akt, professionell ausgeführt ist das eine Investition die nicht zu unterschätzen ist“, so Sven Lamprecht, „nur gibt es leider keine praktikablen Alternativen dazu, den Sperrfilter auszutauschen wenn man wirklich hochqualitative Ergebnisse erzielen möchte. Hierfür muss jedoch eine Kamera „geopfert“ werden. Insbesondere alten Kameras kann man mit einem IR Umbau aber ein zweites Leben schenken.“
Native IR-Kameras
Durch den Austausch des Hotmirror Filters vor dem Kamerasensor durch einen Infrarotfilter und der Kalibrierung des Autofokus für den Infrarotbereich entsteht eine native Infrarotkamera, die anonsten ganz normal benutzt werden kann, auch ohne Stativ. Dabei hat man die Wahl zwischen vielen verschiedenen Filtern. 280 nm (Vollspektrum), 630 nm und 700 nm sind im Basispreis für den Umbau bereits inbegriffen. Andere Filteroptionen sind gegen Aufpreis möglich.
Nach Eingang der Kamera baut Lamprecht diese innerhalb von 14 Tagen um. Verkürzte Bearbeitungszeiten sind auf Wunsch und gegen Aufpreis möglich. Für den Umbau einer digitalen Spiegelreflex Kamera berechnet er ab 260 Euro. Der Einbau eines 830 nm IR Filters kostet 50 Euro extra. Den Umbau einer digitalen spiegellosen Systemkamera bietet er sogar schon ab 250 Euro an.
Mehr Informationen: irrecams.de