Finn Beales zeigt in seinem in der Edition ProfiFoto neu erschienenen Buch praxisnah anhand vieler Beispiele, wie Fotos durch ausdrucksstarkes Storytelling aus der Bilderflut herausstechen. In ProfiFoto verrät er alles über das Arbeiten mit Moodboards und die perfekte Vorbereitung eines Shootings.
Moodboards dienen dazu, meine Vorgehensweise zu steuern und die Erwartungen meiner Kunden zu verwalten. Sie können auch eine nützliche Methode sein, um ein Projekt in Gang zu bringen.
Ich nutze viele verschiedene Quellen für die Entwicklung von Moodboards. Natürlich greife ich auf mein eigenes Fotoarchiv zurück, aber ich schaue mir auch die Hintergrundgeschichten der Marken an, für die ich arbeite. Die erste Anlaufstelle ist in der Regel eine Website namens Designspiration. Es gibt sie schon seit langer Zeit und sie hat eine aktive Nutzerbasis, die sie für die visuelle Kunst sehr wertvoll macht. Am Beispiel des Cool & Vintage-Shootings habe ich zum Beispiel Suchbegriffe wie „Vintage Land Rover“ verwendet und viel inspirierendes Material erhalten. Ich bin nicht darauf aus, diese Bilder zu kopieren, aber sie liefern Ideen für Kompositionen und möglicherweise eine Richtung, der ich folgen kann, wenn es um Farbe und Lichtdesign geht.
Die Inspiration sollte auch nicht auf kommerzielle Projekte beschränkt bleiben – sie ist ebenso effektiv für Privates. Der Anfang ist viel schwieriger, wenn man auf ein leeres Blatt Papier starrt, und eine einfache Bildsuche kann Sie auf einige ziemlich inspirierende Pfade für Ihre eigene Arbeit führen.
Offline
Bislang habe ich nur über Online-Methoden der Bildrecherche geschrieben, weil Suchmaschinen einfach zu bedienen und schnell sind. Das Internet ist jedoch auf Ihre Verwendung von Stichwörtern angewiesen. Man kommt zwar sehr schnell an die gesuchten Informationen, aber es schränkt die Chancen ein, über etwas völlig Fremdes zu stolpern, was schade ist, denn solche Begegnungen können genauso inspirierend sein. Vergessen Sie nicht die Offline-Welt, insbesondere die Antiquariate, die eine fantastische Quelle sein können. Der Zufall ist von großem Wert. Wenn Sie in einer alten Buchhandlung in Themen blättern, die nichts mit dem zu tun haben, was Sie glauben zu brauchen, werden Sie überrascht sein, welche Denkprozesse ausgelöst werden.
Moodboards für Farbe
Ich glaube, dem Thema Farbtheorie wird heute nicht genügend Beachtung geschenkt. Plattformen wie Instagram machen es allzu leicht, einen Farbfilterknopf zu drücken und ein Bild zu posten, ohne wirklich zu verstehen, wie die Farbveränderung die Reaktion des Betrachters auf Ihr Bild auf psychologischer Ebene beeinflusst. Wenn es um Überzeugungskraft geht, ist die Emotion die treibende Kraft, und nichts spricht die Emotionen eines Zuschauers mehr an als Farbe.
Die Entscheidungen, die Sie bei der Farbkorrektur Ihrer Arbeit treffen, können sich tatsächlich auf den psychischen Zustand Ihres Betrachters auswirken.
Da Farbe genauso gut Gefühle vermitteln kann wie das Thema, ist es wichtig, sie vor einer Arbeit zu berücksichtigen. Aber wo sollte man anfangen?
Kehren wir zurück zum Moodboard. Wir können nicht nur die kreative Richtung für einen Job vorgeben, sondern auch Moodboards verwenden, um eine Farbnote zu entwickeln. Werbeagenturen haben bereits Stunden der Recherche und viel Geld für die Erstellung von Zielgruppenprofilen aufgewendet, sodass bestehende Kampagnen ein ausgezeichneter Ausgangspunkt sind.
Location-Recce
Die Suche nach dem richtigen Ort für Ihre Geschichte ist ein wichtiger Teil Ihrer Rolle als Fotograf. Man kann sich nie auf alles vorbereiten, aber zu wissen, wo und wann man fotografieren möchte, kann einen beträchtlichen Stress am Tag des Shootings mindern.
Wenn ein Kunde Sie für ein Projekt beauftragt hat, erwartet er oft, dass Sie den idealen Standort für die Verwirklichung seiner Vision finden. Ein Recce ist im Wesentlichen ein stressfreier Testlauf vor einem Aufnahmetag. Es ist Ihre Chance, mehrere verschiedene Locations zu besuchen und deren Vor- und Nachteile abzuwägen, bevor Sie dem Kunden eine Auswahlliste vorlegen, damit er die endgültige Entscheidung treffen kann.
Ihre Aufgabe ist es, so viele Informationen wie möglich über die Umgebung zu sammeln. Die Lichtverhältnisse können sich im Laufe des Tages dramatisch ändern, daher ist es wichtig zu wissen, wie die Sonne über den Himmel wandern wird. Smartphone-Apps wie Sunseeker können Ihnen den Weg der Sonne zeigen, was sie zu einem unschätzbaren Werkzeug macht.
Wenn Sie draußen fotografieren, spielt das Wissen, wo und wann die Sonne scheint, eine große Rolle bei Ihrer Entscheidungsfindung. Vielleicht haben Sie zum Beispiel die perfekte Straßenecke aus einer Online-Bildrecherche ermittelt, aber es ist unwahrscheinlich, dass sie den ganzen Tag über angemessen beleuchtet ist. Indem Sie den Standort direkt auskundschaften, können Sie die optimale Tageszeit für die Aufnahmen bestimmen. Sie können auch geeignete Aufnahmewinkel einschätzen, was sich in Bezug auf die zu verwendende Ausrüstung und die Zeit auswirkt. Dasselbe gilt, wenn Sie in Innenräumen fotografieren: Kommt genügend natürliches Licht durch die Fenster oder müssen Sie eine Szene künstlich beleuchten?
Mission Control
Shot-Listing ist eine Technik, die ich mir von der Filmindustrie geborgt habe, um eine Produktion zu organisieren. Stellen Sie es sich wie ein visuelles Drehbuch vor. Indem ich meinen Text (Bilder) vor dem Drehtag lerne, weiß ich, was ich zu sagen habe (Aufnahme).
Ich kombiniere diese Liste gerne mit anderen Informationen, die normalerweise in einem Call-Sheet zu finden sind, sodass ich am Ende ein Masterdokument erhalte.
Mission Control hält alle an einer Produktion Beteiligten auf Kurs. Es enthält detaillierte Angaben zu den für jede Szene erforderlichen Aufnahmearten, zur Kameraausrüstung, zu den Requisiten, zu den Locations und zu den Einsatzzeiten der Personen. Es listet sogar die zu erwartenden Wetterbedingungen am Drehtag auf, sodass alle angemessen gekleidet sind!
Fürs Call-Sheet und die Aufnahmeliste müssen Sie alle Aspekte einer Produktion berücksichtigen. So zeigen Sie Probleme auf, bevor sie auftreten. Betrachten Sie sie als Teil des kreativen Prozesses. Viel Arbeit, aber die wird sich auf lange Sicht auszahlen.
Es geht darum, die Bedürfnisse aller vorherzusehen, bevor man überhaupt zum Set kommt.
In den Mission-Control-Dokumenten sind viele Informationen aufgelistet, die Sie in einem typischen Call-Sheet finden, sowie die kreative Leitung für mich und die Talente und Produktionsinformationen für andere am Shoot Beteiligte, wie zum Beispiel Styling, Garderobe und Beleuchtungsdetails.
Ein typisches Call-Sheet wird eher für Produktionszwecke verwendet und ermöglicht es einem Produzenten, den Tag zu planen. Beachten Sie, dass die Aufrufzeiten für den Fotografen, die Garderobe, die Frisur und das Make-up lange vor dem Eintreffen der Agentur, des Kunden und der Personen am Set liegen.
Foto-Storytelling
Finn Beales fand die Bilder, die er als Designer in Auftrag gab, nicht gut genug. Daher nahm er selbst die Kamera in die Hand und begann, seine eigenen Foto-Storys zu erzählen. Nun, zehn Jahre später und mit 600.000 Instagram-Followern, verrät er in seinem ersten Praxisbuch, was er während dieser Zeit gelernt hat: Wie man kunstvoll fotografiert und die Fotos teilt, wie man sie verkauft und mit ihnen Aufmerksamkeit erzeugt. Finn weiß, was man benötigt, um eine Marke zu installieren, indem man einen erzählerischen Stil verwendet. Er arbeitet für Kunden wie zum Beispiel Apple, Land Rover, Audi oder Cartier und lebt in Wales.
Foto-Storytelling: ISBN: 9783747503010, 1. Auflage 2021, 176 Seiten, komplett in Farbe, 28 Euro
https://www.mitp.de/FOTOGRAFIE-GRAFIK/Edition-ProfiFoto/Foto-Storytelling.html