Foodstyling, Komposition, Licht, Requisiten: Wie wirkungsvolle Foodfotos mit einfachem Equipment gelingen, erklärt Cliff Kapatais in seinem jetzt in der Edition ProfiFoto erschienenen Buch für Einsteiger in das Thema.
Wenn dem Betrachter beim Anblick eines Foodfotos schon das Wasser im Mund zusammenläuft, hat der Fotograf alles richtig gemacht. Cliff Kapatais zeigt in seinem Buch*, wie mit wenig Aufwand wirkungsvolle Foodfotos gelingen. Er stellt das nötige Equipment sowie die grundsätzliche Kameratechnik vor und legt dabei besonders Wert darauf, dass man keine teure und ausgefallene Technik braucht.
Weiterhin geht er auf die Praxis beim Lichtsetup und die Grundlagen für eine gelungene Bildkomposition ein. Er verrät zahlreiche Tricks und Kniffe für das Foodstyling und wie Essen ausdrucksstark dargestellt werden kann.
Außerdem gibt der Autor hilfreiche Einblicke in seine Erfahrungen bei der Planung und Durchführung eines Shootings: „Für ein erfolgreiches Food-Shooting ist eine gute Planung und Vorbereitung die Voraussetzung, um ein gelungenes Foto zu erhalten. Je besser die Fotos werden sollen und je höher der Anspruch steigt, desto mehr Planung ist nötig. Wer die Planung strukturiert angeht steigert seinen Output um ein Vielfaches“, so Cliff Kapatais. Im folgenden Auszug aus seinem Buch beschreibt er, wie er an ein Shooting herangeht:
Idee und Recherche
„Egal, um welches Foto es geht, ihr braucht immer eine Idee. Was soll das Bild aussagen, was soll sich der Betrachter denken, wenn er das Foto sieht? Warum macht ihr dieses Foto? Je einfacher das Sujet ist, desto wichtiger ist es, dass ihr euch vorher klar überlegt, was ihr mit dem Foto bewirken wollt.
Das kann man auf unterschiedliche Arten und Weisen machen. Ich verwende dazu drei einfache Hilfsmittel: Thema, Moodboard und Farbpalette.
Unabhängig davon, was ich fotografiere, ich versuche das Bild immer vor dem Shooting auf einen Begriff zu reduzieren und damit die Kernaussage festzuhalten. Das macht es mir relativ einfach, alles Weitere zu planen und beim Projekt fokussiert zu bleiben.
Das Thema könnte also heißen »Frische«, »Urlaub auf dem Land« oder »Date Night«. Das Subjekt könnte in allen Fällen eine Tomate sein. Ihr habt jetzt sicher drei verschiedene Fotos für diese Themen im Kopf und genau das ist es, was ihr braucht. Damit können wir uns nun auf die nächsten Schritte stürzen.
Als nächstes erstelle ich mir ein Moodboard. Das ist eine Sammlung an Bildern, Requisiten und Stimmungen, die ich mit dem Thema bzw. dem Bild in meinem Kopf assoziiere. Dazu verwende ich gerne Pinterest, Canova oder ein anderes Programm. Im einfachsten Fall verwende ich einen Ordner, in dem ich die Fotos zusammentrage. Schließlich geht es nicht um das Tool, sondern darum, schnell eine Übersicht zu erstellen, wie ich mir das Thema und das fertige Bild vorstelle. Das Ziel eines Moodboards ist es nicht, ein Bild zu kopieren, sondern durch die Sammlung auf ein stimmiges eigenes Bild zu kommen. Von diesem Bild die Lichtstimmung, von einem anderen das Setting, anderswo die Teller, mit dem Hintergrund auf jenem Bild und so weiter. Daraus ergibt sich stückchenweise unser eigenes Bild. Es ist eine visuelle Inspiration für unsere Kreativität.
Der letzte Schritt ist dann die Farbabstimmung. Wir wollen ja, dass alles zusammenpasst. Von Licht und Requisiten über das Geschirr bis hin zum Essen soll alles harmonisch aufeinander abgestimmt sein. Es ist also nicht nur wichtig, dass wir einen Löffel haben, sondern den passenden, sei er aus Holz, modern, Vintage oder quietschbunt. Hier spielt die eigene Requisitensammlung natürlich eine große Rolle. Je mehr man zur Auswahl hat, desto einfacher tut man sich. Aber auch wenn mal die passenden Requisiten oder der passende Teller nicht zur Hand sind: Wenn man ein Moodboard hat und weiß, wie die Farbabstimmung sein soll, fällt die Suche bzw. das Shopping um einiges leichter.
Nachdem ich also meine Idee festgehalten habe und vor meinem geistigen Auge weiß, wie mein Foto aussehen wird, erstelle ich eine Shotlist. Das ist eine Liste, die ich wie eine Checkliste verwende, um beim Shooting sicherzustellen, dass ich nichts vergesse.
Besonders beim Arbeiten mit Kunden ist diese wichtig, damit beide Seiten genau wissen, welche Fotos gemacht werden. Aber selbst, wenn ich für meinen Blog shoote, brauche ich viele unterschiedliche Bilder. Ein eher längliches, dafür nicht sehr hohes Coverfoto für den Header, ein quadratisches für Instagram, eines im Hochformat für die Insta-Stories. Wenn ich ein Rezept schreibe, werde ich von jedem Arbeitsschritt ein Foto machen, um diesen zu illustrieren. Oft braucht man auch einen Shot der Zutaten vor dem Kochen. Was ebenfalls gut ankommt, ist ein Foto »danach«. Also ein Foto vom leergegessenen Teller oder von einem angebissenen Keks.
Wie ihr seht, brauche ich auch im einfachsten Fall, dass ich für meinen eigenen Blog shoote, fünf bis sechs unterschiedliche Bilder. Je größer das Projekt und je mehr geshootet wird, desto unübersichtlicher wird es. Daher setze ich auf eine Shotliste. So vergesse ich keine Einstellung. Das Nachholen von einem bestimmten Foto ist nämlich meist sehr aufwendig und mühsam. Man bekommt es selbst mit genauer Vorgabe nie genauso hin wie beim ersten Anlauf.
Das Shooting
Bei einem Shooting gibt es eine bestimmte Abfolge an Schritten, an die man sich halten sollte, um einen reibungslosen Ablauf zu garantieren.
Ideal ist es natürlich, wenn man mit jemandem zusammenarbeitet, der sich um das Kochen bzw. Anrichten kümmert. So lässt sich einiges an Zeit sparen und – sofern man sich gut koordiniert – viel effizienter arbeiten. Wenn man alleine am Projekt arbeitet, empfiehlt es sich, zuerst alles aufzubauen und zu testen, bevor es in die Küche geht. Auch in der Küche ist gute Planung das A und O. Besonders, wenn man für ein Shooting kocht. Da geht es nicht darum, dass es perfekt schmeckt, sondern dass alles wunderbar aussieht und zeitgleich fertig wird. Genauso wie beim Fotografieren siegt beim Kochen und Anrichten die Erfahrung! Je öfter man etwas ausprobiert hat, desto leichter tut man sich bei der Umsetzung.
Je mehr Erfahrung man in der Küche hat, desto leichter tut man sich natürlich bei einem Food Shooting. Man sollte immer das Thema, das man fotografiert, kennen und verstehen (und im Idealfall davon begeistert sein). Wenn ich also keine Ahnung von Fashion habe, werde ich mich schwertun, mit Designern auf Augenhöhe zu sprechen und anspruchsvolle Fashionbilder zu erstellen.
Genauso ist es in der Küche: Je mehr ich vom Kochprozess verstehe und je besser ich mit den Köchen und Stylisten kommunizieren kann (weil wir dieselbe Sprache sprechen und dieselbe Passion teilen), desto einfacher werden die Shootings und desto beindruckender werden die Resultate. Wichtig bei der Arbeit in der Küche: Sobald alles fertig ist, muss das Essen nur noch auf das Set gestellt und das Foto gemacht werden.
Das Shooting an sich sollte dann relativ »langweilig« sein, denn alle Arbeit haben wir ja schon vorab gemacht. Im Idealfall ist es wirklich nur: Teller hinstellen, abdrücken und fertig. So erzielen wir die besten Resultate. Dann geht es nur noch darum, die Shotliste zügig abzuarbeiten.
Natürlich kann man noch leichte Anpassungen am Set machen und Elemente bewegen. Wenn wir aber erst jetzt darauf kommen, dass wir alles »umbauen« müssen, weil es doch nicht wie gewünscht aussieht, ist es vermutlich viel zu spät und wir werden nochmal kochen müssen.
Plant beim Setup des Shootings auch eure Shotliste mit ein. Falls ihr also einen Shot auf der Höhe der Tischkante braucht und einen Top-Down, testet das vorher. Notiert euch, welche Anpassungen an Licht und/oder Kamera gemacht werden müssen, damit auch diese unterschiedlichen Perspektiven schnell im Kasten sind.
Eine der häufigsten Fragen, die ich gestellt bekomme, ist: Darf man das danach noch essen? Die Antwort darauf lautet: Jein. Wenn ich selbst Koch, Stylist und Fotograf war, weiß ich im Normalfall, was mit dem Essen passiert ist, und werde es meist auch noch verzehren können. Je nach Shooting kann es aber sein, dass das Essen nicht mehr genießbar ist, weil es entweder mit Zahnstochern gespickt ist, nicht ganz gekocht oder gewürzt wurde oder sonstige Tricks verwendet worden sind, um es appetitlich aussehen zu lassen. Das ist oft der Fall in der Werbung. Bei großen Shootings für Plakatkampagnen oder Zeitschriften wird am Essen sehr viel »gemacht«, damit es gut aussieht.“
Der Autor:
Cliff Kapatais ist Österreicher mit griechischen Wurzeln und professioneller Foodfotograf. Er arbeitet außerdem als Dozent und Speaker, leitet eine Agentur und ist Initiator der PIXEL.POWER-Konferenz.
Alle Fotos: © Cliff Kapatais