Die Eindrücke vom ADC Festival und dem BFF Aufschlag in Hamburg sind noch frisch. Wie jedes Jahr versammelte sich die Werbe- und Kreativszene, um gute Werbekonzepte und neue Fotografie zu präsentieren. Weniges ist wirklich neu und ungesehen, dafür aber „neu gesehen“ und gut interpretiert. Und darauf kommt es an, denn alles ist schließlich schon da.
Es ist wieder soweit, eine neue freie Arbeit für das Portfolio oder die Website muss her – aber was? Um Kunden zu beeindrucken und auf sich aufmerksam zu machen, stellen sich Profifotografen regelmäßig dieser Aufgabe, die mit umfangreicher Planung verbunden sein kann. Vieles wird wieder verworfen, weil es nicht einzigartig genug ist. Gibt es schon, hat der oder die schon ähnlich umgesetzt, ist nichts Neues oder kann nicht finanziert werden. Denn oft ist ein ganzes Team erforderlich, um eine anspruchsvolle Produktion abzuliefern: Stylisten, Modelle, Requisiten oder Location. Oder eine aufwändige Reise in ferne Länder wird geplant, um ein interessantes Reportage-Thema abzulichten und vorzustellen. Nicht selten werden Fotografen ihren eigenen Ansprüchen dabei nicht gerecht. Keine Idee besteht vor ihren strengen Bewertungskriterien. Am Ende wird nichts produziert und das Portfolio bleibt doch wie es ist. Auf der Suche nach dem neuen Bild oder der neuen Serie zerbrechen sich Profifotografen regelmäßig den Kopf. Nicht wenige Fotografen sind bereit, einige Tausend Euro für eine gute Idee und neues Projekt auszugeben und erhoffen sich davon viel: Kundeninteresse, neue Vermarktungsmöglichkeiten und Imagegewinn. Eine gute Sache, denn es zeigt, dass sie die Aufgabe ernst nehmen, nicht nur Bilder zu liefern, sondern Inhalte zu entdecken und zu zeigen. Inhalte, die von persönlichen Ideen geprägt sind und kreative, neue Sichtweisen transportieren. Auch zahlreiche Craft-Workshops auf dem Seminarmarkt sollen dazu beitragen, dass Kreative kreativer werden, bessere Ideen in kürzerer Zeit entwickeln und in der Lage sind, unablässig auf höchstem Niveau zu produzieren. Der Output von Designern und Werbern in den Agenturen kann schließlich noch optimiert werden, damit unter Termindruck noch mehr erstklassige Konzepte entstehen. Kommen gute Ideen nicht oft von selbst, stellt sich die Frage, was können Sie noch unternehmen, um gute Ideen zu bekommen? Die tollsten Kreativtechniken und Tricks sind früher oder später unwirksam, wenn der kreative Geist regelmäßig überfordert oder gestresst ist. Entstehen gute Ideen und neue Ansätze nicht immer dann, wenn der Raum dafür da ist? Muße ist das Schlüsselwort. Also eine Gelegenheit, die Zeit nach eigenem Wunsch zu nutzen. Zeit, die nicht von Fremdinteressen bestimmt ist. „Es gibt keine Themen, die besser oder wichtiger sind als andere. Es kommt nur darauf an, wie man ein Thema erzählt.“ Das sagt der italienische Regisseur Nanni Moretti in einem Interview über seinen neuen Film, der kürzlich in Cannes vorgestellt wurde. Und ich finde, er hat recht. Der Blick in den Bereich der Kunst und der Fotografie gerichtet zeigt, dass die besten Ideen im Grunde oft sehr simpel sind und uns dennoch berühren. Der Grund: Sie sind einfach gut gemacht und dafür braucht man Zeit. In meinen Gesprächen mit erfolgreichen Fotografen habe ich festgestellt, dass nicht wenige im Laufe ihres Arbeitslebens „entschleunigt“ haben. Obwohl sie über einen langen Zeitraum erfolgreich für namhafte Auftraggeber in der ganzen Welt Arbeiten realisiert haben, blieb das allein unbefriedigend. Für sie wurde der Wunsch nach einem sinnhafteren Umgang mit Fotografie und Bildern zunehmend wichtiger. Nicht selten sind diese Fotografen und Künstler gut geschult in der Praxis der Meditation und der Achtsamkeit, was sich auch in ihrer Arbeit erkennen lässt. Das Bewusstsein für Natur und Umwelt, für einfache Dinge, spiegelt sich in der Arbeit vieler Künstler wider. Und Trends wie das „Upcycling“ – also Gegenstände des Alltags entfremden bzw. umdesignen, so dass sie eine ganz neue Bedeutung, Ästhetik oder Funktion bekommen, sind längst etabliert und selbstverständlich. Im turbulenten Alltag fehlt uns oft die Achtsamkeit, um die Umwelt und die Dinge, die uns begegnen, bewusst wahrzunehmen. Dabei würde es helfen, dem Alltäglichen den Zauber zu entlocken. Und manche neue Idee ergibt sich dann wie von selbst. Eine gute Gelegenheit ist vielleicht die anstehende Ferienzeit, denn Entschleunigung hilft beim Entdecken. Probieren Sie es doch aus! Und was gibt es in Ihren Ferien zu sehen? Silke Güldner berät Fotografen und Kreative bei der richtigen Positionierung und Präsentation.
www.silkegueldner.de