Die Antwort auf diese Frage fällt diesmal völlig unanwaltlich und eindeutig aus – ja! Also grundsätzlich… zunächst mal, zumindest. Na gut, es kommt drauf an…
erade bei größeren Studios kommt es immer wieder vor, dass ich bei Gesprächen mit Mandanten bezüglich des genauen Hergangs der Erstellung bestimmter Fotos nachhaken muss und von Zeit zu Zeit auf wenig Begeisterung stoße. Stellt sich nämlich heraus, dass nicht die Chefin oder der Chef sondern der Angestellte die Aufnahme erstellt hat, ist das alles wieder mal nicht so einfach. Entgegen des US-Amerikanischen „work made for hire“-Modells, bei dem gleich der Arbeitgeber Urheber der erstellten Werke von Mitarbeitern werden kann, hat bei uns zunächst der fotografierende Arbeitnehmer sämtliche Rechte. Das liegt daran, dass § 7 UrhG mit „Urheber ist der Schöpfer des Werkes.“ demjenigen, der den Auslöser drückt, das Urheberrecht einräumt. Egal wer die Kamera bezahlt hat, an der sich der Auslöser befindet. Ganz gleich, wer den Auftrag rangeholt hat, aufgrund dessen der Auslöser überhaupt gedrückt werden kann.
Doch hat der deutsche Gesetzgeber den allseits etablierten Grundsatz „wer zahlt schafft an“ keineswegs unberücksichtigt gelassen. So lesen wir in § 43 UrhG
„Die Vorschriften dieses Unterabschnitts sind auch anzuwenden, wenn der Urheber das Werk in Erfüllung seiner Verpflichtungen aus einem Arbeits- oder Dienstverhältnis geschaffen hat, soweit sich aus dem Inhalt oder dem Wesen des Arbeits- oder Dienstverhältnisses nichts anderes ergibt.“
In den „Vorschriften dieses Unterabschnitts“ handelt es sich konkret um Vorschriften, die die Einräumung von Nutzungsrechten regeln. Die Grundaussage des § 43 ist daher, dass auch im Arbeitsverhältnis das gilt, was ganz allgemein für die Einräumung von Nutzungsrechten zu beachten ist. Darunter finden wir elementare Grundsätze des Lizenzgeschäfts, wie etwa, dass bei der Einräumung von Nutzungsrechten Wert darauf gelegt werden sollte, dass der Rechteumfang genau geklärt ist. Das beinhaltet sowohl Fragen der verschiedenen Nutzungsarten (Print, Online, Social Media, etc.), aber auch die Verwendungsdauer oder Rechte zur Weitergabe der lizenzierten Bilder.
Ein weiterer Eckpfeiler dieses Unterabschnitts ist die sogenannte Zweckübertragungstheorie. Diese besagt, dass sich, wenn kein exakter Umfang der übertragenen Rechte abgesteckt ist, sich ebendieser aus den übrigen Vertragsbedingungen ergibt. Ich denke, dass auch der juristische Laie erkennt, dass dies eine reichlich schwammige Angelegenheit werden kann und daher im Vergleich zur genauen Regelung der eingeräumten Rechte eher den zweiten Platz macht.
§ 43 UrhG ist daneben nur anwendbar, wenn der Arbeitnehmer das Werk „in Erfüllung seiner Verpflichtungen aus dem Arbeits- oder Dienstverhältnis geschaffen hat“. Hier kommt auch die Tätigkeitsbeschreibung, die dem Arbeitnehmer kraft seines Arbeitsvertrages zuteil wird, ins Spiel. Typischerweise verwendete Bezeichnungen wie „Der Arbeitnehmer ist für den Arbeitgeber als angestellter Fotograf tätig“ sind auch hier im hohem Maß anfällig für juristische Wortklaubereien und im Sinne der Rechtsklarheit wohl ein wenig zu allgemein.
Im Umkehrschluss hat die Formulierung „in Erfüllung seiner Verpflichtungen aus dem Arbeits- oder Dienstverhältnis“ aber auch zu bedeuten, dass solche Werke, die in der Freizeit oder „außervertraglich“ vom Arbeitnehmer erstellt werden, nicht von der Rechteübertragung nach § 43 UrhG umfasst sind. Doch was ist außervertraglich? Der Fotograf ist doch eigentlich immer im Dienst. Oder? Was ist mit Fotos, die der Angestellte in seiner Mittagspause schnell mit der Kamera des Arbeitgebers in dessen Studio macht, da das Set grade so schön aufgebaut ist? Macht es einen Unterschied, ob er die Bilder mit seinem Handy macht? Was ist, wenn der Arbeitnehmer sich am Wochenende im Studio mit einem selbst mitgebrachten Model zu einem TFP-Shooting einfindet? Da wird die Luft rasch dünn für § 43 UrhG und zumindest ist eins klar: Es kommt zu Unsicherheiten, die der Arbeitnehmer nicht gebrauchen kann.
Der Schuss kann bei unzureichender Regelung auch für den Arbeitnehmer gehörig nach hinten losgehen. Also Klartext!
Ich hatte einen Fall, bei dem der bisherige angestellte Fotograf sich selbstständig gemacht hatte. Nachdem er Zeit seines beruflichen Daseins nur für seinen damaligen Chef fotografiert hatte, tat er sich (nachvollziehbarerweise) schwer dabei, die Kategorie „Referenzen“ auf einer neu zu bestückenden Fotografenwebsite mit Bildern zu füllen und griff auf Bilder zurück, die er als Angestellter gemacht hatte. Der ehemalige Chef wurde zu allem Übel dann durch seinen größten Kunden auf diesen Umstand aufmerksam gemacht, der nicht schlecht staunte, dass er plötzlich als Referenz für eine bis dahin noch völlig unbekannte 1-Mann-Fotobude herhalten musste. Die Sache ging vor allem finanziell nicht gut für den einstigen Angestellten aus und stellte somit wohl den denkbar schlechtesten Start in die junge Selbstständigkeit dar.
Zusammengefasst kann man festhalten, dass Gesetzgeber und Rechtsprechung den Arbeitgeber schon ganz gut schützen, wenn es um urheberrechtliche Inhalte geht, die in Ausübung des Arbeitsverhältnisses geschaffen werden. Dennoch sollte man sich hier meiner Meinung nach nicht ausschließlich auf Gesetz und Rechtsprechung verlassen, da diese bekanntermaßen von Zeit zu Zeit zu Ausnahmen neigen.
Man kann an der Stelle, wie stets, wenn es um die Einräumung von Nutzungsrechten geht, sein Schicksal auch selbst in die Hand nehmen und sich an die Vertragsgestaltung machen. Schwammig wird es dann, wenn man sich in den Anwendungsbereich der Zweckübertragungstheorie begibt und dem kann man entgegenwirken, wenn der Arbeitsvertrag exakt regelt, was genau der Arbeitnehmer zu tun hat und welche Rechte der Arbeitgeber an seinen Werken erhalten soll.
Dieser Artikel ist in ProfiFoto 1-2/17 erschienen.