Die Online-Plattform berufsfotografen.de führt einmal jährlich eine Umfrage unter Fotoprofis durch, um deren aktuelle Situation aufzuzeigen. In diesem Jahr besonders interessant ist die Frage, wie stark die Auswirkungen der COVID-19 Pandemie in der Szene wirklich sind.
Das letzte Jahr hat alle professionellen Fotografen vor völlig neue Herausforderungen gestellt und war wirtschaftlich so gut wie unkalkulierbar. Die andauernden Beschränkungen trafen Fotografen im Privatkundengeschäft ebenso wie Fotografen, die im Unternehmenskundenbereich aktiv sind. Events und Messen wurden abgesagt, Hochzeiten verschoben oder nur noch im engsten Kreis begangen. Die meisten potentiellen Auftraggeber agierten seit dem Beginn von Corona verhalten, wenn es um die Beauftragung von Dienstleistern geht.
Corona hatte somit starke Auswirkungen auf die Fotografie im Jahr 2020. Vor allem die Unplanbarkeit führte zu einer großen Unsicherheit unter den Fotografen und Auftraggebern. Auch wenn sich die Lage nach einem fast völligen Stillstand im Frühjahr ab Juni letzen Jahres wieder etwas entspannte, haben fast alle Fotografen deutliche Umsatzeinbußen auf das Gesamtjahr 2020 erlitten, die auch im laufenden Jahr 2021 andauern dürften.
Wie die Umfrage von berufsfotografen.de jedoch zeigt, sind nicht alle Fotografen im selben Umfang von Corona betroffen.So sind vor allem die Fotografen, die eng mit Menschen agieren oder die von Veranstaltungen und Messen abhängig sind, deutlich stärker betroffen, als zum Beispiel Architekturfotografen. Corona wirkt sich zudem auf all die Fotografen besonders stark aus, die hohe laufende Kosten haben. Wer gewohnt ist, im Homeoffice zu arbeiten, ist derzeit genauso im Vorteil, wie die Fotografen, die in mehreren Arbeitsbereichen tätig sind und sich der Situation somit flexibler zeitnah anpassen können.
Im Laufe des Jahres haben viele Fotografen versucht, sich möglichst gut an die neuen Herausforderungen durch Corona anzupassen. Auch wurden die Hilfen der Bundesregierung dankbar angenommen.
Über 60% der Fotografen gaben in der Umfrage an, dass sie stark oder sehr stark von den Auswirkungen durch Corona betroffen sind, und nur 15% meinten, wenig oder kaum von den Auswirkungen von Corona betroffen zu sein.
Bei der letzten Umfrage von berufsfotografen.de im April 2020 hatten 73% der Fotografen angegeben, „sehr viele” Auftragsstornierungen aufgrund von Corona zu haben. In der Umfrage Ende 2020 ist dieser Wert mit 42% deutlich geringer, was auf eine Entspannung der Lage deuten lässt.
Zahlungsausfälle sagen etwas über die wirtschaftliche Gesamtsituation aus, also über Liquiditätsengpässe im beauftragenden Unternehmen oder über knappe Reserven bei Privatpersonen, wie zum Beispiel durch Kurzarbeit verursacht. Hier zeigt sich die Lage derzeit recht entspannt. Sollten sich die wirtschaftlichen Auswirkungen verstärken, wird sich dies mit einem zeitlichen Versatz sicherlich in einigen Monaten ändern.
Ähnlich wie bei den Zahlungsausfällen gab es beim überwiegenden Teil der Fotografen keine Kündigungen von Rahmenverträgen oder von längerfristig angelegten Aufträgen. Unternehmen scheinen somit zwar verhalten im Abschluss neuer Verträge zu sein, halten aber überwiegend an den bestehenden Verträgen fest.
Auch bei der Frage, ob Auftraggeber im jahr 2020 die Preise wegen Corona drücken wollen, zeichnen sich keine größeren Auswirkungen ab. So hatten lediglich 8% sehr viele Kunden, die den Preis der fotografischen Leistung mit dem Hinweis auf Corona drücken wollten. Im Gegensatz dazu hatten 78% „wenig” oder „keine” Kunden, die Preise drücken wollten. Derzeit sind die gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen somit noch verhalten.
Es zeigt sich allerdings, dass Aufträge in der derzeitigen Situation eher abgesagt als verschoben werden (34% „sehr oft”). Sicherlich hat dies mit der Unplanbarkeit zu tun, wann der jeweilige Auftrag sicher durchgeführt werden kann. Auch können viele dieser Jobs, gerade im Bereich Events oder Feiern, nicht nachgeholt werden und somit sind diese Umsätze für Fotografen verloren.
Im Vergleich zum Anfang der Coronakrise schätzen Fotografen die Lage sehr unterschiedlich ein. Bei einem Teil hat sich die Situation wieder etwas beruhigt, bei dem anderen Teil ist sie noch deutlich schlechter geworden als zu Anfang der Krise. Dies kann daran liegen, dass einige Arbeitsbereiche in der Fotografie von den Auswirkungen von Corona weniger betroffen sind als andere.
Möglich ist auch, dass es einigen Fotografen gelungen ist, die Geschäftsbereiche zu verlagern oder anzupassen. Sei es, dass sie vermehrt in Bereichen tätig sind, in denen es wenig Personenkontakt gibt, oder zum Beispiel anstelle einiger großen Hochzeitsreportagen im Monat viele kurze Standesamttermine fotografieren. Nicht verändert hat sich die Auftragslage seit dem Beginn von Corona lediglich bei 15% der Fotografen.
Der Vergleich der Umsätze 2020 zeigt im Vergleich zu 2019 zeigt dass der Tiefpunkt bei den meisten Fotografen in den Monaten April bis Juni mit einer langsamen Erholung der Situation zum 4. Quartal lag. Im Februar 2020 hatten über 50% noch ganz normale Umsätze, im April 2020 hatten jedoch ebenso viele Fotografen so gut wie keine Umsätze.
Die größten Kosten bei Fotografen sind meist die Miete des Fotostudios, des Ladengeschäftes oder Büros. Glücklich kann sich somit derzeit schätzen, wer aus dem Homeoffice heraus arbeitet. Dies ist bei über 40% der Berufsfotografen der Fall. Ein weiterer Posten sind Angestellte. Hier kommt den Fotografen zugute, dass sie meist Einzelkämpfer sind. Lediglich 13% haben einen oder zwei Teilzeitangestellte. Rechnet man alle Kosten zusammen, haben die meisten Fotografen eine finanzielle Belastung in Bezug auf betriebliche Aufwendungen von maximal 1500-2000 Euro im Monat. Realistisch dürften die reinen betrieblichen Kosten oft noch darunter liegen.
im April 2020 war die Anzahl der Fotografen, die mit Geldern vom Privat- oder Firmenkonto länger als 12 Monate überstehen können, deutlich geringer als jetzt Anfang 2021.Dies mag darauf zurück zu führen sein, dass Fotografen die eigenen betrieblichen Kosten reduziert haben und die zukünftige Umsatzentwicklung wieder etwas positiver sehen.
Gleichfalls hat sich aber auch die Anzahl der Fotografen, die weder beruflich noch privat finanzielle Rücklagen haben, auf nunmehr 24% deutlich erhöht. Diese Fotografen sind auf laufende Umsätze angewiesen und stehen unter starkem finanziellen Druck. Unvorhersehbare weitere Belastungen können bei diesen Fotografen schnell gravierende Auswirkungen haben.
Das Mahnen von offenen Rechnungen, die Reduzierung der Steuervorauszahlungen und der Krankenkassenbeiträge waren häufig genutzte Ansätze, um Ausgaben in der Coronakrise zu reduzieren. Dabei haben vor allem freiberufliche Fotografen immer schon eine große Liebe zum Beruf bewiesen, egal, wie es gerade wirtschaftlich läuft. Somit ist nicht verwunderlich, dass über 60% vor allem nach anderen Arbeitsbereichen innerhalb der Fotografie suchen. Eine Festanstellung können sich, ebenso wie ALG, Ruhestand und Grundsicherung, nur wenige vorstellen.
Knapp die Hälfte der Fotografen hat jedoch eine Corona-Unterstützung in Anspruch genommen. Davon mussten 18% die erhaltenen Gelder vollständig oder teilweise wieder zurückzahlen. Je nach Bundesland wurde unterschiedlich stark geprüft, ob die beantragten und ausgezahlten Gelder nur für betriebliche Ausgaben verwendet wurden. Mit 45% hat der größte Teil der Fotografen Mitte 2020 rund 9000 Euro aus Bundes- und Landesmitteln als Corona Soforthilfe zur Überbrückung erhalten.
Wie bei all den Kontaktbeschränkungen und Unsicherheiten zu erwarten, lag die Auftragsauslastung im Jahr 2020 weit unter der von 2019. Der Anteil derer, die die Auftragslage als existenzbedrohend einschätzen, stieg von 6% in 2019 auf über 20% in 2020. dennoch gibt es einen kleinen Anteil von 9% der Fotografen, die auch im Jahr 2020 sehr gut ausgelastet waren und teilweise den Umsatz sogar haben steigern können.
Interessant ist auch hier der Vergleich mit den Vorjahren. So sahen im Jahr 2019 weniger als 50% die Lage als „sehr gut” oder „gut” an. Mit den Erfahrungen aus dem Jahr 2020 bewerten viele Fotografen das Jahr 2019 scheinbar deutlich positiver, als sie es damals bewertet haben: In der diesjährigen Befragung haben 74% rückblickend das Jahr 2019 als „sehr gut” oder „gut” eingeschätzt. Immerhin 25% gaben an, vollständig ausgelastet zu sein. Für den Großteil der Fotografen allerdings ist die Lage unbeständig und besorgnisserregend.
Weit weniger Menschen scheinen derzeit jedenfalls den Sprung in die Selbständigkeit zu wagen als in den letzten Jahren. So ging der Anteil der fotografischen Autodidakten unter den Profifotografen in 2020 sogar etwas zurück. Der Anteil der nebenberuflich tätigen Fotografen lag 2020 dennoch mit 15% auf einem ähnlichen Wert wie in den letzten Jahren. Unverändert bleibt auch der Umstand, dass die meisten nebenberuflich tätigen Fotografen nach spätestens drei bis fünf Jahren entweder den Beruf hauptberuflich ausführen, oder die nebenberufliche Fotografie aufgeben. Nur ein knappes Drittel erwirtschaftet weniger als 10% des Einkommens aus der nebenberuflichen Fotografie.
Schon seit Jahren wächst die Anzahl der eingetragenen Fotografen-Betriebe, ohne dass sich die Anzahl der Gesellenprüfungen ebenfalls erhöht. Bei jährlich über 6000 Betriebsbszugängen werden seit 20 Jahren fast durchgängig jedes Jahr weniger Gesellenprüfungen abgenommen. Mittlerweile sind es nur noch ca. 400 im Jahr. In Deutschland fehlt es an Betrieben, die überhaupt noch zum Fotografen ausbilden. So gaben lediglich 4% in der Befragung an, derzeit auszubilden. Immerhin 10% könnten es sich in der Zukunft vorstellen. Insgesamt gab es 2019 noch 654 Ausbildungsstätten in Deutschland, zehn Jahre vorher waren es noch fast doppelt so viele. Für viele der Fotografen ist es wirtschaftlich kaum sinnvoll, noch auszubilden, selbst bei den im Vergleich mit den anderen Handwerksbetrieben mageren Ausbildungsvergütungen von 240 bis 450 Euro im ersten und 350 bis 650 Euro im letzten Lehrjahr. Den Rückgang im Handwerk sieht man ebenfalls gut an den bestandenen Gesellen- und Meisterprüfungen. Der absolute Tiefstand war hier 2007 mit nur acht bestandenen Meisterprüfungen im gesamten Jahr. 2019 gab es 28 Meister- und 366 bestandene Gesellenprüfungen. Diese stehen 6500 Betriebszugängen gegenüber.
Auch wenn vor zwei Jahren der Versuch, die Meisterpflicht wieder einzuführen nicht erfolgreich war, würden 17% der Fotografen eine Einschränkung befürworten. Wie nicht anders zu erwarten, unterstützten diese Idee vor allem Fotografenmeister, doch schon die Fotografengesellen sind sich in dieser Frage überwiegend unsicher. Quereinsteiger haben hingegen wenig Interesse an einer Einschränkung fotografischer Arbeitsbereiche. Schaut man sich die Gesamtzahlen aller Fotografen zu dieser Frage an, ohne in Meister, Geselle und Quereinsteiger aufzuteilen, sind immerhin noch 22% für eine Meisterpflicht.
Zu den fotografischen Bereichen mit den meisten Jobs gehörten 2019 noch die Event- und Hochzeitsfotografie, wurden jetzt aber durch die Architektur- und Industriefotografie ersetzt. Diese Bereiche sind die eindeutigen Gewinner in der Coronakrise, da sie nur geringen Kontakt mit Menschen erfordern und somit immer noch gut zu bewerkstelligen sind. Waren im Vorjahr die meisten Fotografen davon überzeugt, dass man mit Hochzeiten am besten Geld verdienen kann, liegen diese in diesem Jahr nur noch auf Platz 4. Da es jedoch weitaus mehr Porträtfotografen als Fotografen in den Bereichen Luftbild oder Transportation gibt, sind die Ergebnisse nicht richtig zu vergleichen. Sieht man von Architektur einmal ab, haben die beliebtesten Arbeitsbereiche gemein, mit Menschen zu tun zu haben. Dies scheint vielen Fotografen Freude zu bereiten und sinnstiftend zu sein.
Mit Bildbearbeitung machen 42% der Fotografen signifikante Umsätze. Ebenfalls stellt die Einräumung von Nutzungsrechten für fast ebenso viele Fotografen eine wichtige Einnahmequelle dar. Etwas verwunderlich erscheint, dass die Einkünfte aus der Vermarktung von Stockbildern einen recht kleinen Anteil haben, ebenso wie der Bereich Film. Zwar sind immer mehr Fotografen überzeugt, dass die Bereiche Fotografie und Film irgendwann zusammenwachsen, noch scheint dieser Moment allerdings nicht, beziehungsweise nur in wenigen Arbeitsbereichen, gekommen zu sein. Wie in den letzten Jahren auch, bleiben Fotoshootings die Haupteinnahme der Fotografen.
Was die Einschätzung des laufenden Jahres 2021 angeht, sind 38% der Fotografen optimistisch, 8% sogar sehr. Dahingegen ist die Gruppe derer, die die nahe Zukunft pessimistisch sieht, von 8% auf 23% gestiegen.
Die kompletten Ergebnisse der aktuellen Umfrage von berufsfotografen.de steht als PDF zum Download zur Verfügung: