Fotowettbewerbe und Stipendien sprießen fast wie Pilze aus dem Boden, aber nicht immer sind die Teilnahmebedingungen zum Vorteil für die Fotografen. Wir haben nach Ihren Erfahrungen gefragt.
1. Für welche Fotowettbewerbe und Stipendien bewerben Sie sich und worauf achten Sie dabei?
2. Falls Sie bereits Preise/Stipendien gewonnen haben: Haben sich Ihre Erwartungen erfüllt oder wurden Sie enttäuscht?
3. Von welchen Ausschreibungen sollte man besser die Finger lassen und warum?
4. Wie sieht für Sie der perfekte Wettbewerb/das perfekte Stipendium aus?
Marcia Breuer, Künstlerin und Begründerin der Initiative „Mehr Mütter für die Kunst“, mehrmütterfürdiekunst.net
1.
Ich bewerbe mich am liebsten bei Wettbewerben und Stipendien, die keinem Thema zugeordnet sind und stattdessen das freie Arbeiten der Künstler und Fotograf unterstützen. Wenn ein festes Wettbewerbsthema mit meinen Interessen übereinstimmt, nehme ich an der entsprechenden Ausschreibung natürlich teil. Manchmal begegnet man in einer Ausschreibung auch einem interessanten, aber (für einen selbst) neuen Thema und dann kann sich durch eine Wettbewerbsteilnahme der Zugang zu einem neuen Arbeitsfeld ergeben. Da ich Mutter zweier Kinder im Schulalter bin, bewerbe ich mich nicht auf Reisestipendien oder Stipendien, die mit einer Residenzpflicht an einem anderen Ort verbunden sind.
2.
Ich habe eher Projektförderungen erhalten oder bin auf den Shortlists diverser Wettbewerbe gelandet. Ein Stipendium war bis dato leider nicht drin. Vor mittlerweile recht langer Zeit habe ich einen von der Stiftung Buchkunst vergebenen Nachwuchsförderpreis für ein Fotobuchobjekt erhalten. Das war super! Da hatte ich den Eindruck, dass man, über das Preisgeld hinaus, wirklich etwas für die Preisträger tun wollte: die Bücher wurden an verschiedenen Orten ausgestellt und es gab eine Publikation zum Wettbewerb.
3.
Schwierig finde ich Ausschreibungen, in denen eine sehr üppige Teilnahmegebühr nicht so recht im Verhältnis zur Leistung des Ausschreibenden steht. Auch auf dem Feld „kommerzieller“, d. h. durch Unternehmen ausgerichteter Wettbewerbe ist es in einigen Fällen schwer zu sagen, ob der Wettbewerb auf Teilnehmer- oder Veranstalterseite zu größerem Nutzen führt: Wenn die Wettbewerbsthematik allzu dicht am Unternehmensziel orientiert ist oder der Gewinn eines Wettbewerbs darin besteht, das neue Motiv einer Produktkampagne gestellt zu haben, dann empfinde ich das oft als fragwürdig.
4.
Das perfekte Stipendium orientiert sich an den tatsächlichen Bedürfnissen und der Lebenssituation des Künstlers oder der Künstlerin. Gemeinsam sollte überlegt werden: Was wird wirklich gebraucht, um die eigene Arbeit zum gegenwärtigen Zeitpunkt optimal voranzubringen? Wäre eine Reise, ein ruhiger Arbeitsraum oder eine Ausstellungsmöglichkeit das Richtige? Sind besondere Arbeitsmaterialien, technische Ausstattung oder ein Werkstattzugang gefragt? Oder geht es einfach nur um eine verlässliche Summe Geld, von dem die Miete und weitere Fixkosten für einige Wochen oder Monate bezahlt werden können (was ich für vollkommen legitim halte)?
Timo Knorr, Fotograf, timoknorr.de
1.
Die meisten Fotowettbewerbe, für die ich mich bewerbe, sind online ausgeschrieben oder ich werde von den Veranstaltern direkt eingeladen, an ihnen teilzunehmen. Ich bewerbe mich meistens auf Wettbewerbe und Stipendien, die sich auf den Themenkreis Reportage-/Dokumentar-/Porträtfotografie richten. Die besten Ausschreibungen finde ich mittlerweile über die App Picter.
Dabei ist mir wichtig, dass die Teilnahme-Gebühren in einem guten Verhältnis gegenüber dem ausgeschriebenen Preis steht.
2.
Bisher konnte ich noch keine nennenswerten Preise gewinnen, oftmals war ich auf der Shortlist, was aber bei der Masse an Menschen, die auf diesen landen, nicht relevant war.
3.
Awards/Stipendien, die ein hohes Preisgeld versprechen, mit utopischen Reichweiten und unrealistischen Zielen locken. Oftmals sind bei diesen Ausschreibungen immense Gebühren veranschlagt, auch für Einreichungen, die mehr als ein Bild umfassen. Zudem sind für mich oftmals mehrere Kategorien abschreckend, da die Qualität der einzelnen Arbeiten verwässert wird.
4.
Der aktuelle Award „Hamburg Portfolio Review“ ist für mein Empfinden ein sehr gutes Beispiel, wie eine Ausschreibung aussehen soll. Klare Informationen, worum es geht, das Juryteam wird einzeln vorgestellt und die Bewerbung kostet nichts. Außerdem war es auch möglich, ganze Projekte einzureichen.
Für mich ist ein Award/Stipendium gut, wenn er so transparent wie möglich die Entscheidungsfindung aufzeigt und auch darlegt, wer die Entscheidungen trifft. Außerdem ist ein kontinuierliches Update für mich extrem wichtig.
Matthias Schinnerl, Fotograf
1.
Zuerst sollte ich erwähnen, dass ich nur mit meinen vorhandenen Bildern/Projekten an Wettbewerben teilnehme und keine Aufnahmen mache, nur um an einem Wettbewerb teilnehmen zu können. Von Zeit zu Zeit checke ich das Angebot von Wettbewerben via einer Website und zwei Fotomagazinen. Spricht mich ein Thema an und habe ich dazu passende Aufnahmen in meinem Archiv, stelle ich mir folgende Fragen: Sind die Teilnahmebedingungen für mich akzeptabel (besonders die Übertragung von Bildrechten)? Welchen Nutzen könnte ich durch die Teilnahme erfahren? Welchen Nutzen hat der Veranstalter und ist das für mich akzeptabel? Findet die Einreichung in Form einer Datei oder in Form eines Prints/Abzugs statt und wie hoch ist die Anzahl der Einreichungen? Ist die Einreichung kostenpflichtig? Akzeptiere ich all diese Punkte, nehme ich an dem Wettbewerb teil. Diese Prozedur ist zwar aufwändig, dafür habe ich aber ein gutes Gefühl.
2.
Ja, ich habe bereits bei Wettbewerben gewonnen bzw. war auf der Shortlist und bislang haben sich meine Erwartungen erfüllt.
3.
Wettbewerbe für reine Marketingzwecke des Veranstalters! Meiner Meinung nach möchten damit Firmen günstig zu sehr vielen Bildern kommen, meistens gibt man bei solchen Wettbewerben auch sehr viele Nutzungsrechte ab. Insofern rate ich von allen Wettbewerben ab, die die Rechte der Fotografen nicht ernst nehmen. Außerdem von kostenpflichtigen Wettbewerben mit hohen Teilnahmegebühren. Ich stelle mir die Fragen: Wieviel muss ich geben und was bekomme ich dafür? Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit zu gewinnen?
4.
Den New Talent Award finde ich ein gutes Beispiel. Ich finde die Teilnahmebedingungen in Ordnung und die Teilnahme ist kostenlos. Eingereicht werden nur Bilddateien, erst später benötigt man Prints oder Abzüge. Zählt man zu den Gewinnern, gibt es neben einem Geldpreis noch eine Publikation in der Profifoto und die Bilder werden bei Ausstellungen zum NTA gezeigt.
Ich finde die Kosten als Teilnehmer halten sich in Grenzen (Kosten für Prints/Abzüge und Portokosten).
Stefan Böck, CEO von Alpha Awards, alpha-awards.com
1.
Wir haben in den letzten Jahren mehr als 500 Wettbewerbe unterschiedlichster Ausrichtung und Größe erfolgreich abgewickelt und durften daraus lernen, dass Einreicher bei der Auswahl von Wettbewerben ganz besonders auf die folgenden Kriterien Wert legen:
• Klare Vorgaben: detaillierte Informationen
• Einfache Teilnahme: unkomplizierter Einreichprozess
• Transparenz: Einblick in den Juryprozess
• Laufender Austausch: Kommunikation in jeder Phase
• Aufmerksamkeit: Publicity für alle Teilnehmer
2.
Durch die „Alpha Awards Branche Insights“-Studie haben wir erhoben, dass sich Teilnehmer von Wettbewerben Publicity, Anerkennung, Kundenbindung und Leadgenerierung sowie bei einem Gewinn den Austausch mit Experten erwarten. Wenn Teilnehmer nicht gewinnen, erhoffen sie sich dennoch Publicity, Erfahrung, ein Feedback der Jury, Benchmark, Austausch sowie Kundenbindung und Leadgenerierung. Daraus sollten Wettbewerbs-Veranstalter lernen, also auch Teilnehmer, die nicht gewinnen, wertvolle Mehrwerte zu bieten.
3.
Eine weitere Frage in unserer Studie, in der wir 250 Einreicher von 13 verschiedenen Wettbewerben befragt haben, war: „Was würde Sie von einer Teilnahme bei einem Wettbewerb abhalten?“ Folgende Antworten haben wir dabei generiert:
• Zu hohe Gebühren
• Zu viel Arbeit: Aufwendiger Einreichprozess bzw. aufwendiges Ausfüllen der Formulare sowie bürokratische Hürden
• Intransparenter Juryprozess: Fehlende Qualität bei der Jurierung, fehlende Transparenz bei der Auswahl der Gewinner, keine Qualität der anderen Einreichungen
• Bedeutungslosigkeit des Awards: Auszeichnung mit wenig Öffentlichkeit, der Award unterstützt nur sich selbst
• Kein passendes Projekt: Das Thema bzw. die Kategorien des Awards sind nicht passend, die Teilnahmebedingungen können nicht erfüllt werden
• Schlecht organisiert: Unklare Teilnahmebedingungen oder Kategorien
4.
Um einen erfolgreichen Award zu konzipieren, ist es entscheidend, ein strategisches Ziel klar und deutlich zu formulieren und die gesamte Wettbewerbs-Umsetzung auf dieses Ziel auszurichten.
Des Weiteren sollten die Mehrwerte und die Nutzen der einzelnen, am Award beteiligten Interessensgruppen, wie z.B. ihre Einreicher und Juroren erarbeitet und in eine Story verpackt werden, um den Award für diese Zielgruppen attraktiv zu machen.
Der Einreich- und Bewertungsprozess sollte einfach, transparent und userfreundlich gestaltet werden und alle Einreichenden sollten bereits durch ihre Teilnahme profitieren.
Mit dem „Alpha Awards Forum“ bieten wir am 25. November 2021 Award-Veranstaltern und Event-Experten eine spezielle Trainingseinheit, um sich auf ihren nächsten Wettbewerb vorzubereiten. Die Konferenz hat drei Themenschwerpunkte. Zum einen unsere Academy, in der Expert in zehn spannenden Vorträgen Lösungen für die relevanten Herausforderungen von Award-Veranstaltern zeigen. Dann unsere Keynotes, in denen herausragende Persönlichkeiten berichten, wie sie durch Teilnahmen an Wettbewerben über sich hinausgewachsen sind, um das Unmögliche möglich zu machen. Und zu guter Letzt noch die Verleihung unseres „Alpha Awards Grand Prix“, dem Award für Awards im Raum Deutschland, Österreich und der Schweiz, mit dem wir herausragende Wettbewerbe prämieren.
Christina Czybik, Fotojournalistin, christinaczybik.com
1.
Ich habe mich in der Vergangenheit bei Fotowettbewerben in den Bereichen Fotojournalismus und Kultur beworben. Ich achte dabei besonders auf die T&C bzw. AGB der Wettbewerbe. Wird eine Gebühr erhoben und wenn ja, in welcher Höhe? Steht diese in keinem Verhältnis zum administrativen Aufwand, würde ich eher davon abraten an den Wettbewerben teilzunehmen. Außerdem achte ich ganz genau auf die Übertragung der Bildrechte.
2.
Ich habe vor einiger Zeit bei einem nationalen und einem internationalen Wettbewerb gewonnen. Die Konditionen waren mehr als fair – keine Teilnahmegebühren und eine begrenzte Rechteübertragung ausschließlich für die Berichterstattung über den Wettbewerb in den eigenen Publikationen, Presseberichten und im Anschluss den Ausstellungen.
Bei diesen beiden Preisen war ich positiv überrascht, denn diese Form der Würdigung der eigenen Arbeit und dem Zusammenkommen und Netzwerken innerhalb der Branche war ausgesprochen wertvoll. Gerade läuft mein erstes Stipendium an.
3.
Es gibt inzwischen viele Fotowettbewerbe, die für ihre Veranstalter einen hohen kommerziellen Wert haben. Wenn sehr hohe Gebühren den im Vergleich zu den vergebenen Preisen oder ausgeschriebenen Preisgeldern gegenüber stehen, sollte man genau hinschauen. Gut situierte Fotografen, die scheinbar teils ausschließlich für Wettbewerbe fotografieren, haben diese Form der Fotografie als gute Einkommensquelle erobert. Statt sinkender Bildhonorare und schwindender Reichweite mancher Medien gibt es hohe Preisgelder und digitale Reichweite. Und Veranstalter haben diese Wettbewerbe ebenso als äußerst ertragsreich für sich entdeckt – nicht nur durch die Gebühren, sondern auch durch die Übertragung der Bildrechte, die mit dem Einreichen der Bilder einhergehen. Manch renommierte Wettbewerbe fordern von den Fotografen uneingeschränkte Nutzungsrechte ein.
Dann sollte man sich auch genau die Zielgruppe dieser Wettbewerbe anschauen. Werden hauptsächlich Fotoenthusiasten oder Hobbyfotografen angesprochen oder richtet sich der Wettbewerb eher an Berufsfotografen? Wer schreibt die Wettbewerbe aus – eine Organisation, die mit schicken Logos und wertvollen Sachpreisen blendet oder mit tollen Slogans Karrierestarts verspricht? Wer sitzt in der Jury? Und neben der Übertragung der Nutzungsrechte sind natürlich auch die Bedingungen für die Teilnahme wichtig. Dürfen Bilder manipuliert werden, gibt es ethische Richtlinien? Ich überlege immer, ob diese Preise eher die Auszeichner oder die Ausgezeichneten schmücken. Dienen diese Preise nur der Reichweite oder kann man Dank ihnen weitere Projekte finanzieren und fördern?
4.
Neben den bereits erwähnten Aspekte finde ich bei Wettbewerben vor allem das persönliche Zusammenkommen wichtig. Die Inspiration durch Kolleginnen und Kollegen – alles auch mal analog und ohne Instagram-Bubble.
Snezhana von Büdingen, Fotografin, vonbuedingen.com
1.
Die internationalen, etablierten Awards wie Leica Oskar Barnack Award und Portrait Hellerau Photography Award aus Deutschland, ipa (International Photography Awards) aus den USA, Alfred Fried Photography Award aus Österreich, Lens Culture Awards, Taylor Wessing Photographic Portrait Prize (veranstaltet von der National Portrait Gallery, London), Sony World Photography Award sowie Awards vom British Journal of Photography aus England – das sind die, mit denen ich gute Erfahrungen gemacht habe. Im Rahmen einiger dieser Awards wurden nicht nur eine, sondern mehrere Ausstellungen innerhalb eines Jahres organisiert. Außerdem wurde ein attraktives Preisgeld für die Erstplatzierten und Finalisten gezahlt und es kamen einige Publikationen in Fotomagazinen zustande.
2.
In 99 Prozent der Fälle wurden meine Erwartungen erfüllt. Man muss damit anfangen, welche Erwartungen man als Künstler an einen Wettbewerb hat. Für mich bedeutet ein Wettbewerb, die Möglichkeit zu haben, meine Arbeit einem breiten Publikum in Form von Ausstellungen und Publikationen präsentieren zu dürfen. Das passiert, wenn es meine Arbeit auf die Shortlist bzw. ins Finale schafft. Das ist wichtig, denn ohne „Kontakte“ zu den Magazinen oder Galerien ist es nicht einfach, auf seine Arbeit aufmerksam zu machen. Die Awards ermöglichen mir genau das.
Dank Fotowettbewerben kommt es oft zu Publikationen in Fotomagazinen, die auch vergütet werden. Es kommt auch nicht selten zu weiteren Einzelausstellungen, weil eine Galerie oder eine Institution dank der PR-Arbeit des Awards von meiner Arbeit erfahren hat. Dass die Teilnahmebedingungen nicht immer zum Vorteil der Fotografen ist, wird aktuell auch viel in der Szene diskutiert. Meist gibt man als Teilnehmer dem Veranstalter des jeweiligen Awards das Recht, die eingereichten Bilder für seine eigenen PR-Maßnahmen kostenlos zu nutzen sowie die Bilder kostenfrei an Magazine und Zeitungen weiterzugeben. Da muss ich zur Frage zu den Erwartungen an einen Award zurückkommen: Der ursprüngliche Gedanke, warum man ein freies Fotoprojekt macht, ist das Bedürfnis eine Botschaft zu vermitteln, eine eigene Vision auf ein Thema und das, was man für sich entdeckt hat, mit anderen zu teilen. Die Awards sind das wichtige Bindeglied zu den Multiplikatoren (Magazinen, Zeitungen, Ausstellungsveranstalter). In meinen Augen ist das die primäre Aufgabe eines Awards. Alle „finanziellen Extras“ wie Preisgelder sehe ich eher als ein Sahnehäubchen an.
3.
Man sollte bei den Wettbewerben vorsichtig sein, die von einer unbekannten Herkunft sind, sprich, es ist nicht ersichtlich, welche Institution dahinter steht. Und vor allem dann, wenn bereits bei der Anmeldung hochauflösenden Dateien verlangt werden.
4.
Ich bin zum größten Teil zufrieden damit, wie es heutzutage gemacht wird.
Wolfgang Bellwinkel, Fotograf, wolfgang-bellwinkel.de
1.
Ich bewerbe mich selten für Wettbewerbe, eher für Stipendien. Bei Wettbewerben meide ich weitgehend diejenigen, die eine Teilnahmegebühr einfordern. Wer einen Wettbewerb ausschreibt, sollte dafür auch über die erforderlichen Mittel verfügen – sich die Kosten über z.T. sehr üppige Teilnahmegebühren hereinzuholen, empfinde ich als unseriös.
Bei Bewerbungen jeglicher Art achte ich immer auf die Zusammensetzung der Jury. Hier findet man häufig die üblichen Verdächtigen und man kann sich im Vorfeld ausrechnen, ob die mit der Arbeit etwas anfangen können oder nicht, d.h. ob es sinnvoll ist, das Projekt einzureichen.
Ich habe mich häufiger bei der Stiftung Kulturfonds und der VG Bild-Kunst beworben. Man hat hier eine reelle Chance auf eine Förderung und zahlt keine Gebühren. Die Förderung ist allerdings auf einen finanziellen Zuschuss beschränkt. Es gibt keinerlei Ausstellungen oder Publikationen.
2.
In den vergangenen Jahren habe ich mich kaum bei Wettbewerben beworben. Beim Vonovia Award war ich mal geshortlisted – es war deren erster Wettbewerb vor einigen Jahren und obwohl noch nicht alles perfekt war, wurde deutlich, dass sie sich Mühe geben und sich fair verhalten. Ich glaube inzwischen machen sie es sehr gut – auch wenn man die Jury häufiger mal austauschen und etwas heterogener gestalten könnte.
Stipendien von der Stiftung Kulturfonds und der VG Bild-Kunst habe ich erhalten. Wie oben beschrieben, bekommt man eine festgelegte Summe und sonst nichts. Aber genau darum geht es ja, um einen finanziellen Zuschuss, um ein Projekt durchzuführen.
3.
Ich würde immer erst mal im Netz recherchieren, wer dahinter steckt, seit wann es den Wettbewerb gibt, wer in der Jury sitzt, wer in den vergangenen Jahren mit welchen Arbeiten gewonnen hat, ob es eine thematische Vorgabe gibt, wie hoch die Preisgelder sind und wie hoch die Gebühren. Man findet dann recht bald heraus, ob es Sinn macht teilzunehmen, oder ob ein Veranstalter versucht sich auf Kosten der Teilnehmer zu profilieren.
4.
Bei Wettbewerben wünsche ich mir keine bzw. geringe Teilnahmegebühren, ordentliche Preisgelder bzw. Publikationen und Ausstellungen, eine thematische Vorgabe, eine professionelle, heterogene Jury, gute Öffentlichkeitsarbeit und eine klare Absprache zwischen den Veranstaltern und den Fotografen bezüglich der Präsentation der Arbeiten im Falle einer Ausstellung. Was ich grauenhaft finde, ist die Aufforderung „mal seine Daten zu schicken“, was dann bedeutet, dass man als Fotograf keinerlei Einfluss auf die Größe der Bilder und die Art der Präsentation bei der späteren Ausstellung hat.
Bei Stipendien sollte der Aufwand bezüglich der Bewerbung und die ausgezahlte Fördersumme in einem vernünftigen Verhältnis stehen. Auch hier wünsche ich mir eine eher heterogene Jury, die nicht ausschließlich aus der überschaubaren Fotoszene kommt und regelmäßig ausgewechselt wird, damit nicht immer ähnliche Arbeiten das Rennen machen.
Antonia Gruber, Künstlerin, antoniagruber.com
1.
Ich bewerbe mich auf viele verschiedene Ausschreibungen, damit habe ich schon früh im Studium begonnen. Vor allem achte ich darauf, dass es sich um einen professionellen Rahmen handelt und bestenfalls keine Gebühren für die Bewerbung anfallen. Falls doch eine Gebühr anfällt, überlege ich mir genau, ob ich mich wirklich bewerbe. Wenn jedoch das Thema zu meiner Arbeit passt und ich denke, dass Teile der Jury meine Arbeit gut finden könnten, bewerbe ich mich. Wenn ich anhand des Themas, der Jury-Konstellation und/oder des Ausstellungsrahmens merke, dass meine Arbeit dort keinen Zuspruch finden wird, lasse ich es. Ich bewerbe mich nicht ausschließlich bei fotografiebezogenen Ausschreibungen, da ich ein weites Feld in meiner künstlerischen Arbeit habe (Fotografie, Collage, Video, Installation u.a.).
2.
Bisher haben sich meine Erwartungen mehr als erfüllt. Mit jeder Auszeichnung erreicht meine Arbeit ein neues Publikum. Jedoch musste ich zu Beginn schnell feststellen, dass es meine Arbeit in Deutschland nicht so leicht hatte. Ich probierte es also im Ausland und dort bekam ich schnell sehr viel positive Rückmeldung. So kam es, dass ich vor allem internationale Preise gewonnen habe und somit Ausstellungen in Paris, London, Singapur und Georgien hatte. Seit ein paar Jahren konzentriere ich mich wieder mehr auf nationale Ausschreibungen und vor allem auf mein direktes Umfeld Köln.
3.
Es gibt viele unprofessionelle Ausschreibungen, da muss man sehr aufpassen. Das fällt mir vor allem im Bereich Fotografie auf. Für die Recherche nutze ich offizielle Webseiten für Ausschreibungen, Newsletter und Zeitschriften. Dort findet man alle Informationen und begegnet selten unprofessionellen Ausschreibungen. Die Finger würde ich davon lassen, wenn man als Künstler für die Bewerbung und zusätzlich für die Ausstellung zahlen muss. Das ist meines Erachtens nicht Sinn und Zweck. Es bewerben sich ja vor allem junge Künstler wie ich und wir brauchen Unterstützung und Sichtbarkeit für unsere Arbeit!
4.
Der perfekte Wettbewerb/das perfekte Stipendium wäre vermutlich die finanzielle Unterstützung eines laufenden Projektes oder einer neuen Serie mit anschießender Ausstellung und einem feinen Katalog. Mich persönlich reizt es, zu wissen, dass jemand an meine kommenden Projekte und Ideen glaubt und mich darin unterstützt.
Bernd Schirmer, Fotograf, Instagram:: @byesphotography
1.
Alles fing 2018 mit dem New Talent Award an. Dass ich dann tatsächlich einer der Gewinner war, kam völlig überraschend. Seitdem habe ich Gefallen daran gefunden, mich in Wettbewerben einzuschreiben. Dabei steht für mich eigentlich immer nur das Prestige und die Bekanntheit, die man mit vorderen Plätzen bekommen kann, im Vordergrund. Sach- oder Geldpreise sind eher nebensächlich. Wichtig ist auch, welche Organisation oder welche Vereinigung diesen Wettbewerb ausschreibt. Je größer und je renommierter ein Wettbewerb ist, desto mehr wirklich herausragende internationale Künstler und Fotografen sind vertreten. Die Herausforderung ist dann, an sich zu arbeiten und besser zu werden. Jeder, der sich an Wettbewerben beteiligt, sollte über eine gesunde Selbsteinschätzung verfügen, denn das Scheitern ist ein Dauerbegleiter zumal man die „alten Bekannten“ in diversen Wettbewerben immer wieder trifft. Ein wichtiges Kriterium sind für mich die Teilnahmegebühren. Die Preise schwanken hier zwischen gratis und 45 Euro pro Bild/Kategorie. Bei höheren Startgeldern überlege ich, ob es eine Egobefriedigung wert ist, 100 Euro oder mehr zu zahlen, zumal es keine Garantie für irgendetwas gibt. Ich bekomme gerne konstruktive Kritik und eine Bewertung meiner Arbeit, um weiter an meinen Fähig- und Fertigkeiten zu arbeiten. Die Jury solcher Wettbewerbe besteht größtenteils aus sehr erfahrenen und international bekannten Fotografen, Künstlern und Fachleuten.
2.
Mit Erwartungen sollte man nie in solche Wettbewerbe gehen. Jeder Juror hat die persönliche und freie Entscheidung eingereichte Arbeiten nach seinen subjektiven Kriterien zu beurteilen und Geschmäcker sind bekanntlich immer unterschiedlich. Auch kommt es darauf an, was gerade „in“ ist und wie das Thema des Wettbewerbes umgesetzt wird. Umso mehr freue ich mich, wenn meine Arbeiten dann unter die besten gewählt werden. Aber auch die Enttäuschungen sind allgegenwärtig.
3.
Finger weg von Wettbewerben, die viel Geld kosten sowie von hoch dotierten Stipendien. Meistens sind sie aufgebläht. Auch von Wettbewerben mit schlechten Internetauftritten und solchen, bei denen man den Gründern erst auf den Social-Media-Kanälen folgen und hohe Gebühren zahlen soll, rate ich ab. Hier gewinnt immer nur einer – und das ist selten der Teilnehmer. Viele Ausschreibungen und Wettbewerbe spielen mit dem Narzissmus und dem exhibitionistischen Verhalten von Fotografen. Wer hier einen klugen Kopf bewahrt, kann viel Geld sparen. Wettbewerbe, wo man bei einem Gewinn noch Urkunde und Award separat bezahlen muss, halte ich auch für fragwürdig. Natürlich gibt es dann ebenfalls viele Gewinner, unterteilt in vielen Sparten, denn es soll sich für den Veranstalter ja auch lohnen. Achtung auch vor Wettbewerben, die monatlich stattfinden und diejenigen honorieren, die am meisten einreichen. Wer hier kein anständiges Repertoire an Bildern hat, ist definitiv fehl am Platz.
4.
Den gibt es nicht. Jeder Wettbewerb ist immer eine neue Herausforderung und man misst sich mit sich selbst und all denjenigen, die aus welchen Gründen auch immer daran teilnehmen. Ich würde es aber begrüßen, wenn man nicht nur auf das „optische Gesamtbild“ schaut, sondern auch bei vielen Bildern auf die Details und Fertigkeit dahinter. Hat sich der Künstler mit einer Thematik beschäftigt und wie viel Arbeit hat er investiert? Leider findet dies in vielen Wettbewerben zu wenig Betrachtung.
Foto oben: Petra Gerwers