Der Manfrotto Digital Director, eine Kombination aus iPad-Halterung und Kamerasteuerungsschnittstelle, ermöglicht die kabelgebundene Fernsteuerung von Foto- und Videofunktionen auf dem iPad Air.
Auf den ersten Blick ist der sehr hochtrabend benannte „Digital Director“ nichts anderes als eine iPad Air-Halterung, die aufgrund eines eingebauten Cortex-A8 Prozessors in der Lage ist, kabelgebunden per iPad Air und App entsprechende Kameramodelle von Canon und Nikon fernzusteuern, Live View inklusive Fokussierungstools zu nutzen und fertige Bilder sowie Videos direkt online über die sozialen Netzwerke zu teilen. Dafür veranschlagt Manfrotto als UVP 494 Euro – wohlgemerkt ohne iPad Air.
Manfrotto sieht in dem als „Super Unit“ bezeichneten Digital Director die zentrale Schnittstelle im Foto- und Videoworkflow: „Die Steuerung von Video- und Fotoproduktionen war noch nie einfacher und umfangreicher“, so Martin Bongard, Geschäftsführer Manfrotto Distribution.
„Der Digital Director verbindet kongenial die Premiumprodukte Kamera und iPad zu einer innovativen Produktionseinheit für den optimalen Workflow.“ „Kongenial“ wäre die Steuerung ohne Kabel, wie sie von vielen NFC- und WiFi-fähigen Kameras bereits angeboten wird. Diese lassen sich dann ganz einfach per kostenloser App vom Hersteller über alle erdenklichen mobilen Endgeräte fernsteuern – wohlgemerkt kabellos. Zur Erinnerung: Die kabelgebundene Lösung von Manfrotto unterstützt derzeit lediglich das iPad Air/Air 2 und Kameras von Canon oder Nikon mit USB 2 mit Mini-B-Stecker. Also eine EOS 5 DS oder 5 DS/R mit USB 3.0 kann beispielsweise nicht angeschlossen werden.
Das kabelgebundene Verfahren hat aber nicht nur Nachteile, denn gegenüber der kabellosen Variante ist es nicht so störanfällig und kann auch größere Datenmengen schneller übertragen. Und somit ist es auch in Kombination mit dem verbauten Mikroprozessor möglich, einen Live-
Video-Feed in HD-Qualität direkt auf das iPad zu streamen. Das ist erstmal sehr praktisch, übernimmt das Retina-
Display des iPad dann die Funktion eines Field Monitors. Nichtsdestotrotz werden die Videodateien ausschließlich auf der Speicherkarte der Kamera gespeichert. Das bedeutet leider auch, in Verbindung mit dem Anschluss über USB 2, dass sich die aufgezeichneten Videos nicht auf dem iPad betrachten lassen. Dazu brauchte der Digital Director mindestens einen HDMI-Anschluss. Vor der Wiedergabe kommt aber erstmal die Aufnahme von Fotos und Videos. Positiv hervorzuheben ist jedenfalls die Tatsache, dass mittels des in den Digital Director integrierten Mikroprozessors in Kombination mit der entsprechenden App über das Highend-Retina-Display alle wesentlichen Kameraeinstellungen vorgenommen und visuell beurteilt werden können. Belichtungsprogramm, ISO-Empfindlichkeit, Verschlusszeit, Blende, Manueller Fokus, Weißabgleich, Bildqualität, AF-Modus, Betriebsart können also in Echtzeit eingestellt und überprüft werden.
Zudem werden ein dynamisches Histogramm, der Audio-Aufnahmepegel sowie der Ladezustand des Kameraakkus eingeblendet. Die integrierte Fokus-Peaking-Funktion stellt im Schärfebereich liegende Kontrastkanten farbig dar und erleichtert das Scharfstellen. Die Kontrolle ermöglicht
es darüber hinaus, den aktiven Fokus-Punkt direkt über das iPad-Display zu wählen und vergrößert darzustellen.
Der Anwender kann mit dem Digital Director weitere Aufgaben im Bilderworkflow meistern. So können Bilder betrachtet und mit einem Sternesystem bewertet werden. Leider übernimmt keine andere Anwendung im späteren Workflow der Bildbearbeitung oder Archivierung dieses Sternesystem.
Für die Bildkontrolle bietet der Digital Director die Möglichkeit, auf Miniaturansichten zurückzugreifen. Leider reicht deren Qualität nicht für eine zuvelässige Beurteilung der Schärfe aus. Selbstverständlich lassen sich auch die JPGs in voller Größe vom Digital Director anfordern. Dieser sendet die Daten dann im vollen Umfang an das iPad, was somit insbesondere bei hochauflösenden Bilddateien schnell vollgemüllt ist. Die Dateien sind nicht temporär angelegt, sondern was einmal auf dem iPad drauf ist, muss mühsam von Hand gelöscht werden. Ein effizienter Workflow sieht anders aus. Für RAW-Fotografen generiert der Digital Director automatisch eine hochauflösende JPEG-basierte Vorschau – diese benö-
tigt je nach Motiv und Auflösung der Kamera zwischen 5 und 7 Sekunden.
JPEGs lassen sich auch mit rudimentären Bildbearbeitungswerkzeugen in der Digital Director App bearbeiten. Diese Bearbeitungsschritte sind ausschließlich destruktiv.
Auch das Teilen der Bilder mit anderen über FTP oder E-Mail ist problemlos möglich, ebenso der schnelle Upload zu sozialen Netzwerken wie Facebook, WhatsApp, Instagram und anderen. Zumindest für diejenigen, die auf eine anspruchsvolle Bildbearbeitung beziehungsweise das Videoediting am PC verzichten – was für die meisten Profis nicht zutreffen dürfte.
Und abschließend noch zwei Anmerkungen über den Digital Director selber. An der Unterseite der Halterung befinden sich vier Zubehöranschlüsse (cold shoe), über die weiteres Zubehör an den Halter angebracht werden kann. Außerdem kann der iPad- Rahmen an der Halterung mittels sechs Schrauben ausgetauscht werden, so dass auch zukünftige iPad-Gererationen am Digital Director Anschluss finden.
Der Digital Director kann über den mitgelieferten Adapter direkt über eine Steckdose mit Strom versorgt werden oder alternativ, da ja nicht immer eine Steckdose in der Nähe ist, mit 4 AA Batterien. Beim Anschluss über die Steckdose wird praktischerweise das iPad gleich mit aufgeladen.
Fazit
Die Idee, das iPad Air/Air 2 als „Aufnahmehelfer“ und „Workflowoptimierer“ einzusetzen, ist gut. Insbesondere das Live-Streaming von HD-Inhalten ist ein Alleinstellungsmerkmal. Leider lassen sich die gemachten Videos nicht auf dem schönen Retina-Display des iPad Air betrachten und auch das kabelgebundene Arbeiten schränkt den Fotografen und Filmer ein. Der Ansatz von Manfrotto ist interessant, bietet allerdings noch einiges an Entwicklungspotenzial.
Dieser Beitrag ist erschienen in ProfiFoto Ausgabe 12/2015.
Und hier noch ein kurzers Tutorial-Video von und mit Manfrotto.