Megapixelgigantomanie, wohin das Fotografen-Auge blickt. Nun bringt auch Canon, wie seit langem angekündigt, 50 Megapixel auf einem Kleinbildsensor. Aber machen diese von Canon, Nikon und Sony eingesetzten Auflösungen überhaupt Sinn?
Das wollten wir wissen:
1. Mehr Auflösung = mehr Bildinformation – Werbetechnisch ist die Botschaft klar, doch kommt diese auch beim Anwender so an? Wer braucht im Kleinbild 50 Millionen Pixel Auflösung? Welche Vorteile bringt die hohe Auflösung? Welche Nachteile sind zu befürchten? Was ist in Bezug auf die Auflösung sinnvoll?
2. Canon und Nikon zielen mit den hohen Auflösungen auf Kundschaft aus dem Mittelformat, die für kleines Geld viel Auflösung, noch mehr Objektivauswahl und vor allem ein gut funktionierendes AF-System erhalten. Doch wird die Rechnung aufgehen? Oder überwiegen nicht doch die Vorteile aufgrund der größeren Sensoren beim Mittelformat?
3. Anstatt Auflösung, an welchen Stellschrauben sollten die Kamerahersteller besser drehen? Wo besteht Handlungsbedarf?
Guido Puttkammer, www.hensel.de:
1. Die hohe Auflösung bietet Reserven für anspruchsvolle Jobs besonders in den Bereichen Mode-, Still Life sowie Architektur- und Interieurfotografie: bestmöglich statt nur „gut genug“. People- und Modefotografen wird die – im Vergleich zu Mittelformatsystemen ähnlicher Auflösung – hohe Bildfrequenz der Canon 5Ds freuen, sind so doch dynamische Aufnahmen in optimaler Qualität möglich. Fotokünstler erhalten mit diesen Highres-Kameras relativ günstig die Möglichkeit, auf größere Ausgabeformate zu gehen.
Nachteile sind fraglos die durch die großen Datenmengen bedingten längeren Bildbearbeitungszeiten sowie der erhöhte Speicherbedarf bei der Archivierung. Anwender dieser hochauflösenden Kameras müssen zudem besonders sorgfältig arbeiten, wenn sie deren Qualität nutzen wollen: Die Verwendung von hochwertigen Objektiven, Stativen, Spiegelvorauslösung oder auch Blitzanlagen (deren kurze Leuchtzeiten Verwacklungs- und Bewegungsunschärfen vermeiden) ist sinnvoll. Hier spielt handwerkliches Können eine große Rolle – echte Profis sind gefragt.
2. Die bei vielen Mittelformatsystemen niedrigere Pixeldichte stellt geringere Anforderungen an die Objektive und kann zu einer sichtbar besseren Auflösung führen. Bei ähnlicher Anzahl der Bildpunkte sind im Falle größerer Sensoren, dank der geringeren Nachvergrößerung, optische Fehler, Staub etc. weniger sichtbar. Auch die Farbwiedergabe (Sättigung & Nuancierung) ist oft einen Tick besser.
Ferner gibt es in diesem Segment noch Zentralverschlussobjektive, die deutlich kürzere Synchronzeiten als Schlitzverschlüsse bieten und somit für anspruchsvolle Nutzer, speziell bei der Arbeit mit Blitz außerhalb des Studios, technische und gestalterische Vorteile haben.
Hinzu kommen subjektive Faktoren: Mittelformatkameras führen zu einer bewussteren Arbeitsweise, es wird weniger „geknipst“ und mehr fotogra-fiert. Und Kunden nehmen Fotografen mit einer Mittelformat eher als Profis wahr.
3. a) Es fehlen professionelle Kameras mit aufs Wesentliche reduzierter Ausstattung und bewährten, traditionellen Bedienungselementen! Waren Profikameras früher eher spartanisch und dafür besonders zuverlässig, so sind heutige Top-DSLRs überzüchtet und nicht selten arg sensibel: Deren Komplexität überfordert viele Anwender und ist in der Praxis oft sogar hinderlich.
b) Kürzere Blitz-Synchronzeiten sind für Profis wichtig. Schnellere Schlitzverschlüsse oder die Einführung des „globalen“ elektronischen Verschlusses machen Sinn. Techniken wie „HSS“ und „Hypersync“ sind nur Notlösungen.
c) Wünschenswert sind mehr erstklassige, bezahlbare Festbrennweiten. Nicht jeder Kunde braucht teure hochlichtstarke Objektive, deren Auflösung bei Abblendung sowieso wieder abfällt.
d) Die wirklich funktionelle Integration von „WiFi Direct“, vielleicht sogar eines LTE-Moduls, für eine zuverlässige (!) drahtlose Bildübertragung auf Rechner oder direkt in das Internet, ist überfällig.
Mehr Statements zum Thema gibt es in der ProfiFoto Ausgabe 5/2015.