Berlin war in den Zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts nicht nur die Hauptstadt der Kunst-Avantgarde, sondern auch der Fotografie-Kunst. Noch bis zum 5. Juni 2022 zeigt das Fotografie-Forum Monschau bei Aachen zwei großartige – leider in Vergessenheit geratene – Fotografinnen und Vertreterinnen dieser Zeit: Yva und Frieda Riess.
„Die Riess“, wie sie von den Zeitgenossen genannt wurde, gehört zu den größten Fotografinnen der Weimarer Republik. Ihr Foto-Atelier war in den zwanziger Jahren Berlins eine Institution. Dort gingen Künstler, Literaten, Schauspieler, Sportler und Politiker ein und aus, um sich porträtieren zu lassen. „Tuschend mit Hilfe des Lichts“, so beschreibt der Schriftsteller Gottfried Benn die besondere Arbeitsweise der Fotografin, die sich bei ihrer Arbeit von dem Ausdruckswillen des Expressionismus beeinflussen ließ.
Die stark an der expressionistischen Malerei orientierten Porträts von Frieda Riess wurden 1925 in der berühmten Berliner Galerie Alfred Flechtheim zum ersten Mal ausgestellt. Ebenfalls 1925 eröffnete Yva (Else Neuländer-Simon) ihr erstes Atelier, in dem später Helmut Newton bis 1938 eine Lehre absolvierte. „Dass ich bei Yva lernen durfte, war der Olymp für mich“, so Newton.
Im Rahmen der Ausstellung sind zahlreiche, für diese Zeit spektakuläre Modeaufnahmen von Yva zu sehen, darunter die legendären Inszenierungen von Damenbeinen in Seidenstrümpfen. In ihrer Werbefotografie setzte sie die Mehrfachbelichtung ein, eine für die surreale Fotografie typische Technik, die sie meisterhaft beherrschte. Mit ihren technisch aufwendig und perfekt inszenierten Werbe- und Modeaufnahmen avancierte Yva zur Spezialistin der Modefotografie.
Die Ausstellung umfasst rund 130 Schwarz-Weiß-Aufnahmen, darunter beeindruckende Porträts und spektakuläre Modeaufnahmen dieser Zeit.
Die kuratorische Arbeit für diese Ausstellung – die im Fotografie-Forum der Öffentlichkeit zum ersten Mal präsentiert wird – begann bereits 2018. Hierbei wurde Dr. Nina Mika-Helfmeier von Marion Beckers und Elisabeth Moortgat (beide Mitbegründerinnen des Verborgenen Museums in Berlin) und dem Ullstein-Verlag unterstützt.
Der Eintritt ist frei. Auf der 2. Etage ist parallel dazu bis zum 22.05.2022 die Ausstellung „En Route to Cologne. Fotografien von Lee Miller (1942-45)“ zu sehen.