Bis zum 18. September 2016 zeigt das Museum für Gestaltung in Zürich die Ausstellung „Targets – Fotografien von Herlinde Koelbl“. In dieser Serie setzt sich die Fotokünstlerin mit Militärschiesszielen auseinander und macht mit ihren Motiven die reale Grausamkeit von Tod und Krieg spürbar. Zerfetzte menschliche Silhouetten aus Karton, durchlöcherte Plastikpuppen oder zerschossene Blechfiguren in einem Acker: Die deutsche Fotokünstlerin Herlinde Koelbl hat während sechs Jahren Militärschiessziele in über 30 Ländern aufgenommen. Jede einzelne der über zweihundert zum Teil sehr grossformatigen Farbaufnahmen in der Ausstellung zeugt vom stilsicheren Auge der Künstlerin. Herlinde Koelbl geht es aber um mehr als das Einzelbild. Erst in der Zusammenschau formieren sich die Werke zur vielschichtigen Aussage. Obwohl sich Schiessziele, Armeen und Übungsgelände ländertypisch unterscheiden, wird eines deutlich: In letzter Konsequenz werden die Soldaten weltweit darauf konditioniert, im Ernstfall auf den Feind zu zielen, um ihn zu töten. Wie sieht folglich das Bild vom Feind aus, das wir uns machen? Koelbls Aufnahmen zeigen abstrakte Zielscheiben ebenso wie solche, die menschlichen Figuren, ja sogar ganz bestimmten Menschentypen nachempfunden sind. Allen gemeinsam ist, dass sie das jeweils Andere, das Fremde darstellen. Wer zielen und schiessen lernt, muss systematisch dazu gebracht werden, die inneren Abwehrreflexe auszuschalten. Von realen Projektilen durchlö- cherte Blechsoldaten oder zerfetzte Pappkameraden geben ein beklemmendes Bild ab. Ungleich komplexer ist die Sache, wenn ein realer Soldaten-Kamerad übungshalber den Feind, das lebe n- de Ziel und damit das Opfer simuliert. Selbst wenn die Laser-Attacken keine erkennbaren Be- schädigungen an Leib und Gelände hinterlassen, ist die Simulation gewollt realitätsnah.
Neben Fotografien unterschiedlichster Zielscheiben nehmen die Soldaten-Porträts einen gleich-berechtigten Platz in der Ausstellung ein. Koelbl hat mit ihrer Kamera in zahlreiche Gesichter von jungen Soldatinnen und Soldaten geblickt, die je nach Situation Opfer oder Täter, Zielscheiben oder Schiessende sind. Und sie lässt Soldaten, deren Berufsleben sich in der Armee abspielt, selbst zu Wort kommen: Wie ist es, wenn man erstmals tötet? Darf ein Soldat Angst h aben? Was ist ein Mensch gewillt zu tun, wenn er dafür bezahlt wird? In der Ausstellung werden Tonaufnahmen dieser Interviews zu hören sein.
Auf keiner von Herlinde Koelbls Fotografien fliesst richtiges Blut. Und für die meisten Besucher der Ausstellung „Targets“ finden Kriege weit weg statt. Die Ausstellung versucht dennoch an-satzweise eine Vorstellung dessen zu vermitteln, was es heisst, tatsächlich mit kriegerischer Gewalt oder gar Tod konfrontiert zu sein. Neben den Farbfotografien und der Hörstation wartet sie deshalb mit einer Video- und Soundinstallation auf, die den Besucher akustisch und optisch mitten in eine Schiessübung stellt.