Jakob Ganslmeier gehört zu den Preisträgern des >ProfiFoto New Talent Awards< 21/1. Er überzeugte die Jury mit seiner fotografischen Langzeitstudie über Aussteiger aus der Neonaziszene. Der Fotograf stellt eindrückliche Porträts Bildern von historischen NS-Symbolen im öffentlichen Raum gegenüber.
Diesen beiden aufeinander bezogenen, aber unterschiedlichen Teilen des Projekts „Haut, Stein“ entspricht eine medial unterschiedliche Umsetzung. „Gemeinsam ist beiden, dass es um Einschreibungen von Zeichen geht: Bei den Tätowierungen um Einschreibungen in die Haut, bei den baulichen NS-Symbolen um Fixierungen im Gebäude“, so Jakob Ganslmeier.
Farbfotografien dokumentieren den Ausstieg ehemaliger Neonazis. Individuelle Porträts stellen den Prozess des Ausstiegs dar, indem sie die langwierige Entfernung von rechtsextremen Tattoos und damit die Entwicklung des Ausstiegs ehemaliger Neonazis aufzeigen. Schwarzweiß-Fotografien zeigen historische NS-Symbole im öffentlichen Raum, die trotz Entnazifizierung entweder belassen wurden oder trotz Übermalungen und anderer Verfremdungen immer noch erkennbar sind. Die Architekturfotos sind als Diptychen angelegt. Sie zeigen die NS-Symbole im Einzelnen – an Häusern, Schmuckbändern, Fassaden – und in ihrem räumlichen Zusammenhang – im Dorf, an Straßen, in Siedlungen.
Jakob Ganslmeier: „Der Fokus der Aussteiger-Porträts liegt darauf, die Entfernung zum Teil großflächiger Tätowierungen rechtsextremer Symbole und Zeichen zu zeigen. Die körperlichen Einschreibungen verschwinden, die bis dahin jahrelang Ausdruck der eigenen Identität und politischen Weltanschauung waren. Die Entfernung der in den Körper eingeschriebenen Zeichen ist ein sehr bewusster Schritt für die Aussteiger. Die Eliminierung dieser Erkennungszeichen ist kostspielig, langwierig und schmerzhaft. Die Methode der Darstellung der Schwarz-Weiß-Bilder als Diptychen liegt nahe. Ein Bild zeigt immer das NS-Symbol und seinen Ist-Zustand, das andere Bild verortet und kontextualisiert das Symbol im öffentlichen Raum und macht das Umfeld sichtbar. Der Bildausschnitt und die Bildkomposition ist abgestimmt nach Größe und Anbringungshöhe des Symbols und unterliegt eigenen formalen Kriterien“ so der Fotograf, der damit eine Analogie zeigt, die auf einer Zeichen-Ebene funktioniert. So sind die historischen NS-Zeichen, die an Gebäuden von heute noch zu finden sind, auch Zeichen in den Tattoos. „Das verweist einmal mehr, wie sehr sich die rechtsextreme Szene und neofaschistische Strukturen auf das NS-Regime berufen, aber vor allem auch – und das ist auch Kern dieser Analogie – wie diese Symbolik und diese Zeichen immer noch zur Machtdemonstration und Machtpräsentation genutzt werden“, so Ganslmeier. „Die Tätowierungen sind auch Bekennungszeichen für sich selber und/oder nach außen; und genauso verhält es sich mit den Symbolen, die in der Architektur noch zu finden sind: Es sind Zeichen der NS-Machtdemonstration.“
New Talent Award
Zweimal jährlich bietet der von Canon und ProfiFoto in Kooperation mit der Bildagentur Laif und Whitewall ausgeschriebene New Talent Award Fotografinnen und Fotografen die Chance, bei der Umsetzung ihrer „Bilder im Kopf“ Unterstützung zu finden. Das aus dem >Canon Profifoto Förderpreis< weiterentwickelte Konzept öffnet den Wettbewerb für die zahlreichen Quereinsteiger in die professionelle Fotografie. Teilnehmen können alle, die professionell in der Fotografie oder artverwandten Berufsgruppen tätig sind, gleich welchen Alters und egal ob haupt- oder nebenberuflich. Die mit 3.000 Euro jährlich dotierte Auszeichnung wird alle sechs Monate von einer renommierten Jury an fünf Bewerber vergeben, deren fotografische Handschrift überzeugt und die mit ihren Konzepten neugierig machen auf mehr. Unter den insgesamt zehn Siegerarbeiten der jährlich zwei Wettbewerbs-Abschnitte ermittelt die Jury die drei besten Arbeiten. Diese erhalten Geldpreise in Höhe von insgesamt 3.000 Euro (1. Platz 1.500, 2. Platz 1.000, 3. Platz 500 Euro).
Weitere Informationen und Teilnahmebedingungen: https://www.profifoto.de/canon-profifoto-foerderpreis/