Fotografieren gehört zu unseren Festen wie die Rituale der jeweiligen Feierlichkeiten selbst. Die Kamera dokumentiert das Geschehen unterm Weihnachtsbaum, zeigt die Geburtstagsparty oder die Hochzeitsfeierlichkeiten. Manchmal könnte man meinen der Aufwand, mit dem wir unsere Feste und dabei auch uns inszenieren, nur für das Foto betrieben. Die Ausstellung „O du Fröhliche!“ im Braunschweiger Museum für Photographie hat sich als alljährliche Mitgliederausstellung genau das zum Thema gewählt: Sie fragt nach der Rolle der Fotografie bei den Familienfesten. Im Fokus der Ausstellung stehen die Inszenierungspraktiken von Festlichkeit: Wie inszenieren wir uns, unser Zuhause, unsere Stadt, um Festlichkeit zu erzeugen? Welche Rituale und Traditionen gehören zu unseren Festen? Die Ausstellung untersucht aber auch die Praxis des Fotografierens bei Festen selbst: Wie inszenieren wir uns vor der Kamera und wie setzt die Kamera in Szene? Welche Momente werden von uns fotografisch festgehalten, welche Standpunkte werden gewählt und gelten somit als erinnerungswürdig – und welche nicht? Welches Bild von Familie, von Festlichkeit sollen unsere Fotografien festhalten?
Sechzehn Mitglieder des Museums für Photographie haben sich der Herausforderung gestellt, die Inszenierungspraktiken unserer Feste fotografisch zu reflektieren. Die Ausstellung zeigt Arbeiten von Roberta Bergmann, Andreas Bormann, Jürgen Duske, Klaus-Henning Foerster, Bernd Hebel, Jörg Hennings, Timo Hoheisel, Ulf Jasmer, Henrike Junge-Gent, Yvonne Lorenz, Robert L. Philipps, Helge H. Paulsen, Yvonne Salzmann, Vivien Slopianka, Ernst Wagner, Veronika Werner und gibt einem Einblick in den Sammlungsbestand des Museums.
Andreas Bormann etwa machte sich für seine Serie Lagerstätten (2016) auf die Suche nach den Orten in Braunschweig, an denen Weihnachtsdekorationen von Privatleuten, Kirchen oder der Stadt Braunschweig lagern, bis sie für ihre alljährliche Bestimmung hervorgeholt werden.
Yvonne Salzmann und Roberta Bergmann versuchen hinter die Masken und Selbstinszenierungen von Karnevals-Feierlichkeiten in Luzern und Braunschweig zu blicken. Private Weihnachtsfotos wurden auf die Fragestellung der Ausstellung hin neu betrachtet und editiert wie bei Jürgen Duske und Yvonne Lorenz. Entstanden ist eine facettenreiche Ausstellung, die manchmal nachdenklich, manchmal augenzwinkernd die kuriosen und nicht selten absurden Formen unserer Festtagspraktiken beleuchtet.
Ergänzt werden die Beiträge der Mitglieder von Fotografien um eine kleine Auswahl aus dem Sammlungsbestand des Museums für Photographie. So lässt sich das Thema und die heutige fotografische Praxis mit Fotografien von Käthe Buchler (1876-1930) oder aus dem Nachlass von Nikolaus Geyer(1968-2005) auch historisch zeigen. Anlässlich der Mitgliederausstellung präsentiert das Museum für Photographie erstmalig eine umfassende Zahl an Jahresgaben. Insgesamt elf Jahresgaben von fünf Künstlerinnen und Künstlern bietet das Museum in diesem Jahr zum Verkauf an.
Die Ausstellung läuft vom 9.12.2016 bis 8.1.2017
Bild oben: Andreas Bormann aus der Serie Lagerstätten 2016 copyright Andreas Bormann
Bild links: Helge H. Paulsen Weihnachtspümpel aus der Serie 00nix-Weihnachten 2014 copyright Helge H. Paulsen