Wenn es ums Geld geht, wird im Kreativ- und Kulturbereich noch immer meist geschwiegen. Dabei ist es dringend an der Zeit, endlich konkrete Zahlen auf den Tisch zu legen, damit jeder weiß, wo er selber steht und auch, um prekäre Verhältnisse in der Szene aufzuzeigen. Wie gut können also Fotografinnen, Museumsdirektoren, Festivalmacher und Verlegerinnen am Ende des Monats von ihrer Arbeit eigentlich leben?
1. Was machen Sie genau und wer Sind Ihre Auftraggeber?
2. Wieviel Geld verdienen Sie?
3. Wie haben sich Ihr Gehalt/Honorar in den letzten 10 Jahren entwickelt?
4. Finden Sie, dass Sie angemessen bezahlt werden?
5. Können Sie Geld sparen und für die Rente vorsorgen?
Selbstständiger Fotograf (40) aus Köln
1.
Ich helfe meinen Kunden packende Geschichten zu erzählen um für sie selbst oder ihre Produkte zu werben. Meine Kunden sind Werbeagenturen, Firmen und auch Einzelpersonen, die ein Personal Branding brauchen.
2.
Mein Tagessatz liegt bei 1.500 Euro, aber jeder Monat und jedes Jahr verlaufen unterschiedlich. Ich hatte Jahre mit 35.000 Euro, aber auch schon Jahre mit 200.000 Euro netto.
3.
Die Entwicklung ist bei mir ein Zick-Zack-Kurs: Auf ein Super-Jahr folgt ein schlechtes Jahr, dann zwei gute Jahre, dann wieder ein schlechtes. Umgerechnet auf die letzten zehn Jahre war es ein Wachstum von 47 Prozent. Doch dann kam die Corona-Pandemie.
4.
Ja, ich suche mir nur Kunden aus, die mich angemessen bezahlen.
5.
Ich habe in Aktien investiert, Immobilien gekauft und verkauft und immer einen Notgroschen für ein Jahr zur Seite gelegt. Der ist jetzt allerdings fast komplett aufgebraucht und sparen ist aktuell soweiso nicht mehr möglich.
Design- und Medienhistoriker und Fotograf (72) aus dem Rheinland
1.
Ausstellungen kuratieren, Bücher und Texte schreiben, wissenschaftliche Vorträge halten und Gutachten verfassen, gelegentlich das Ganze mit eigenen Fotografien illustrieren.
Auftraggeber sind öffentliche Institutionen (selten), Vermittler (ebenfalls selten), Architektur-, Design- und Fotografie-Büros (am häufigsten neben der Wissenschaft, s.u.).
2.
In der Wissenschaft nichts, bei öffentlichen Institutionen Einzelhonorare für Vorträge und Texte zwischen 200 und 1.000 Euro (sehr selten, im letzten Jahr gar nichts), bei Vermittlern etwa doppelt soviel, bei freien Büros rechne ich nach vorheriger, mit dem Kunden abgestimmter Kalkulation Tagessätze zwischen 400 und 600 Euro ab, je nach Mengenrabatt etc.
Grundlage ist meine Pension als Hochschullehrer, bei der ich noch um 20 Prozent des Gesamtbetrags vor Gericht kämpfe (keine Anerkennung von Studium und freiberuflichen Zeiten) – wenn ich gewinne, liege ich knapp über 4.000 Euro im Monat, jetzt noch um einiges darunter. Das ist für mich eine Frage der Gerechtigkeit, sonst sicher eher ein Luxusproblem.
3.
Gar nicht. Weder hinauf noch herunter.
4.
Ich kenne Kolleginnen und Kollegen, die vor zehn Jahren das Doppelte bis Vierfache vom oben genannten genommen haben und heute um Aufträge betteln. Ich bin im Grunde der Handwerker von vor 50 Jahren geblieben: Für mich muss Arbeit ehrlich berechenbar sein. Ist altmodisch und sicher falsch, aber ich kann damit gut schlafen. Und ein wenig Achtung vor mir selbst muss im Arbeiten auch gegeben sein, daher die Honorare. Denn wat nix koss‘, is‘ auch nix. Die Wissenschaft macht immer noch mehr als die Hälfte meiner Arbeitszeit aus – ich betreue u.a. noch einige Doktoranden und bin in einer Fachgruppe eingebunden – aber das wird weitestgehend/komplett über die Pension/Rente getragen – eine echt privilegierte Situation, die auch eine freie Meinung befördert.
5.
Das Haus war genau zum Zeitpunkt der Pensionierung abbezahlt – somit passt alles. Das Auto ist 17 Jahre alt und geht sicher wieder übern TÜV.
Herausgeberin eines Fotomagazins (36) aus Nordrhein-Westfalen
1.
Ich bin selbstständig und baue ein Fotomagazin auf. Meine Einnahmen erziele ich zum Großteil aus Werbung sowie Unterstützung der Leserschaft.
2.
Vor Corona lag mein monatliches Einkommen bei etwa 1.400 Euro netto, also rund 17.000 Euro im Jahr. Aktuell ist es aufgrund der Pandemie auf ca. 1.000 Euro gesunken.
3.
Da ich noch nicht lange in dem Bereich arbeite, kann ich die Frage nicht beantworten. Generell ist das Einkommen sehr unstet. Mal läuft es einen Monat ganz gut und ich sehe etwas Licht am Horizont und dann kommt ein Sommerloch oder eben eine Pandemie.
4.
Meinen Stundenlohn rechne ich mir bewusst nicht aus. Aber ich habe mir diesen schweren Weg selbst gesucht. Das Ziel ist es, irgendwann ohne Geldsorgen leben zu können. 2.600 Euro netto im Monat sollten mir persönlich dafür reichen. Damit wäre ich in Deutschland sicher nicht reich, aber ich könnte am Ende des Monats alle Rechnungen zahlen und hätte etwas für Hobbys oder Urlaub übrig.
5.
Nein, ganz im Gegenteil. Ich mache momentan mit meinem geringen Einkommen monatlich Schulden. Ich habe mir persönlich eine Deadline gesetzt, bis wann ich diesen Weg gehe. Wenn sich bis zu diesem Zeitpunkt nichts verändert, muss ich mir eine andere Arbeit suchen.
Freiberuflicher Fotograf (37) aus München
1.
Ich arbeite für Verlage, Wochen-Magazine, Fachzeitschriften, Monatszeitschriften und mittelständische Unternehmen und mache außerdem Workshops und Jugendarbeit.
2.
20.000 bis 35.000 Euro netto im Jahr
3. Wie haben sich Ihr Gehalt/Honorar in den letzten 10 Jahren entwickelt?
Das ist schwer zu sagen, da ich zwei Mal in Elternzeit war und dann die Pandemie kam, aber unterm Strich war mein Einkommen eher stabil mit einer leicht positiven Entwicklung.
4.
Bei redaktionellen Aufträgen stellt sich die Frage selten, denn ich stelle mich nicht bei Verlagen vor, von denen ich weiß, dass sie unrealistisch Tagessätze kalkulieren. Meine Schmerzgrenze liegt bei 300 Euro für einen redaktionellen Einsatz plus Spesen. Bei Unternehmenskunden argumentiere ich stark über die Nutzungsrechte, oft wird ein etwas günstigeres Honorar zum Beispiel für Kurztermine bis zwei Stunden mit 50 bis 700 Euro für ein einfaches Nutzungsrecht angesetzt und etwa der selbe Betrag für Lizenzerweiterungen verhandelt. Die Frage ist hier nicht, wie man das durchsetzt beziehungsweise argumentiert, sondern, ob überhaupt ein Auftrag zustande kommt.
5.
Kaum. Ich zahle meine Pflichtbeiträge über die Abgaben an die Künstlersozialkasse und habe kleine Sparbeträge in ETFs angelegt.
Selbstständige Fotografin (36) aus Baden-Württemberg
1.
Ich bin in den Bereichen Corporate und Editorial, mit Spezialisierung auf People und Interieur tätig. Mitarbeiter habe ich keine, ich bin eine klassische Solo-Selbstständige. Meine Auftraggeber sind regionale und überregionale Magazine, kleine und mittelständische Unternehmen aus der Region im Umkreis von etwa 100 Kilometern sowie andere Einzelunternehmer.
2.
Mein Jahres-Netto-Umsatz lag vor Corona bei 50.000 Euro, der zu versteuernde Gewinn bei 40.000 Euro. Im Pandemie-Jahr sind Umsatz und Gewinn um 20 Prozent eingebrochen, ich konnte mich den Umständen entsprechend gut durchschlagen. Mein Tagessatz liegt bei 1.200 Euro.
3.
Ich bin jetzt zehn Jahre im Beruf und bin ganz zufrieden mit der Entwicklung. Dabei liefen die ersten Jahre finanziell schleppend an: Es dauert eine Weile, sich einen Kundenstamm aufzubauen, Referenzen zu sammeln, in benötigte Technik zu investieren. Im vierten Jahr nach der Gründung lag der Jahres-Netto-Umsatz noch bei mageren 17.000 Euro, danach konnte ich mich stetig verbessern. In den letzten sechs Jahren hat sich mein Jahresumsatz praktisch verdreifacht, bei etwa konstanten Ausgaben. Da merkt man die kalte Progression bei der Einkommenssteuer und fragt sich, ob sich höhere Umsätze überhaupt lohnen, wenn netto nicht so viel übrig bleibt? Zum Glück musste ich nie einen Kredit für Equipment aufnehmen und hatte zu Beginn keine hohen betrieblichen Fixkosten oder Lebenshaltungskosten.
4.
Ich habe das Gefühl, meine Honorare liegen noch im unteren Spektrum der marktüblichen Preise.
Kunden wollen nach Erhalt meiner Angebote meist nicht nachverhandeln, daher gehe ich davon aus, dass ich noch „zu günstig“ bin, traue mich aber nicht so recht, großzügiger zu kalkulieren. Ist das vielleicht ein Frauen-Problem? Zu Beginn habe ich noch sehr viele Stunden für wenig Geld gearbeitet und erste Stress- und Erschöpfungssymptome bemerkt. Inzwischen läuft es besser.
5.
Ich kann erst seit etwa fünf Jahren etwas ansparen und in einem Wertpapier-Depot anlegen. Wegen der Pandemie musste ich allerdings auf Erspartes zurückgreifen und möchte mir ein größeres Polster ansparen. Meine betrieblichen Ausgaben liegen bei ca. 10.000 Euro, da ist auch immer viel Technik dabei. Da ich jetzt eigentlich alles habe, was ich brauche, könnte ich an dieser Stelle etwas einsparen und zurücklegen. Als freie Fotografin bin ich über die Künstlersozialkasse versichert und versuche dort pro Jahr nah an einen Rentenpunkt von 1 oder drüber zu kommen.
Freiberuflicher Fotograf (35) aus der Region Köln
1.
Ich biete Fotografie im Bereich Porträt und Reportage an, dazu auch Architekturfotografie. Auftraggeber sind Magazine, kleine- und mittelständische Unternehmen sowie Architekturbüros.
2.
Im Jahr 2019 waren es 31.000 Euro netto.
3.
Bisher ist es stetig angestiegen, aber aktuell ist es rückläufig.
4.
Das ist ganz individuell vom Job abhängig. Ich finde, dass man im Editorial-Bereich nicht angemessen bezahlt wird. Bei Mitarbeiterporträts für ein kleineres Unternehmen finde ich das Tageshonorar von 1.500 Euro in Ordnung.
5.
Mit zwei kleinen Kindern und meiner Frau in Mutterschutz kommen wir in der Regel auf Null heraus beziehungsweise kleinere Beträge können gespart werden. Eine ausreichende Vorsorge für die Rente ist nicht möglich.
Verlegerin eines Fotografiemagazins (34) aus Hamburg
1.
Ich bin Verlegerin eines unabhängigen Magazins und arbeite freiberuflich für Museen, Institutionen und Unternehmen im Bereich Kuration, Content Management und Social Media.
2.
Aktuell zwischen 200 und 500 Euro im Monat. Gerade habe ich die dritte Runde Corona-Hilfe bekommen – das sind etwa 600 Euro im Monat bis Juni 2021. Bei monatlichen Ausgaben um die 1000 Euro bleibt da natürlich nix richtig übrig und manchmal sogar nur ein fettes Minus. Gerade ist einfach „Augen zu und durch“ angesagt und ich hoffe, dass die Zeiten besser werden und man mich vielleicht auch mal wieder anruft oder für etwas beauftragt. Seit Corona ist alles eingeschlafen. Kein Auftrag weit und breit, gähnende Leere, dafür aber mehr Kreativität. Ich verkaufe jetzt nebenbei noch selbst designte T-Shirts und Strickmützen und hab gerade ein neues Zine rausgebracht. Man tut was man kann. Irgendwie.
3.
Steigend, aber schleppend. 2019 hatte ich es endlich geschafft, ein geregeltes Monatseinkommen von 1.200 Euro zu erzielen, aber dann kam Corona.
4.
Nein. Ich arbeite mindestens acht Stunden am Tag und oft auch am Wochenende, wenn ich auf Events oder Festivals muss oder Workshops leite. Jeder Auftrag ist ein Kampf. Vor allem, wenn man mit Museen und Institutionen arbeitet, muss man sich viel mit limitierten Budgets auseinandersetzen. Man wird oft gefragt, ob man etwas gratis machen kann oder man bekommt lediglich die Reisekosten erstattet. Mein Stundensatz liegt manchmal im Cent-Bereich und das ist schon ziemlich erschreckend.
5.
Ich habe kein Sparbuch und ich habe noch nie für eine Rente vorsorgen können. Laut meinem derzeitigen Rentenbescheid bekäme ich 32 Euro monatlich. Ich habe es in den letzten Jahren nicht geschafft, etwas für mich zurückzulegen. Das hat vor allem jetzt in der Coronakrise verdeutlicht, wie finanziell instabil meine Arbeit ist.
Fotografin, Fotojournalistin und Künstlerin (39) aus dem Rheinland
1. Was machen Sie genau und wer Sind Ihre Auftraggeber?
Ich bin in unterschiedlichen Bereichen unterwegs. Einen Großteil nimmt die fotojournalistische Tätigkeit ein. Porträts und Reportagen für Magazine sowie Corporate Magazine. Darüber hinaus arbeite ich regelmäßig für kleinere und größere Direktkunden und Sozialunternehmen, zum Teil fotografiere ich Kampagnen in Zusammenarbeit mit Agenturen und unterrichte als Fotodozentin.
2.
Das kann man so pauschal nicht sagen und schwankt auch stark. Das reicht pro Auftrag von 250 Euro all-in für redaktionelle Jobs für kleine Magazine bis zu 1.500 Euro Tagessatz für Unternehmen, Direktkunden und Agenturen zzgl. Nutzungsrechte, Postproduktion. Vor- und Nachbereitungen. Wenn ich im Schnitt auf 3.000 Euro im Monat komme, kann ich meine akuten Kosten gut decken. Dabei kommt allerdings eine nachhaltigere Vorsorge zu kurz. Das Ziel wäre im Durchschnitt 5.000 Euro monatlich. Das ist aber – besonders derzeit – eine große Herausforderung.
Das klingt für manche nach viel Geld, aber man muss immer bedenken, dass man als Selbstständiger einen höheren Kostenapparat hat als ein Angesteller. Zusätzliche Raummiete, Betriebshaftpflicht, private Vorsorge, Equipmentversicherung, Rücklagen für neues Equipment, Instandhaltung, Software-Abos, Fortbildungen etc. Das summiert sich ganz schön. Besonders der Bereich der Vorsorge wird oft unterschätzt und dann vernachlässigt.
3.
Im redaktionellen Bereich sind die Honorare stetig gefallen. Das ist schon paradox: Ich habe nach dem Studium mit weniger Erfahrung mehr verdient als jetzt. Bei einigen Magazinen wurde erst die bezahlte Hi-Res-Bildbestellung abgeschafft, dann teilweise die Digitalpauschale gestrichen. Bildbearbeitung ist bei Magazinen meist inklusive. Online-Veröffentlichungen, die ja immer wichtiger werden, werden geringfügig bis gar nicht (mehr) bezahlt. Zunehmend werden die Nutzungsrechte umfangreicher bis hin zum Buyout bei gleicher Bezahlung. Im Corporate Bereich, bei Direktkunden und mit Agenturen je nach Auftraggeber konnte ich über die Jahre mit viel Verhandlungsgeschick erreichen, zu einem höheren Tagessatz zu arbeiten. Viele Jobs bekam ich dann auch nicht, weil ich zu teuer war. Nutzungsrechte, Bildbearbeitung, etc. sollten zusätzlich vergütet werden. Allerdings sehe ich auch da einen Trend zum All-Inklusiv-Paket, sprich die Nutzungsrechte sollen z.B. im Tagessatz schon drin sein. Letztendlich führt das wieder zu fehlenden und somit geringeren Einnahmen.
4.
Teilweise ja, oft aber nicht. Ein angemessenes Honorar zu erhalten ist mit vielen Preis- und Vertrags(nach)verhandlungen verbunden. Die sind oft sehr aufreibend. Eine Fotoredakteurin sagte mal zu mir, dass sie keine Digitalpauschale mehr bezahlen, da sie ja nicht mein Equipment finanzieren müssen. Wenn nicht über meine Aufträge, über was soll ich das denn sonst bezahlen?
Der Markt ist einfach sehr überlaufen und viele wissen zu wenig über die üblichen Preise und/oder wirtschaften nicht nachhaltig genug. Da hilft nur ein kollegialer Austausch untereinander und Preistransparenz, um wertvolles Wissen und Unterstützung zu erhalten, um selbstbewusster auftreten zu können. Plus: Man darf keine Angst haben, abgelehnt zu werden, und schon gar nicht darf man eine Ablehnung persönlich nehmen. Sprich: Es gibt viele Herausforderungen, um „einfach“ seinen Job machen zu können.
5.
Ja. Mit einem so kleinen Kostenapparat wie möglich und einem bescheideneren Lebensstil. Mit viel Nachverhandeln und Standhaftigkeit. Mit dem Risiko, Aufträge und Kunden zu verlieren, wenn das Bewusstsein nicht da ist oder vermittelt werden kann, dass ich entsprechende Honorare abrufen muss, um überhaupt vorsorgen zu können.
Viel zu oft wird argumentiert, dass andere günstiger sind. Und ja, die gibt es immer, weil die das nicht mit einpreisen. Allerdings können wir als professionelle Fotografinnen und Fotografen nur dann langfristig davon leben, wenn man permanent um angemessene Preise kämpft. Sich so viel wie möglich mit Kollegen austauscht, den Nachwuchs aufklärt, was sie an Kosten nicht übersehen dürfen, Kunden erklärt, was es alles bedarf. Pber den Female Photoclub oder Freelens findet da viel Austausch statt. Um als Einzelner rentabel zu wirtschaften, braucht es Verständnis und Bewusstsein sowie den Zusammenhalt der Branche.
Kunstpädagogin, freiberufliche Fotografin und Kuratorin (44) aus Nordrhein-Westfalen
1.
Zum einen habe ich eine feste Teilzeitstelle (75 Prozent) als Leiterin des Kunstbereichs an einer städtischen Musik- und Kunstschule. Zusätzlich bin ich freiberuflich unterwegs und arbeite für ein Fotografiefestival im Ausland ehrenamtlich.
2.
Etwa 30.000 Euro netto im Jahr.
3.
Der feste Lohn wächst, die Honorare für die freie Projekte schwanken sehr. Im Moment, seit Corona, ist vieles abgesagt oder auf Unbestimmt verlegt worden.
4.
Es kommt immer sehr darauf an. Komischerweise habe ich festgestellt, dass eher sehr gut betuchte Kunden versuchen den Preis zu drücken und kleinlich sind. Die Kunden, die eher normal verdienen, empfinde ich da definitiv großzügiger und empathischer. Was die Institutionen betrifft, für die ich immer wieder arbeite (Bildungseinrichtungen für Erwachsene, private Akademien, etc.): Da gibt es sehr unterschiedliche Honorare. Manche zahlen ganz gut und sind großzügig, auch mit den Kosten für Anfahrt, Vor- und Nachbereitung. Manche jammern um jeden Cent und zahlen seit Jahren den gleichen Stundensatz.
5.
Kaum, nur für die Kinder und das erst seit ein paar Jahren, genau genommen, seit ich die Deutsche Staatsangehörigkeit und damit die unbefristete Stelle erhalten habe.
Marketing & Photography Specialist (37) aus Berlin
1.
Ich arbeite als fest angestellte Fotografin bei einem Unternehmen, vernetze Kooperationspartner und konzeptioniere Marketing-Kampagnen.
2. Wieviel Geld verdienen Sie?
46.000 Euro netto im Jahr.
3.
Es gab kaum eine Veränderung.
4.
Nein. Ich denke, da ist Luft nach oben. Der Job macht aber Spaß und hat andere Vorteile, wie flexible Zeiteinteilung und Ortsunabhängigkeit.
5.
Ja, aber nur, weil meine übrigen Kosten sehr gering sind und ich nebenbei auch noch im Nebenerwerb Privataufträge umsetze. Hier macht es für mich Sinn aktiv Geld anzulegen anstatt nur zu sparen.
Künstlerin und Betreiberin eines Ausstellungsraumes (59), Schweizerin, aktuell im Rheinland
1.
Als Künstlerin und Kuratorin bin ich meine eigene „Auftraggeberin“.
2.
Ich bin froh, wenn ich jeweils das Jahresminimum der Künstlersozialkasse von 3.900 Euro erreiche.
3.
Eigentlich gar nicht. Solange ich in der Schweiz gelebt habe, konnte ich immer mal wieder Arbeiten verkaufen und hatte eine gut bezahlte Halbtagesstelle in meinem gelernten Beruf an einer Hochschule. Seit ich in Deutschland bin, habe ich keine Arbeit mehr verkauft und es gibt auch keine gut bezahlten Halbtagsstellen in meinem ursprünglich erlernten Beruf.
4.
Nein! Es werden keine Ausstellungshonorare bezahlt werden und das scheinen alle auch so zu akzeptieren. Selbst die Ausstellungshonorare, die der BBK empfiehlt, sind eigentlich ein Witz und man kommt bei einem Ausstellungsaufbau i.d.R. nicht einmal auf den Mindestlohn.
5.
Aus meiner Zeit in Deutschland kann ich mit keiner Rente rechnen. Meine Rente wird sich deshalb ausschließlich auf meine Zeit in der Schweiz abstützen, als ich eine Halbtagsstelle als Assistentin der Professoren an einer Uni hatte. Da die Schweiz ein etwas anderes System hat, lässt sich das nur bedingt abschätzen. Ich vermute, dass es etwa 1.500 Euro sein werden.
Selbständiger Fotograf (50) aus Frankfurt
1.
In der Hauptsache arbeite ich als „Business-Fotograf“ für Firmenkunden und fertige Porträts von Fach- und Führungskräften sowie Event-Dokumentationen von Konferenzen, Messen o.ä. an. Ab und zu sind Magazin-Aufträge dazwischen.
Im Sommer fotografiere ich (unter anderem Label) auch noch einige Hochzeiten zum finanziellen, aber auch emotionalen Ausgleich des B2B-Jobs.
Meine Frau arbeitete bis 2020 halbtags bei mir und halbtags bei einem anderen Arbeitgeber. In 2021 wird sie Vollzeit in meinem Business mit einsteigen (trotz Corona). Sie ist ebenso Bürokraft wie Assistentin, Visagistin und 2nd-Shooter.
2.
Mein Netto-Unternehmerlohn und das Halbtags-Nettogehalt meiner Frau in meiner Firma summieren sich pre-Corona auf ca. 2.700 Euro. Für zwei Vollzeit-Stellen planen wir mit 3.500 bis 4.000 Euro.
Der Umsatz lag 2019 bei etwa 105.000 Euro, der Gewinn vor Steuern bei rund 55.000 Euro.
3.
Ich habe mich erst 2013 selbständig gemacht. Die Umsatzkurve (und somit auch mein Gehalt) ging stetig aufwärts, bis auf einen Einbruch in 2016. Seit ca. 2015 verdiene ich in etwa soviel, wie in meinem vorherigen Job als angestellter Marketingleiter in der IT-Branche.
Insofern sind Umsatzsteigerungen der ersten Jahre weniger als Gehaltsentwicklung, denn als Etablieren meines Geschäfts anzusehen. In den Jahren seit 2015 habe ich meine Preise, aber auch die Qualität meiner Arbeit stetig schrittweise steigern können.
4.
Da ich meine Preise selber bestimme und die dazu passenden Kunden finde: Ja.
Manche Interessenten finden mich dennoch zu teuer, manche Kollegen zu billig.
5.
Ich bin Mitglied in der KSK und zahle darüber in die gesetzliche Renten- und Pflege-Versicherung ein. Darüber hinaus habe ich noch eine private Rentenversicherung. Die Summe beider Versicherungen sollte gemäß der Voraussagen der Versicherungen für ein angemessenes Niveau im Alter ausreichen (etwa 70% meines aktuellen Einkommens).
Fotoredakteurin und Fotografin (40) aus Norddeutschland
1.
Ich arbeite freiberuflich und projektbezogen als Fotoredakteurin in Agenturen und Institutionen. Als Fotografin arbeite ich hauptsächlich für Unternehmen, Ministerien, Verbände und Magazine.
2.
Als Fotoredakteurin bekomme ich je nach Auftraggeber zwischen 200 und 250 EUR pro Tag. Im Bereich der Veranstaltungs-Dokumentation liegt der Tagessatz zwischen 800 und 1.500 EUR. Auftragsproduktionen für Verlage schwanken zwischen 250 Euro für zwei Stunden bis zu 1.000 Euro Tagessatz. Einzelbildverkäufe über Agenturen liegen inzwischen selten bei über 30 Euro und meist nur im einstelligen Bereich.
3.
Der Tagessatz als Fotoredakteurin ist stabil geblieben, hat sich aber auch nicht erhöht.
Die Budgets der Magazine sind natürlich stetig gekürzt worden, was sich auf Einzelbildverkäufe und auf Auftragsproduktionen auswirkt. Der persönliche Zeit-Einsatz sowie Anforderungen an Equipment, Vielfalt und Umfang der Lizenzen sind enorm gestiegen, was sich leider nicht im Honorar bemerkbar macht. Im letzten Jahr habe ich bedingt durch die Corona-Pandemie keine 30.000 Euro erwirtschaftet, dieses Jahr wird höchstwahrscheinlich ähnlich ausfallen.
4.
Meine Stammkunden holen an Budget heraus, was ihnen möglich ist und einen fairen Umgang miteinander ermöglicht. Inzwischen lehne ich aber immer mehr Auftragsanfragen oder Bildverkäufe ab, wenn das Honorar nicht mehr zu der Nutzungsrechteübertragung im angemessenen Verhältnis steht.
5.
Eigentlich ja, seit Beginn der Pandemie ist das aber sehr viel schwieriger geworden. Ich sorge privat vor mit Aktienfonds, Aktien, dem Presseversorgungswerk, Lebens- und Rentenversicherung.
Freiberufliche Künstlerin und Kuratorin (50 Jahre) aus Düsseldorf
1.
Ich bin Künstlerin und Kuratorin im Bereich Fotografie und Installation. Als Kuratorin habe ich bis vor drei Jahren freiberuflich an verschieden Museen gearbeitet, konnte davon jedoch nicht alleine meinen Lebensunterhalt finanzieren. Daher habe ich mich entschieden, wie im Studium nebenher als Grafik-Designerin zu arbeiten und bin seit dem als angestellte Grafik-Designerin im öffentlichen Dienst tätig. Mit meinem Umzug nach Düsseldorf habe ich meine Arbeit als Kuratorin nahezu komplett eingestellt.
2.
1.400 Euro brutto aus nichtselbständiger Arbeit mit 20 Stunden pro Woche. Die künstlerische Arbeit wirft kaum Geld ab oder trägt grade die entstehenden Kosten.
3.
Tatsächlich habe ich im Studium mehr verdient. Die Stundensätze waren hoch und fachliche Kompetenz wurde anerkannt und beachtet. Ich konnte zwischen den Jobs auswählen und hatte Teilzeitstellen mit einer Honorarhöhe von bis zu 50 Euro pro Stunde.
Heute verdiene ich etwa 18 Euro pro Stunde im Angestelltenverhältnis. Die Grundhaltung in vielen Bereichen ist mittlerweile: Design kann irgendwie jeder. Das Studium wird zwar gesehen, aber die fachliche Kompetenz wird (auch durch die digitalen Medien) nicht mehr sichtbar. Durch Web-Templates und Bilddatenbanken scheint es für Jedermann einfacher geworden zu sein, die Berufe des Fotografen und des Designers zu ersetzen. Das spiegelt sich in den Aufträgen und auch in Beachtung der fachlichen Kompetenz wieder. In meinem Fall ist es im medizinischen Bereich bestimmt noch verstärkt.
4.
Jein. Gemessen mit dem medizinischen Personal ist meine Bezahlung angemessen.
Wenn ich zurück blicke bin ich davon überzeugt, dass guter visueller Arbeit immer eine lange Ausbildung vorausgeht. Nicht nur alleine in Bezug auf die langjährige Berufserfahrung wünschte ich mir einen besseren Ausgleich.
Jedoch möchte ich mich überhaupt nicht beschweren. Ich habe sehr viel Glück mit meinem Arbeitgeber. Er ermöglicht mir neben meiner Arbeit am Institut meine künstlerische Tätigkeit auszuüben. Die Ausstellungstätigkeit und die künstlerische Arbeit unterstützt er, indem ich immer die Möglichkeit habe, mir Freiräume zu nehmen.
Ohne diesen „Nebenjob“ könnte ich nicht so sorgenfrei leben und habe mehr Raum in meinem Kopf für meine künstlerische Arbeit. Die ständigen Geldsorgen als freiberufliche Kuratorin oder Grafik-Designerin möchte ich nicht wiederholen.
5.
Nein.