Bei Palette Gear handelt es sich um ein modulares Steuerpult aus Bedienknöpfen sowie Dreh- und Schiebereglern, welche den professionellen Workflow von Fotografen und Filmemachern – insbesondere die Post-Production – beschleunigen sollen. Das Konzept ermöglicht einmalige Flexibilität bei der Zusammenstellung und Anordnung sowie eine individuelle Programmierung der Bedienelemente mit anwendungsspezifischen Funktionen wie beispielsweise das präzise Einstellen von Werkzeugparametern in einem Bildbearbeitungsprogramm.
von David Neubarth
der Kreative kann sich mit Palette Gear eine für seinen Workflow ideale Kombination und Anordnung von Bedienelementen zusammenstellen und somit seinen Arbeitsplatz optimal gestalten. Das Konzept von Palette Gear umfasst einzelne Steuerelemente, welche magnetisch aneinanderhaften und über Kontakte an allen vier Seiten miteinander kommunizieren.
Palette Gear besteht aus einem Steuermodul und drei verschiedenen Arten von Steuerelementen: dem Arcade Style Button, dem Drehregler Modul und dem Schieberegler Modul. Das Steuermodul ist die Schaltzentrale und wird über ein USB Kabel mit dem Rechner verbunden. An das Steuermodul werden die verschiedenen Elemente angedockt und ergeben so in Summe ein individuelles Steuerpult für Lightroom, Photoshop und Co.
Die Palette Gear Module haben eine gute Größe, um schnell und treffsicher bedient zu werden, nehmen aber natürlich entsprechend Platz auf dem Schreibtisch ein. Die Regler lassen sich ohne Kraftaufwand sehr präzise bedienen. Die Wege sind so gewählt, dass man zum einen eine schnelle Bedienung, aber natürlich auch eine exakte Einstellung der Werte ohne viel „hin und her justieren“ erreicht. Wenn man sich an die zusätzlichen Bedienelemente gewöhnt und diese in seinen Workflow integriert hat, möchte man sie nicht mehr missen.
Die Module
Der Arcade Style Button ist ein Taster, über den Funktionen ausgelöst werden können. Dieses Modul bietet sich an, um Funktionen aufzurufen, welche sich sonst nur durch das Surfen in diversen Untermenüs erreichen lassen. Eine für Lightroom Anwender sehr gute Lösung ist, die Bibliothek und den Entwickler auf jeweils einen Button zu legen. Ein dritter Button für das Beschneiden beschleunigt den Workflow ebenfalls spürbar. In Photoshop bietet sich dagegen das Belegen des Arcade Style Buttons mit Aktionen an oder auch beliebigen anderen Funktionen – je nachdem, was der Workflow verlangt.
Der Schieberegler, wie man ihn von Mischpulten aus der Musikszene kennt, ermöglicht eine extrem schnelle und präzise Einstellung von Werten. Im Vergleich zum Drehregler ist er intuitiver, schneller und präziser zu bedienen, nimmt aber dafür den doppelten Platz ein. Von den Kosten her liegen der Schieberegler und der Drehregler auf dem gleichen Niveau. Der Schieberegler ist ideal für häufig genutzte Funktionen mit einem einzigen Parameter. In Lightroom bieten sich hier sicherlich die Belichtungskorrektur, der Weißabgleich und alle weiteren Regler aus der Basisentwicklung (Grundeinstellungen) an. Je nach Bedarf ist dieser Regler natürlich auch mit der Schärfung oder der Rauschreduzierung optimal besetzt.
Der Drehregler ist im Vergleich zum Schieberegler etwas langsamer und nicht ganz so präzise zu bedienen, nimmt aber dafür nur halb so viel Platz ein. Genau wie der Schieberegler, eignet sich der Drehregler für Funktionen mit nur einem Parameter. Hervorragend geeignet ist er z.B. für Lichter, Tiefen, Weiß und Schwarz, Klarheit, die Schärfung oder aber auch die Rauschreduzierung.
Die Software
Über eine kostenlose App, die es für Mac-Computer und für Windows-Rechner gibt, werden den einzelnen Modulen Funktionen zugewiesen. Man kann für jedes kompatible Programm eigene Setups festlegen. Die Setups bleiben in der Palette-Software gespeichert. Beim Aufrufen eines Programms, für das ein Setup hinterlegt ist, wechselt die Palette-Gear-Software automatisch zu dem Setup für das jeweilige Programm. Man kann sogar für jedes Programm mehrere verschiedene Setups anlegen. Das ist ein großer Vorteil, falls man ein Programm für unterschiedliche wiederkehrende Arbeitsabläufe benutzt. Die Palette-Gear-Software steht ausschließlich in englischer Sprache auf der Palette-Webseite zum Download bereit.
Abgesehen von den anwendungsspezifischen Funktionen verfügt die Palette-Gear-Software auch über einen Tastatur-Modus (Keyboard-Mode). Im Tastatur-Modus kann man jedem Knopf und jedem Drehregler eine fast beliebige Tastenkombination zuweisen. Das reicht von einfachen Shortcuts wie cmd+c bzw. cmd+v für die Funktionen Copy&Paste oder cmd+f für das Ausführen des letzten Filters in Photoshop bis hin zu komplexen Tastenkombination aus bis zu fünf verschiedenen Tastaturbefehlen. So kann man auch komplexe Tastenkombinationen zu einem einfachen Knopfdruck zusammenfassen. Den Drehreglern können sogar bis zu drei verschiedene Tastaturbefehle zugewiesen werden: ein Befehl für eine Drehung nach links, ein Befehl für eine Drehung nach rechts und ein Befehl für das Drücken auf den Drehregler. In der Mac-Version der Software sind die fünf auswählbaren Tastaturbefehle Command (cmd), Control (ctrl), Shift, Option (alt) und eine frei wählbare Taste. Der Tastatur-Modus funktioniert in unzähligen Programmen. Das sind neben den voll kompatiblen Anwendungen zum Beispiel auch Browser wie Chrome oder Firefox, ältere Adobe-Anwendungen wie Photoshop CS6 oder CS3, Microsoft Word und Microsoft Excel. Auch im Keyword-Modus kann man für jedes einzelne Programm ein eigenes Setup anlegen und es immer wieder aufrufen. Und wenn man die Palette-Gear-Module für eine der voll kompatiblen Anwendungen benutzt, kann man die anwendungsspezifischen Funktionen und den Tastatur-Modus sogar in Kombination verwenden.
Das Fazit
Palette Gear ist ein hervorragendes Werkzeug, um die digitale Nachbearbeitung/Bildbearbeitung zu beschleunigen und effizienter zu gestalten. Die Verarbeitung der Module ist hervorragend, die Haptik sowie Bedienung werden professionellen Ansprüchen gerecht. Die Einrichtung der Geräte und der Software ist gut gelöst. Auf der Herstellerseite kann man sich fertige Konfigurationen herunterladen und als Einstiegspunkt in die persönliche Konfiguration nutzen. Schon beim Herunterladen bekommt man angezeigt wie viele und welche Module benötigt werden, so ist man vor Überraschungen gefeit. Die Palette Gear Tools haben einen sehr hohen Suchtfaktor, man möchte sie schon nach kurzer Zeit nicht mehr missen. Die drei angebotenen Kits sind im Vergleich zu den Einzelpreisen etwas günstiger, allerdings ebenfalls im hochpreisigen Segment angesiedelt. Für den Profi ist das allerdings eine ziemlich einfache Kalkulation:
Gerechnet an der Zeitersparnis amortisieren sich die Tools relativ schnell, wobei das natürlich ganz davon abhängt, wie viel Zeit man in der Nachbearbeitung verbringt. Die Apps, welche am meisten von Palette Gear Tools profitieren, sind sicherlich die RAW Entwickler und natürlich Video bzw. Ton Schnitt-/Bearbeitungsprogramme. Für Lightroom, Final Cut Pro, Premiere
Pro und Audition und gibt es eine sehr gute native Unterstützung, da man die Regler hier direkt mit Funktionen belegen kann. Was fehlt ist eine native Unterstützung für Capture One und DaVinci Resolve. Hier sollte Palette Gear noch nachliefern. Für Capture One Anwender bleibt aktuell der Weg über den Keyboard Modus, welcher leider nicht so intuitiv ist wie eine direkte Unterstützung. Auch die Community liefert hier aktuell keine Profile, so dass man als Capture One Anwender auf sich selbst angewiesen ist. Photoshop, Indesign, Illustrator und After Effects werden ebenfalls nativ unterstützt und auch hier ist die Effizienz beim Workflow merklich spürbar oder gar messbar, wenn auch nicht ganz so hoch wie bei den RAW Entwicklern und Schnittprogrammen.
Wer viel mit Lightroom arbeitet und in kurzer Zeit viele Bilder bearbeiten muss, wird sicherlich direkt beim Einstieg mit dem „Professional Kit“ für knapp 600 Euro gut bedient sein. Dafür erhält der Anwender vier Schieberegler-Module, sechs Drehregler-Module und vier Arcade Style Buttons. Wer zu klein einsteigt, weil er sich keine Gedanken gemacht hat, zahlt beim „Aufrüsten“ einen merklichen Aufpreis, denn ein Schiebe- oder Drehregler kostet knapp 65 Euro. Als Einstieg reicht auch das „Expert Kit“ mit zwei Schieberegler-Modulen, drei Drehregler-Modulen und zwei Arcade Style Buttons für knapp 360 Euro. Das Starter Kit für zirka 240 Euro wird für die allermeisten schon nach kürzester Zeit zu klein sein.
Wenn man über die umständliche Zwangsaktivierung hinwegsieht, hat Palette Gear ein wirklich rundes Produkt auf dem Markt und durch die Modularität eine Einzigartigkeit. Die Zwangsaktivierung ist wirklich etwas ärgerlich, insbesondere wenn man Stunden auf die Bestätigungs E-Mail warten muss, bevor man das frisch erworbene Produkt benutzen möchte.
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