Wie jedes Jahr erreichen mich am Jahresbeginn die Anfragen von Fotografinnen und Fotografen, die sich mit ihrer Positionierung beschäftigen wollen. Ist ja auch ein guter Anlass, um mit neuen Ideen etwas für das eigene Foto-Business zu tun: Wo soll die Reise hingehen? Welche Ausrichtung hilft, Kunden zu halten oder zu gewinnen? Und was ist am Markt gefragt? Auch durch die Pandemie sind diese Überlegungen für viele wichtig geworden. Soviel ist klar, eine aussichtsreiche Positionierung innerhalb der Berufsfotografie ist heute ganz anders als vor beispielsweise zehn Jahren, wo es darum ging, sich möglichst fokussiert auf Themen und Branchen zu spezialisieren und das eigene Portfolio gezielt darauf auszurichten.
Die Frage der eigenen fotografischen Ausrichtung ist in dieser Zeit besonders relevant für Fotografinnen und Fotografen. Manche von ihnen haben versucht, in der vergangenen Zeit den Ball flach zu halten, was neue Kundenaktionen und Ideen betrifft und abgewartet, bis der „Sturm“ sich legt. Da ist es naheliegend, sich nun um eine Positionierung am Markt zu kümmern, die frischen Wind in das Foto-Business bringt.
Autofotograf, Modefotograf oder Porträtfotograf – vom Experten zum Allrounder? Eine Nische suchen und darin gut werden, ein hochwertiges Portfolio mit kreativen freien Arbeiten und guten Referenzen aufbauen war bis vor einigen Jahren ein bewährtes Rezept, um Jobs von Werbeagenturen zu bekommen. Denn als Spezialist war eine Alleinstellung vorhanden, die namhafte Kunden anzog. Heute ist beispielsweise eine Modefotografin auch stark in Porträts oder der Porträtfotograf macht Autothemen. Auch weil die Werbeagentur auf keinen Fall einen Autofotografen buchen will, um die neue Kampagne zu fotografieren und der Modekunde lieber eine Porträtfotografin für eine kommerzielle Produktserie engagiert und umgekehrt. Der Markt hat sich gewandelt und setzt andere Prioritäten.
Um potenziellen Kunden, Werbeagentur, Unternehmen oder Magazin, ein interessantes Portfolio anzubieten, lohnt sich der Perspektivwechsel auf die Kundenseite. Denn Fotografen sollten verstehen, was ihr Markt braucht. Wofür geben Kunden Geld aus, welche Bilder und Geschichten wollen sie?
Um zu verstehen, wie die Branche tickt, braucht man nur mit der Suchmaschine zu „sprechen“ und Suchbegriffe, wie Werbefotografie, Peoplefotografie oder Porträtfotografie einzugeben. Die Bildersuche zeigt unzählige Images, die zu Presse- und Werbezwecken kursieren. Auch der Blick in die sozialen Medien gibt Einblick in gegenwärtige Trends im Bild- und Videosegment.
Content, Content, Content! Eine Firma, die sich heute attraktiv am Markt zeigen will, produziert Recruiting-Kampagnen, Porträts, Videos und anderen Content mehrmals im Jahr. Vor zehn Jahren hat dieselbe Firma einmal im Jahr die Porträts ihrer Mitarbeiter aktualisiert. Heute geht es um die fortwährende Selbstdarstellung in allen Medien.
Welcher Weg führt denn nun nach Rom? Hinterfragen Sie Ihre Positionierung, indem Sie als erstes Ihr Kunden- und Leistungsportfolio untersuchen: Welche Jobs bekomme ich aktuell und was kann ich ausbauen? Und: Ist es das, was ich wirklich machen will, was mir leichtfällt und was ich gut kann?
Wenn ein Kunde früher ab und zu ein Bild für eine Print-Anzeige produzierte, die einmal im Jahr in Magazinen geschaltet wurde, werden heute viele Bilder für diverse Kanäle und digitalen Content produziert, 24/7. Print spielt dabei oft eine Nebenrolle. Also ja, es macht Sinn, heute mehr Allrounder als Spezialist zu sein und sich fotografisch an „schnelle“ und „viele“ Bilder anzupassen. Denn eine zeitgemäße Positionierung in der Berufsfotografie bedeutet, handwerklich, technisch und thematisch mehr anzubieten. Gleichzeitig bin ich dafür, dass die Expertise erfahrener Werbefotografinnen und Fotografen nicht verloren gehen darf und weitergegeben werden muss. Denn Qualität ist neben Content weiterhin gefragt. Auch dafür engagieren sich die Berufsverbände.
Und der Rahmen einer interessanten Positionierung wird durch individuelle Bildsprache, Persönlichkeit sowie einen Schuss Besessenheit abgerundet. Wie Martin Parr sagte: „You are probably going to fail, so unless you are obsessed, almost like a disease, you are not going to make it.“
Und welchen Weg wählen Sie?
Silke Güldner coacht Fotografinnen und Fotografen dabei, ihr Potenzial und ihre Kompetenz im Foto-Business zu entwickeln, zu präsentieren und zu verkaufen.
www.silkegueldner.de