Geschleifte Orte an der ehemaligen innerdeutschen Grenze, die zwischen 1952 und 1988 im ostdeutschen Regierungsauftrag dem Erdboden gleichgemacht wurden, sind das Thema des Ausstellungs- und Buchprojekts von Anne Heinlein und Göran Gnaudschun, das im Berliner Haus am Kleistpark vorgestellt wird. Zu den Ortschaften gehören solche, die das freie Schussfeld gestört haben, die schlecht zu bewachen waren oder die zu nah an der Grenze lagen. Gnaudschun und Heinlein haben in diesem Zusammenhang ungefähr einhundert betroffene Siedlungsgebiete ausfindig gemacht: vom Einzelgehöft bis zu ganzen Dörfern. Wüstungen ist eine künstlerische Auseinandersetzung mit deutscher Geschichte, die auf verschiedenen Ebenen mit dokumentarischem Material arbeitet. Um zu verstehen, warum die Orte gewüstet wurden, haben Heinlein und Gnaudschun zum einen nach den zeithistorischen Hintergründen in Archiven von Stasi, Grenztruppen, Bundesgrenzschutz und in Museen recherchiert. Zum anderen haben die Künstler Zeitzeugen interviewt und in deren privaten Fotoalben nach Sinnbildern gesucht. Viele dieser Dokumente sind in der Ausstellung zu sehen.
Im gleichzeitig erscheinenden Buch bringt Göran Gnaudschun in seinen Texten das eigene Erleben an den Orten, die Geschichten von ehemaligen Bewohnern und Aktenauszüge zusammen. Anne Heinlein hat großformatige schwarz-weiße Landschaftsfotografien von den Orten gemacht, an denen seit Jahrzehnten nichts Gebautes mehr steht. Wiesen, Wälder, Landschaftsecken und kleine Flächen sind zu sehen, in denen der Betrachter wie auf einer leeren Bühne Häuser, Straßen und Höfe imaginieren kann. Scheinbar ist es Landschaftsfotografie, aber mit dem Wissen hinter dem Bild wird es zum Reflexionsraum über die Bedeutung von Heimat und deren Verlust, aber auch über die Natur, die sich von allem ungerührt ihren Raum wieder erobert.
Das Projekt wurde mit Mitteln der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur gefördert.
Die Ausstellung läuft vom 10. Januar bis 5. März 2017