Wer glaubt, dass die Ikonen der Fotografie auch diejenigen Bilder sind, die sich besonders leicht im Gedächtnis einnisten, irrt. Es ist auch nicht der atemberaubende Sonnenuntergang, das außergewöhnliche Tierfoto oder die einzigartige Landschaft. Ein vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) entwickelter Algorithmus für die Erkennung leicht zu merkender Fotos, kommt oftmals zu ganz anderen Ergebnissen.
Bei dieser dramatischen Landschaftsaufnahme wird die Erinnerbarkeit von der LaMem Demo als sehr gering eingeschätzt.
Der neue ‚MemNet-Algorithmus‘ einer Forschungsgruppe am MIT analysiert Bilder und erstellt eine Art Wärmeatlas, auf dem angezeigt wird, welche Bildteile eines Motivs besonders leicht im Gedächtnis verankert werden und welche schnell wieder in Vergessenheit geraten könnten. Die Forschergruppe hofft mit Weiterentwicklungen des Algorithmus didaktisch effektivere Verfahren für Lernsysteme zu finden. Aber auch für Werbung und Marketing sollen mit Hilfe dieser Bildanalysen herausgefunden werden, wie sich bessere Eindrücke beim Betrachter erreichen lassen. Als nächstes wollen die Wissenschaftler vom MIT eine App entwickeln, mit der sich schon bei der Bildgestaltung erkennen lässt , ob ein Motiv leicht in der Erinnerung bleibt oder ob es möglicherweise schnell wieder vergessen wird.
Um eigene Bilder mit dem “MemNet” Algorithmus zu testen, haben die Forscher auf der Webseite des MIT eine Demo-Seite eingerichtet (siehe weiter unten), wo Fotografen, Designer oder andere Bildschaffende die Erinnerbarkeit ihrer Werke online testen können. Dazu werden die Bilder auf die Demoseite geladen und dort online analysiert. Das Ergebnis sind ‚Wärmebilder‘, die die einfach bzw. weniger einfach zu merkenden Partien in unterschiedlichen Farben markiert. Gleichzeitig wird ein sogenannter ‚Score‘, also eine Punktewertung erstellt und eine Einschätzung der ‚Memorability‘ von ‚Low‘ über ‚Medium‘ und ‚High‘ bis ‚Very High‘ angezeigt.
Die Wissenschaftler sehen eine Vielzahl von Einsatzmöglichkeiten für ihren Memorability-Algorithmus, die von der einfachen Optimierung von Key Visuals bei Anzeigen bis hin zu wirkungsvolleren Posts für Social Media Plattformen oder effektivere Lehrmethoden reichen.
Ein wichtiger Teil des Projekts ist die riesige Bilddatenbank ‚LaMem‘ mit über 60.000 Fotos, die detaillierte Metadaten über die gespeicherten Bilder und ihre Erinnerbarkeit enthält. In den Metadaten werden auch Eigenschaften wie Bekanntheit oder die Popularität von Personen festgehalten sowie deren emotionale Wirkung beschrieben. Die von den Forschern ‚LaMem‘ Datenbank wird auch für weitere Forschungen des Teams genutzt und soll es bei seinen weiterführenden Forschungen unterstützen.
Einen hohen Erinnerungsindex erzielte dieses Bild einer Skulptur von Jeff Koons vor dem Getty Museum in Bilbao.
Das Team hatte schon früher ähnliche Algorithmen etwa für die Gesichtserkennung entwickelt. Für diese Studie wurden Tausende von Bildern aus unterschiedlichen Bilddatenbanken analysiert und mit einer Punktewertung versehen. Diese Wertung gibt beispielsweise auch an, wie wahrscheinlich Menschen die analysierten Bilder beim Posten auf Online-Plattformen im Gedächtnis behalten. Die ‚maschinell‘ erzielten Ergebnisse der Bildertests wurden mit solchen verglichen, die mit menschlichen Testgruppen erstellt wurden, denen man sowohl bekannte als auch ihnen unbekannte Bilder vorgelegt hatte. Bei der Analyse der ‚Memorability‘, schnitt bei Vergleichstests der ‚MemNet-Algorithmus‘ um 30 Prozent besser ab als andere, vergleichbare Systeme. Im Vergleich mit den Erinnerbarkeitsprüfungen durch Personengruppen, war das System nur um wenige Prozentpunkte unterlegen.
Als nächstes plant das Forscherteam die Entwicklung eines Systems, mit dem sich feststellen lässt, wie leicht sich bestimmte Personen und deren Gesichter merken lassen. Auch diese Systeme sollen Anwendung in der Prüfung von Werbeeffekten finden. Anwendungen sieht das Team beispielsweise bei der Entwicklung von effektiveren Werbekampagnen für die Textilbranche oder in der Unterhaltungsindustrie bei der Besetzung von Filmproduktionen.
Zur Demo-Seite für die online Prüfung eigener Bilder durch ‚LaMem‘ geht es hier…