Zu Begin einer Fotografenlaufbahn erscheint vieles leicht. Begeistert und motiviert stürzen Nachwuchsfotografen sich auf die Arbeit und blicken gespannt auf den Markt, den sie gewinnen wollen. Ob Assistenzen bei Fotografen oder erste eigene Jobs – unerschrocken und mit viel Einsatz gehen sie es an. Hindernisse sind für die meisten keine Probleme sondern Herausforderungen, die kreative Lösungen brauchen. Den Profis hingegen, die viele Jahre selbständig sind und die Tücken der Auftragsfotografie zur Genüge kennen, fällt es nicht leicht, im Tagesgeschäft immer noch die anfängliche Flexibilität und Begeisterung aufzubringen. Sich immer wieder neu zu motivieren für den Fotografen-Beruf und seine Herausforderungen, ist harte Arbeit.
Meine Aufgabe ist es, Fotografen in ihren beruflichen Zielen und Fragestellungen zu unterstützen und zu beraten. Oft geht es dabei um konkrete Aktionspläne für Marketing- oder Akquise-Maßnahmen. Aber insbesondere erfahrene Fotografen stellen sich (und mir) die Frage „wie motiviere ich mich eigentlich immer wieder neu für diesen Beruf und seine Schwierigkeiten“ und „was erwartet mich, wenn ich so weiter mache“. Sie erwischt früher oder später das „Hangover-Syndrom“.
Es stimmt, man kann sehr viel tun als Profifotograf, um erfolgreich zu sein. Dabei hat jeder seine eigene Vorstellung von Erfolg. Für einige bedeutet es, viele Aufträge zu haben und immer wieder für spannende Jobs angefragt zu werden, andere verkaufen Bilder oder Bücher und stellen ihre Arbeiten aus. Für alle Vorhaben oder Ziele gibt es viele sinnvolle und erfolgversprechende Maßnahmen zur Selbstvermarktung. Um das alles engagiert zu betreiben, benötigen Fotografen neben viel Zeit vor allem ihre Motivation. Denn das Business hat sich verändert, es ist nicht mehr so leicht, seine Wunschkunden zu gewinnen, die Konkurrenz ist groß, Mappentermine sind seltener. Dazu kommt, dass sich ein erfahrener Profifotograf im Gespräch mit einem jungen Art Buyer oft nicht auf Augenhöhe, bzw. wertgeschätzt fühlt. Wer verliert da nicht (hin und wieder) die Lust am Job und sucht nach neuen Wegen oder Alternativen?
Was genau sorgt eigentlich dafür, dass wir jeden Morgen wieder aufstehen und unseren Tag in Angriff nehmen? Was motiviert uns, unseren Job zu machen?
Wir könnten ja auch einfach liegen bleiben. Tun wir aber nicht.
Abraham Maslow, ein US-amerikanischer Psychologe, führte in den 1950er Jahren den Begriff der positiven Psychologie ein. Er versuchte, menschliche Bedürfnisse zu erklären und entwickelte unter anderem die Pyramide der Motivationshierarchie. Er definierte sechs Begriffe, die das Handeln von uns allen steuern: Geldvorteil, Sicherheit, Nützlichkeit, Selbstverwirklichung, Prestige und Anerkennung. Maslow sagt, dass alles was wir tun, auf diese Motive zurückzuführen ist. Dabei haben die meisten Menschen zwei bis drei Motive ausgeprägt. Wenn wir uns den Fotografenberuf anschauen, stellen wir schnell fest, dass hier zwei Motive besonders wertvoll sind. Anders gesagt, ein selbständiger Fotograf, der in seiner Motivstruktur beispielsweise Sicherheit und Status vereint, sollte sich evtl. nach einer beruflichen Alternative umsehen. Die Motive Selbstverwirklichung, Nützlichkeit oder Anerkennung hingegen sind für einen freien und kreativen Beruf wie den des Fotografen nicht nur hilfreich, sondern oftmals essenziell.
Übrigens können sich Motivstrukturen im Laufe des Lebens verändern. Mit zunehmender Berufserfahrung rücken andere Wertvorstellungen und persönliche Lebensziele in den Vordergrund. Was anfangs attraktiv erschien, wie zum Beispiel eine Werbekampagne für einen Moderkonzern zu fotografieren, kann irgendwann eine Sinnkrise auslösen. Und die betreffende Fotografin entscheidet sich stattdessen, zukünftig mehr nachhaltig produzierte Mode zu fotografieren und zugleich ein wertschätzendes Frauenbild mit ihrer Fotografie zu fördern.
Ein Hangover ist immer verbunden mit der eigenen Motivstruktur und ein Zeichen dafür, dass es an der Zeit ist, sich zu fragen, ob die Erfolgserlebnisse oder das positive Feedback für die Arbeit ausreichen oder es an Unterstützung mangelt. Denn als selbständiger Fotograf muss man sich nunmal ständig selbst motivieren, um weiter zu kommen. Das ist vielleicht Fluch und Segen zugleich, aber eine schöne Herausforderung. Denn wer vorwiegend Sicherheit und Geldvorteil sucht, sollte sich zur Verwirklichung nach einem anderen Job umsehen.
Und wie ist Ihre Motivstruktur?
Silke Güldner berät Fotografen und Kreative bei der richtigen Positionierung, dem Auftritt und der digitalen Präsentation.
www.silkegueldner.de