Ein eindrucksvolles Porträt ist wichtig. Es kann für einen Erstkontakt mit dem Porträtierten ausschlaggebend sein. Primär hängt die Klasse des Porträts von der Sorgfalt des Fotografen ab. Entscheidend ist, wie er sein Gegenüber in Szene setzt und worauf er dabei achtet. Denn zwischen einem Porträt mit Strahlkraft und einem durchschnittlichen „Fotografiergesicht“ liegen nicht nur Welten, sondern auch der Unterschied zwischen einem nützlichen Werkzeug für den Erfolg und einem Auftragskiller.
Abgesehen von biometrischen Bildern oder Bewerbungsbildern müssen gute Porträts hohen Ansprüchen gerecht werden. Täglich sehen wir sie in den Print- und Online Medien. In der redaktionellen Berichterstattung der Kultur- oder Wirtschaftsmagazine, auf Webseiten oder in Geschäftsberichten und in der Unternehmenskommunikation. Mal abgesehen von Privatkunden, werden Porträts überwiegend zur Veranschaulichung beruflicher Themen eingesetzt. Ob Kleinunternehmer, Dienstleister, Handwerker oder Führungskraft, sie alle benötigen Porträts für ihren Außenauftritt.
Gute Porträts können viel bewirken: Sie sind aufschlussreich und machen neugierig. Von guten Porträts lassen wir uns gerne beeinflussen, sie führen im besten Fall dazu, dass wir mehr erfahren wollen oder auch nachlesen, wer das Bild gemacht hat. Ein gutes Porträt hinterlässt Spuren, es prägt sich ein. Ein „bitte lächeln“ wird nicht zu einem Porträt der Extraklasse führen. Es ist entscheidend, wie seriös der Fotograf das Thema angeht und ob er so ein Porträt mit Strahlkraft oder ein langweiliges „Fotografiergesicht“ produziert.
Die Gründe für ein durchschnittliches Porträtergebnis bei den Auftraggebern zu suchen, ist zu einfach. Das Bildergebnis hängt überwiegend von der Kompetenz des Fotografen ab, wie er sein Gegenüber wahrnimmt und motiviert. Natürlich gibt es weniger fotogene Personen, die dazu noch unter Zeitdruck stehen und in ungeeignetem Ambiente mit schwieriger Bekleidung fotografiert werden wollen. Abgesehen von diesen Ausnahmen, hat jeder Fotograf eine Vielzahl von Möglichkeiten, ein hervorragendes Porträt zu machen, selbst wenn er nur 15 Minuten Zeit hat.
Was macht ein Porträt mit Strahlkraft aus? Hier spielt sicherlich der jeweilige Kontext eine große Rolle, dennoch gibt es allgemeingültige Gemeinsamkeiten. Ein gutes Porträt hat Ruhe und Präsenz, der Porträtierte wirkt konzentriert und wach. Das Porträt weckt das Interesse an einer Person, es ist einladend, wirkt offen, zugewandt oder humorvoll.
Das „Fotografiergesicht“ sehen wir, wenn sich ein Fotograf wenig um gute Rahmenbedingungen sorgt. Er bei der Produktion außer acht lässt, eine bequeme und natürliche Position herzustellen, gut sitzende Kleidung und harmonisches Licht zu erzeugen. Das Ergebnis ist oft enttäuschend: teuerste Anzüge sitzen schlecht, die Perspektive ist nicht auf „Augenhöhe“, der Hals oder andere Körperteile anatomisch seltsam verkürzt, der Bildausschnitt wirkt amputiert. Der Blick des Porträtierten gleitet knapp an der Kamera vorbei und der Ausdruck wirkt ungeduldig oder die Unschärfe hat sich einen eigenwilligen Platz gesucht.
Für ein erstklassiges Porträt brauchen Fotografen ein Gefühl für Bewegung und Körperhaltung, ebenso wie ein Gefühl für Mode und guten Bekleidungsstil. Aber ebenso wichtig für ein ausdrucksstarkes Porträt ist es, Menschen zu mögen, ein offenes und positives Wesen zu haben. In dieser Atmosphäre und Haltung gelingt es, selbst mit wenig Zeit, einen guten Kontakt zum Porträtierenden aufzubauen und ein erstklassiges Ergebnis zu erzielen. Wenn Sie 15 Minuten für ein Bild bekommen, sollten Sie zwei Drittel der Zeit für diese Dinge einsetzen und nur ein drittel für das Fotografieren selbst.
Viele Führungskräfte, die sich Porträtieren oder interviewen lassen, haben Medientrainings absolviert. Sie achten darauf, wie sie wirken, haben klare Vorstellungen und dirigieren die Fotografen schon von sich aus zu den richtigen Hintergründen für das Bild, um die beabsichtigte Wirkung, auch im Sinne ihres Unternehmens zu erzielen. Auch mancher Fotograf kann von einem Medientraining profitieren, schon um über den Horizont der Kamera hinauszudenken und den Kontext für ein gutes Porträt zu erfassen, als auch die persönliche Beziehung besser zu gestalten. Die Technik kommt zum Schluss.
Und wie sieht Ihr nächstes Porträt aus?
Silke Güldner berät Fotografen und Kreative bei der richtigen Positionierung und Präsentation.