Warum ist die EOS-1D X Mark III eine digitale Spiegelreflexkamera? Weil der klassische Phasenvergleichs-Autofokus bei der Objektverfolgung jedem anderen Verfahren überlegen ist! Das ist schnell dahergesagt, hat aber tatsächlich handfeste Gründe. Ein Blick auf die Funktionsweise eines Phasenvergleichs-Autofokus in einer professionellen DSLR gibt Aufschluss.
Die Funktionsweise eines Phasenvergleichs-Autofokus zu verstehen, ist schwierig. Die landläufige Vorstellung ist die, dass sich der Autofokussensor das „Foto“ anschaut und die Schärfe überprüft und steuert. Doch so einfach ist das nicht. Das Messverfahren entzieht sich der bildlichen Vorstellungswelt und arbeitet nach einem völlig anderen Prinzip.
Der Autofokussensor der DSLR liegt nicht in der Schärfeebene des Objektivs. Sogenannte Strahlenteiler greifen aus dem Strahlengang des Objektivs je Autofokusmesspunkt zwei Phasenbilder heraus, die über ein Linsensystem auf zwei streifenförmige AF-CMOS-Sensoren projiziert werden. Jedes Autofokusmessfeld besitzt daher immer zwei AF-Messsensoren. Bei Kreuzsensoren sind es jeweils zwei für jede Messrichtung. Das Verständnis des Phasenbildes ist für das Verständnis der Messmethode nicht zwingend erforderlich. Wichtig für das Verständnis ist, dass die beiden Phasenbilder immer scharf auf dem AF-Messsensor abgebildet werden, egal ob sich das Motiv im Fokus befindet oder nicht. Entscheidend ist die Lage der Phasenbilder. Befindet sich das Objekt im Fokus, liegt die Projektion genau in der Mitte der AF-CMOS-Sensoren. Fokussiert das Objektiv zu nah, bewegen sich die beiden Projektionsstrahlen von der Mitte des Sensors weg, der Winkel der beiden Phasenbilder des Messpunktes verengt sich. Fokussiert das Objektiv zu weit, ist es umgekehrt, der Messwinkel vergrößert sich.
Es findet im Prinzip eine Winkelmessung statt, wie bei einer Messsucherkamera – nur nicht am realen Bild, sondern an einem Phasenbild.
Der eigentliche Clou an dieser Messmethode ist, dass das System über die Abweichung vom Mittelpunkt des AF-Sensors genau weiß, wo sich das eigentliche Motiv befindet und wie weit es den Fokus korrigieren muss. Es steckt also nicht nur die Information im „unscharfen“ Phasenbild, in welche Richtung fokussiert werden muss, sondern wo das Motiv exakt liegt. Damit unterscheidet es sich im Wesentlichen von allen anderen Fokusmethoden. Der Kontrast-Autofokus, der über den Bildsensor funktioniert, kann beispielsweise nicht einmal die Richtung voraussehen und muss sich in die Fokussierrichtung „hineinstottern“. Der sogenannte Phasen-Autofokus einer spiegellosen Kamera kann über den Bildsensor zwar die Richtung, nicht aber ohne Weiteres die exakte Position des Motivs bestimmen. Die Bestimmung der Position des Motivs funktioniert hier nur über einen kleinen Entfernungsbereich oder mit größeren Lücken bei den Messwerten. Im Vergleich dazu ist der Phasenvergleichs-Autofokus einer professionellen DSLR durch die Fülle und Art der Informationen, und auch durch die Schnelligkeit in der Informationsverarbeitung den anderen Systemen überlegen. In der hoch spezialisierten Sport- und Wildlifefotografie sind diese Unterschiede spürbar. Und wie steht es mit der beliebten Gesichtserkennung beim klassischen DSLR-Autofokus? Es gibt sie! Denn diese Information steckt nicht im AF-Modul, sondern im Belichtungsmesser! Er agiert bei den professionellen Kameras wie eine kleine Digitalkamera in Auflösungen, die dem analogen Fernsehbild entsprechen. Es besteht also kein Zweifel daran, dass der Belichtungsmesser in der Lage ist, Gesichter und Objekte zu lokalisieren. Diese Information wird an den Autofokus weitergegeben und führt so zu noch effizienterem Tracking.
Aus all diesen Gründen ist die Entscheidung für eine DSLR sinnvoll und vernünftig. Denn es geht nicht um technische Trends, sondern um eine Entscheidung, welcher Technologie Stand heute den hochprofessionellen Anwendern die besten Ergebnisse liefert. In der Sport- und Wildlifefotografie ist es die DSLR.
Der AF-Sensor
Am Beispiel der Abbildung des AF-Sensors der EOS-1D X Mark II kann man erahnen, was passiert. In dem mittleren großen Bereich der AF-Sensoranordnung befinden sich Sensoren, die wie ein großes „X“ angeordnet scheinen. In diesem Fall handelt es sich um die fünf diagonalen Kreuzsensoren in der Mitte des Bildfeldes. Man sieht deutlich die paarweise Anordnung der Sensoren: in Summe sind 20 Sensoren zu erkennen, jeweils zwei für jede Richtung pro Messpunkt. Der große Abstand der Sensoren ist ein Indiz für einen großen gemessenen Winkel. Ein großer Messwinkel steht für eine große Genauigkeit, ähnlich wie bei Messsuchersystemen mit großer Messbasis. Die Anordnung der AF-Sensoren, die von der Anordnung der Messpunkte im Sucherfeld völlig abweicht, zeigt auch deutlich, dass hier kein „echtes Bild“ gemessen wird, sondern etwas völlig anderes.