Die eigene Bildsprache zu entwickeln, gute fotografische Themen zu besetzen und Aufnahme- und Kameratechnik zu beherrschen sind wichtige Inhalte der fotografischen Ausbildung und eines Studiums. Entscheidend, ob sich ein Nachwuchsfotograf danach gut am Markt positioniert, ist allerdings das Wissen aus der Jobpraxis eines Fotografen. Wie wichtig dabei Kontakte sind und wie man sich gut vermarktet oder sein Honorar durchsetzt, wird den jungen Fotografen oft nicht erzählt. Fit for future!
Junge deutsche Fotografie ist dieses Jahr wieder in der Ausstellung „Gute Aussichten“ zu sehen. Hier zeigen Absolventen der Studiengänge Fotografie ihre jurierten Projekte. Mit dem Bewusstsein, dass dies „das Beste ist, was der Fotografen-Nachwuchs an deutschen Hochschulen zu bieten hat“, fragt man sich, was aus den jungen Fotografen später wird. In der Tat sind die ausgewählten Arbeiten spannend und sowohl technisch, fotografisch und inhaltlich auf sehr gutem Niveau. Bei einigen ist eine Reportage-artige Ausrichtung erkennbar, andere beschäftigen sich mit detailreicher Inszenierung. Alle haben ein starkes oder überraschendes individuelles Thema gefunden. Eine Garantie für einen gelungenen Einstieg in die angewandte Fotografie oder die Kunstfotografie bietet das trotzdem nicht.
In der Fotografie geht es bereits früh darum, Entscheidungen zu treffen. Sich zu fragen, welcher Weg zu einem passt. Eine gute kreative Auseinandersetzung mit fotografischen Themen reicht für die spätere Jobpraxis aber nicht aus. Wer vermittelt den jungen Fotografen, welche Themen nicht nur geeignet, sondern erfolgversprechend sind. Wie sie ein publikumsrelevantes Thema recherchieren und interessant abbilden.
Welche Rolle spielt die Auftragsrealität in einem Fotografie-Studium? Über Anwendungskontexte und Möglichkeiten wird selten gesprochen. In-
siderwissen aus den Redaktionen und Werbe-
agenturen sind Nachwuchsfotografen in der Regel nicht geläufig. Dafür täte schon in der Ausbildung ein Perspektivenwechsel gut. Damit junge Fotografen sich aufgrund von Wissen und nicht aufgrund von Vermutungen für eine angewandte Richtung entscheiden können, ist es nützlich, ein Gespür für den Markt zu bekommen. Klar ist dabei aber auch, dass die kreative Profientwicklung durch zu viel „Marktrecherche“ dabei nicht ausgebremst werden soll, sondern unterstützt wird.
In den Redaktionen haben Nachwuchsfotografen gute Chancen auf erste Aufträge im Bereich Reportage oder Porträt. Durch die Zusammenarbeit mit unterschiedlichen Magazinen kann ein junger Fotograf sein Portfolio ausbauen und seine Bildsprache entwickeln. Eine Werbeagentur hingegen hat andere Anforderungen an das Portfolio und den Leistungsumfang eines Fotografen, der für einen Auftrag angefragt wird. Oft gibt es Unsicherheiten und Berührungsängste, wie diese Kunden am besten angesprochen werden oder wer überhaupt der richtige Ansprechpartner in Agentur oder Redaktion ist. Kaum ein Fotograf hat gelernt, frei zu sprechen oder zu präsentieren. Und besonders zurückhaltende Charaktere haben mit der Selbstvermarktung ein Problem.
Junge Fotografen würden sehr davon profitieren, wenn neben fachlich-kreativen und technischen Inhalten verstärkt andere Skills vermittelt werden. Ohne aus einem Fotografen einen glatten Vertriebsprofi zu machen, können Persönlichkeiten gefördert werden, die im Markt der angewandten Fotografie bestehen und eine Verhaltenskompetenz für Selbstmarketing und Kommunikation besitzen. Die Ahnung von Projektabwicklung haben und die ein umfangreiches Briefing in einer verbindliche Kalkulation darstellen können.
Denn welchen Wert haben kreative oder künstlerische fotografische Projekte für ihren Urheber, wenn er damit mittelfristig nicht auch einen guten Lebensunterhalt verdienen kann?
Wenn Sie Nachwuchsfotograf sind und Bedarf an praktischen Skills haben, informieren Sie sich bei Verbänden für Profifotografen, wie zum Beispiel BFF oder Freelens, suchen Sie kollegialen Austausch mit erfahrenen Fotografen, die sich als Mentoren anbieten, oder besuchen Sie Foto-Conventions mit Speakern, die aus ihrer Jobpraxis erzählen, wie die „fit for future“ in Zingst. Und für eine individuelle Beratung kommt auch ein gefördertes Gründercoaching, z.?B. das der KfW, in Frage. Und wie sind Ihre Aussichten?
Silke Güldner berät Fotografen und Kreative bei der richtigen Positionierung und Präsentation. www.silkegueldner.de