Für die umfangreiche Nutzung von Bildern steht dem Fotografen zusätzlich zum Fotohonorar ein Nutzungshonorar zu. Abgesehen von Profikunden aus Werbung, Verlag oder Konzern wissen viele Auftraggeber aber nicht, dass sie Nutzungsvereinbarungen treffen müssen. Hier ist der Fotograf als Auftragnehmer gefordert, Kunden darüber zu informieren und Nutzungsechte nicht unaufgefordert einzuräumen. Denn in vielen Fällen zahlt sich das Gespräch über Nutzungsrechte richtig aus.
Die Situation: Eine Unternehmensberatung mit mehreren Standorten in mehreren deutschen Großstädten und ca. 150 Mitarbeitern benötigt neues Bildmaterial. Fotografiert werden sollen Mitarbeiter und Führungskräfte: Porträts, Gruppenporträts, Räumlichkeiten und Arbeitssituationen. Insgesamt pro Standort ca. 20 Motive und die Kalkulationen sollen pro Standort abgegeben werden. In Berlin soll als erstes produziert werden.
Jetzt stellt der Fotograf einen Kostenvoranschlag auf der Basis dieser Informationen zusammen. Im Regelfall erfragt er dafür beim Kunden telefonisch weitere Details zu den Motiven, der Anzahl der Mitarbeiter oder den gewünschten Arbeitssituationen, damit er den zeitlichen Umfang und die Ausstattung der Fotoproduktion einschätzen und kalkulieren kann. Nicht selten trägt der Fotograf bei der Zusammenstellung der Kosten dann unter „Nutzungsrechte“ folgendes ein: „Nutzungsrechte uneingeschränkt“ oder „Nutzungsrechte zeitlich und räumlich uneingeschränkt“.
In diesem Beispiel fällt auf, dass der Auftraggeber in seinem Briefing die Nutzungsabsichten für das Bildmaterial nicht weiter formuliert hat, und auch der Fotograf sich daraufhin beim Kunden nicht nach den geplanten Nutzungen erkundigt, son-
dern alle Nutzungsrechte eingeräumt hat, ohne jedoch genauer zu wissen, welches die beabsichtigten Nutzungen sind. Entweder möchte er nicht fragen, weil er befürchtet den Job nicht zu bekommen oder er hat es versäumt zu fragen und will den Kunden mit neuen Fragen nicht belästigen. Nach dem Motto: lieber keine Nutzungsrechte, aber den Auftrag, als keinen Auftrag mit Nutzungsrechten. Ist das eine echte Alternative?
Leider übernehmen viele Fotografen bei der Erstellung des Kostenvoranschlages die Kundenrolle und wechseln in die Auftraggeberperspektive. Noch bevor ein Kunde etwas bemerken kann, kürzen sie in ihren eigenen Kosten bereits alles, was zu Kontroversen oder Auftragsverlust führen könnte. Sie handeln sich selbst runter. Dadurch entgehen ihnen nicht nur wertvolle Honorare, sie versäumen es auch, ihre Kunden über den Wert von Bildnutzungen zu informieren.
Obwohl sich der Umgang mit Nutzungshonoraren in Deutschland in den letzten fünfzehn Jahren drastisch verändert hat, erzielen viele Fotografen mit einer sensiblen und professionellen Kalkula-
tion von Nutzungsrechten immer noch gute Umsätze. Die alte Regel, die lange Zeit gut funktioniert hat, ein Medium, ein Land, ein Jahr erzielt einen Tagessatz, ist Vergangenheit. In diesen Zeiten haben viele Profifotografen sich mit dem Verkauf von Nutzungsrechten an Werbekunden, die ein Vielfaches über dem Fotohonorar lagen, nicht nur ihre Altersvorsoge finanziert. Wenn wir uns anschauen, wie der Umgang mit der Bezahlung von Nutzungsrechten sich entwickelt hat, stellen wir fest, dass Werbekunden transparent mit diesen Informationen umgehen. Sie kommunizieren die geplanten Nutzungen und stellen dafür (deutlich kleinere) Budgets für die Fotografen bereit. Unternehmenskunden wie im beschriebenen Beispiel, erwarten uneingeschränkte Nutzungsrechte aus Budgetgründen. Aber weil sie sich damit oft nicht gut auskennen, versäumen sie es, dem Fotografen die nötigen Informationen zu geben.
Mein Tipp für Fotografen, erkundigen Sie sich in jedem Fall bei Ihrem Kunden nach den geplanten Nutzungen und führen Sie diese Informationen in Ihrem Angebot auf. Überlegen Sie sich zunächst, wie Sie Ihre Honorare berechnen würden. Hierfür gibt es bewährte Tricks und erprobte Kalkulationsgrundlagen. Spielen Sie nicht selbst den Kunden! Denn, wie soll ein Kunde den Wert von Bildern und Bildnutzungen verstehen, wenn die Fotografen nicht für die Nutzungsrechte ihrer Bilder eintreten und durch Informationen und Argumente ein Bewusstsein dafür schärfen.
Und was haben Sie verschenkt?
Silke Güldner berät Fotografen und Kreative bei der richtigen Positionierung, dem Auftritt und der digitalen Präsentation.
www.silkegueldner.de
Diese Kolume erschien in ProfiFoto 1.2/16.